linux-l: Total OT - aber so schoen :-)

Dr. Bernd Freistedt bf at bcf.in-berlin.de
Do Okt 28 23:46:50 CEST 1999


Ich bekomme gerade etwas herein, was an Rande hervorragend zum
Thread "Bundespolitik" passt.
Hier also das Fundament fuer die Saeulen der
Rechtsstaatlichkeit, anschliessend noch einiges vergnuegliches
aus des Volkes Maul.
Man lasse es sich auf der Netzhaut zergehen!

--------------------// schnipp //----------------
Bei Strafanzeigen wegen Softwarepiraterie reicht es nicht aus,
daß die im Rahmen von Testbestellungen erworbenen Disketten der
Strafanzeige beigelegt werden, man muß offensichtlich auch
ausführlich dartun, was Disketten überhaupt sind. So ist einem
Schreiben der Staatsanwaltschaft bei dem LG Frankfurt zu
entnehmen:
    "Als Anlage reiche ich 15 nicht näher gekennzeichnete
    quadratische, flache Gegenstände aus hartem Kunststoff
    zurück, die Ihrer Strafanzeige vom 26.09.1990 gegen K.
    beilagen. Da ein Zusammenhang mit dieser Anzeige nicht
    erkennbar ist und auf "Anlagen" solcher Beschaffenheit auch
    nicht hingewiesen wurde, gehe ich davon aus, daß diese
    Gegenstände nur versehentlich mitversandt worden sind."

Von einem anderen Staatsanwalt wurden Disketten einmal wie folgt
definiert: 
    "Disketten sind flache, etwa handtellergroße Datenträger aus
    Kunststoff. Die Originaldisketten sind mit einem bedruckten
    Aufkleber versehen und interessieren in diesem Zusammenhang
    nicht, da es sich mit an Sicherheit grenzender
    Wahrscheinlichkeit um Originale handelt." 

Ebenso problemlos wie diese Erklärung ist für
Ermittlungsbehörden auch die mechanische Belastbarkeit von
Disketten. Das dortige Vertrauen in die Datensicherheit von
Disketten ist fast grenzenlos. Da kann es schon mal vorkommen,
daß 
    "Disketten in Ermittlungsakten geklammert"
oder
    "Disketten gelocht und in den Ermittlungsakten abgeheftet"
(damit sie als Beweismittel nicht verloren gehen) oder 
    "...dünnere Disketten gefaltet und so mit der Post
    versandt ...."
werden. 

Ein Rechtsanwalt war der Ansicht, daß
    "Disketten kopiert werden dürfen, um sie länger haltbar zu
    machen". 

Interessant sind auch die Preisvorstellungen: 
    "Wer sich nur annähernd mit Computerzubehör auskennt, weiß,
    daß die Preise für Disketten je höher sind, je kleiner die
    Disketten sind."  
Demnach müßten 8 Zoll-Disketten am preisgünstigsten sein.

Disketten sind allgemein von besonderer Bedeutung, da 
    "...urheberrechtsschutzfähig allenfalls die Programmträger
    sein können, auf denen das jeweilige Computerprogramm
    gespeichert ist." 

Oder wie ein Staatsanwalt meinte,
    "... daß Disketten seit 1985 urheberrechtlich geschützt sind."

Das Vervielfältigen von Disketten ist relativ einfach:
    "Möglicherweise werden auch von bereits fotokopierten
    Disketten wiederum Kopien gefertigt. Dies ist ohne
    Qualitätsverlust möglich." 

Die "fotokopierte Software" kommt bei Vermerken der Polizei und
in Schriftsätzen von Anwälten häufig vor. Es gibt allerdings
auch die 
    "... als Raubdrucke angegebenen Disketten."

Raubkopierer sind auch qualitätsbewußt. So befindet sich auf
einem entsprechenden Angebotskatalog der Hinweis: 
    "Die Disketten werden gemäß dem deutschen Reinheitsgebot
    kopiert!" 
oder
    "Diese Liste beinhaltet nur Raubkopien, die einwandfrei
    funktionieren!" 

Die EDV-Technik hat erkennbar auch biologische Auswirkungen auf
die Sinnesorgane mancher Zeitgenossen. So schrieb ein
Softwarepirat, daß er 
    "...erst seit ca. 2 Jahren Disketten lesen kann."
Leider legte er keine Fotografie seines "Schreib-Lesekopfes" bei.

Universelle Möglichkeiten werden offensichtlich Festplatten
zugeschrieben. So wurde in einem Hardware-Mangel-Prozeß
vorgetragen: 
    "Schließlich liest die Festplatte Fremddisketten entweder
    gar nicht oder nur schlecht".

Mit einer Software kann man nicht nur Hardware steuern, die
Software transportiert auch gleich die Hardware: 
    "Die Computersoftware der Klägerin kann die von Treiber
    aufbereiteten Datenmeßgeräte an das Auswerteprogramm
    weitergeben." 

Bei einem Rechtsstreit über eine mangelhaft ausgeführte
Reparatur eines Druckers trägt die Klägerin vor: 
    "Die Mangelhaftigkeit der Reparatur zeigt sich u. a. darin,
    daß Schaden und Dellen im mechanischen Teilen der Anlage
    durch Tesafilm behoben worden waren." 
Und erwidert die Beklagte:
    "Was die Klägerin in dem X-millionenfach bewerteten Produkt
    Tesafilm auszusetzen hat, ist unerfindlich."  

Auch die Putzfrau muß man an den Computer lassen:
    "Zudem war die Hardware des Klägers in ihrem Inneren völlig
    verstaubt, wodurch der Informationsfluß verlangsamt und
    gehemmt wurde." 

Zur Ehrenrettung der Juristen sei erwähnt, daß auch
EDV-Experten, wenn sie sich mit rechtlichen Problemen befassen,
keinesfalls frei von der Produktion von Stilblüten sind. Bei
Rechtsstreitigkeiten über mangelhafte Hard- oder Software wird
von den Gerichten häufig ein Gutachter beigezogen. Man muß
allerdings darauf achten, daß man den "Hauptschalter" des
Gutachters betätigt, da ansonsten folgendes passieren kann:
    "Dieses leere Datenverzeichnis ist jedoch ein Indiz dafür,
    daß der Gutachter sich zu keinem Zeitpunkt in Anwendung
    befunden hat." 

Auch kann es schon einmal vorkommen, daß ein gerichtlich
bestellter vereidigter EDV-Sachverständiger ausführt: 
    "Die Disketten sind nur einseitig bespielt."
Um kurz darauf zu der Erkenntnis zu gelangen:
    "Auf der Seite A befindet sich ... und auf der Seite B, der 
    Diskette befindet sich ...". 
--------------------// schnapp //----------------

Au weia!
Gruessli
Bernd
-- 
                         ,,,
                        (o o)
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