linux-l: dtp unter linux

Jens-Uwe Morawski morawski at gmx.net
Sa Feb 10 20:59:01 CET 2001


On Sat, 10 Feb 2001 Florian Cramer wrote:
> On Fri, Feb 09, 2001 at 11:04:27PM +0100, Jens-Uwe Morawski wrote:
> > On Fri, 09 Feb 2001 Stefan Tietke wrote:
> > > - tex / lyx: dokumentensatzsystem - mir geht es um die gestaltung von
> > >                                                           einigen wenigen
> > 
> > Dem letzteren schließe ich mich nicht an: Wenn du auf Farbverläufe
> > und Pfadtexte verzichten kannst, geht pdfLaTeX für fast alles.
> > (Vergiß LyX!)
> 
> Diese Dialektik leuchtet mir nicht ganz ein - seit Version 1.1.6
> unterstützt LyX auch pdflatex.

Ich meine nicht die Unterstützung. Mal nebenbei, was muß es
da eigentlich großartig unterstützen?
Ich meinte, daß man, will man rumtricksen mit TeX, sich von einem
GUI verabschieden muß.

> Aus meiner Sicht ersetzt TeX/LaTeX kein DTP-Programm, weil es eine
> Textsatzsoftware ist und kein Seitenmontage-Programm. D.h. TeX ist
> historisch und konzeptuell mit Fotosatz-Systemen verwandt, die von den
> 1970er bis in die späten 1980er Jahre eingesetzt wurden. Wegen der viele
> Dinge sehr gut, die mit interaktiver DTP-Software schlecht gehen (z.B.
> Generierung von Dokumenten aus Datenbanken, Bearbeitung extrem langer und
> komplexer Textdokumente, die dank des prozeduralen Systems nicht durch
> RAM-Kapazität begrenzt ist). Aber letztlich müßte man z.B. für Zeitungs-
> und Zeitschriftenlayout mit LaTeX so umgehen wie früher mit den
> Fotosatzcomposern: Der Text wird auf Spaltenbreite formatiert, ausgedruckt
> und dann 'analog' auf dem Leuchttisch zu einem Layout geklebt. Ein
> DTP-Programm muß also beides können: ausgezeichneten Textsatz, ausgefeilte
> Montagefunktionen, und das beides in WYSIWYG bzw. Echtzeit-Darstellung.
> Man kann vor den Programmierern gerade der frühen Quark XPress (3.1)- und
> PageMaker (4.2)-Versionen nur den Hut ziehen, die selbst auf
> 486er-Hardware gut benutzbar waren.

Gut, ich gehe davon aus, daß das Ergebnis zählt. Und dann kann man
vieles erreichen, daß sonst nur DTP-Programmen zugeschrieben wird.
Für ein ordentliches Plakat reicht es allemal.
Ich gebe zu, daß es für den Zeitungsdruck nicht so das Mittel der Wahl
darstellt.
Würde aber ein gescheiter Programmierer die \shipout-Routine in 
TeX umprogrammieren, daß pro Seite mehrere Boxen berechnet und
gefüllt werden könnten, dann wäre im Bereich Montagefunktionalität
die notwendige Struktur vorhanden. Das kann sogar auf Makroebene
geschehen, wie LaTeX und ConTeXt in Ansätzen beweisen.

(Was WYSIWYG und Echtzeit in deiner Argumentation zu suchen haben,
 wirst du schon wissen, halte ich aber für kein Kriterium)

> Trotz aller typographischen Vorteile halte ich LaTeX nur bedingt für eine
> gute Basis eines DTP-Programms: Die DVI- und Metafont-Formate sind heute
> obsolet
Sie sind so obsolet wie jedes andere herstellerabhängige Dateiformat.
Nur ist DVI schlanker, offener und flexibler.
Außerdem würde ich nicht an einer Abstraktionsebene rumkritisieren,
die du bei anderen Programmen garnicht erst in die Hand bekommst:

Programm      Eingabe       Darstellung       druckbare Ausgabe
TeX             tex             dvi                ps/pdf ...
XPress          XPress       nur intern            ps/pdf ...
                             ^^^^^^^^^^

> und z.T. nachteilbehaftet (vor allem die Tatsache, daß Metafont
> die Font-Vektoren nicht, wie z.B. TrueType und Adobe Font Manager,  "on
> the fly" in Bitmaps umrechnet und an die Auflösung des jeweiligen
> Ausgabegeräts anpaßt, sondern diese Bitmaps statisch auf der Festplatte
> ablegt);
Ich würde es mal als Caching bezeichnen, das denke ich einfach
abzuschalten ist. (dvips foo.tex && rm -rf /var/lib/texmf/pk/)
Du hast aber die Vorteile vergessen, das MetaFont die Charakteristik
verschiedener Drucker, nicht nur Auflösung, berücksichtigen kann.
Wenn ich mir die Entwicklung von Fonttypen anschaue, dann kommen
wir bald wieder bei der Leistungsfähigkeit vom MF an.
Denn prinzipiell konnte Metafont schon damals das, was heute
erst mit Multiple Master Fonts einzieht.
MF war und ist richtig eingesetzt seiner Zeit noch voraus,
nur die statische Kontrolle in TeX über tfm-Dateien muß fallen.

> pdflatex hat leider noch eine Reihe von Schwächen(z.B. bei der
> Positionierung von Float-Objekten). Außerdem muß ein DTP-Programm das
> Layout in Echtzeit rendern, was sich schlecht mit dem
> Compiler-Design von TeX verträgt.

Rein persönlicher Geschmack. Außerdem spricht nichts dagegen,
TeX als Renderer einzusetzen, der über eine GUI kontrolliert
wird. Ist mit NTS (New Typesetting System) auch angedacht worden.

> Angesichts der o.g. Probleme ist es äußerst ärgerlich, daß die Entwickler
> von "KWord", einem Programm, das nicht einmal rudimentäre
> Editor-Funktionen anständig beherrscht, von einem "FrameMaker-like
> program" schwafeln.

Hmm, das KWord kenne ich nicht. Kann mir aber nicht vorstellen, daß
in der Zeit des KDE-Projektes jemand etwas auf die Beine stellt, daß
mit relativ guten DTP-Funktionen und vor allem *Qualitäten* aufwarten
kann.

Aber vielleicht kannst du mir mal die Unterschiede zwischen den ganzen
Adobe Prgrammen InDesign, FrameMaker, PageMaker (was gibts noch?) klar
machen. Insbesondere für welche Zielgruppe sie gedacht sind.
 
Jens



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