linux-l: Belug = Gesellschaft bürgerl. Rechts
Marcus Pryzibilla
plitt-pryzibilla at t-online.de
Do Jun 14 09:29:44 CEST 2001
Hallo Linuxer,
etwas verspätet kommt hier eine rechtliche Bewertung des BELUG
Zusammenschlusses.
- - - Dies ist keine rechtsverbindliche Auskunft, sondern stellt eine
Meinungsäußerung in rechtlicher Hinsicht dar, für die keine Gewähr übernommen
wird. Insb. erhebt sie keinen Anspruch auf Richtigkeit und Vollständigkeit,
sie stellt auch keine Rechtsberatung für die BELUG dar ---
Dieser Einschub ist nach dem Rechtsberatungsgesetz leider notwendig, aber nun
zur Sache:
Meiner Einschätzung nach ist die Belug eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts
nach § 705 BGB, der folgenden Inhalt hat:
„Durch den Gesellschaftsvertrag verpflichten sich die Gesellschafter
gegenseitig, die Erreichung eines gemeinsamen Zweckes in der durch den
Vertrag bestimmten Weise zu fördern, insbesondere die vereinbarten Beiträge
zu leisten.“
Eine genauere Bestimmung dieser Norm ergibt dabei folgendes:
Jeder erlaubte dauernde oder vorübergehende auch ideelle Zweck kann
Gegenstand einer Gesellschaft sein. Gemeinsam heißt, dass jeder
Gesellschafter die Förderung des Zweckes von dem anderen beanspruchen kann,
was durch das Zusammenwirken aller Gesellschafter, regelmäßig durch Beitritt
erreicht wird.
Erlaubt ist die Arbeit des Belug zweifelsohne, der Rest ergibt sich aus der
Homepage der Belug - wir über uns - :
Die Dauerhaftigkeit ergibt sich aus folgender Formulierung:
Die Be.L.U.G. entstand im Jahr 1995 aus einigen Veranstaltungen an der
Humboldt-Universität zum Thema Linux.
Der ideelle Zweck ist nach den nun folgenden Passagen die Förderung von Linux
im Allgemeinen und die Erarbeitung konkreter Projekte:
Die zuerst aus Studenten bestehende Gruppe arbeitet gemeinsam an einigen
Projekten; u.a. entstand daraus das Buch "Linux Kernelprogrammierung".
Nach einiger Zeit entschlossen sich die Teilnehmer, in den lokalen Berliner
Newsgroups diese Treffen anzukündigen und auch mit anderen
Linux-Interessierten in Kontakt zu treten.
Gute alte Tradition ist es auch heute noch, für jeden dieser Abende einen
Vortrag zu organisieren und in der anschließenden Diskussion offene Fragen
rund um Linux zu klären.
Zu den alle 2 Wochen stattfindenden Vorträgen konnten wir schon viele
prominente Gäste aus der Linux-Welt begrüßen, so auch Linus Torvalds, Alan
Cox, Theodore T'so, Sebastian Hetze, Erik Troan und andere.
Neben den regelmäßigen Veranstaltungen arbeiteten Mitglieder der Be.L.U.G.
auch an der Organisation und Durchführung der internationalen Linux-Kongresse
in Berlin mit.
Weiterhin organisierten wir bereits einige auf reges Interesse gestoßene
Linux Infotage, auf denen Installationen gezeigt und Weiterbildungthemen fuer
Einsteiger behandelt wurden. Diese Tradition wollen wir beibehalten.
Mit dem Umzug der Informatiker nach Adlershof war auch für uns ein Umzug
angesagt. Wir treffen uns nun in den Räumen des Individual Network Berlin
e.V., einem lokalen Internetanbieter für Privatpersonen.
Das Zusammenwirken ist im letzten Absatz beschrieben:
Wir bieten keine Mitgliedschaft an, weil wir kein Verein sind. Jeder der sich
für Linux interressiert, kann zu den Treffen kommen, Vorträge hören oder
halten, sich an den Projekten beteiligen oder in unserer Mailingliste
mitdiskutieren.
Wer Spaß oder Interesse an Linux hat, besucht uns einfach auf einem unserer
Treffen. Die Vorträge sind natürlich GPL-mäßig kostenlos :-)
Der Abschluss des Gesellschaftsvertrag ist durch den letzten Absatz belegt:
Jeder kann mitmachen, d.h. die Gesellschaft ist für jeden offen. Wer
mitmacht, erklärt sich mit den Regeln der Belug einverstanden und tritt damit
der Gesellschaft bei (konkludente Abgabe einer Willenserklärung), da die
Aufnahmeerklärung durch die anderen Gesellschafter, sprich den bereits
vorhandenen Gesellschaftern der Belug, im letzten Absatz bereits gegeben ist.
Die im Vertrag bestimmte Weise heißt bei der Belug im Wesentlichen
Arbeitsleistung und Sacheinlagen erbringen: Vorträge halten, Ideen
einbringen, Installationsparties, für die private Personen, die die
Distributionen installieren ihre eigenen Rechner zur Verfügung stellen, wenn
auch nur kurzfristig.
Der persönliche Einsatz ist auch als Beitrag zu benennen, denn es reicht
hierfür auch die Erbringung einer Dienstleistung aus.
Die Verpflichtung ist eine Art Selbstbindung, denn wer nicht mitmacht tritt
quasi sofort wieder aus der GbR aus; als Sanktion reicht es wohl aus, dass
derjenige, der nicht mitmacht oder gar stört von den anderen
„rausgeschmissen“ wird, was als Kündigung des Vertrages mit dieser Person
bewertet werden kann.
Was hat das nun für Folgen?
Zum einen denke ich an die zur Verfügung gestellten Computer, die einen
echten Vermögenswert der Gesellschaft darstellen und somit der Gesellschaft
auch eine wirtschaftliche Komponente zufügen. Diese stehen der „Gesamthand
der Gesellschaft“ zur Verfügung (§ 719 BGB), d.h. nur alle Gesellschafter
zusammen können über diese verfügen. Wer nun alles Gesellschafter der Belug
ist, dürfte im Einzelfall eine schwierige Frage sein, wahrscheinlich ist auf
den Entscheidungszeitpunkt abzustellen, in dem festgestellt wird, wer sich
zur Zeit an Belug beteiligt.
Zum anderen die Vertretung der GbR nach § 709, 710, 714 BGB: Hier ist wohl
davon auszugehen, dass sich diese ständig ändert, je nach persönlichen
Einsatz in den einzelnen Projekten bzw. Veranstaltungen.
Ich hoffe, ich habe Euch damit ein wenig geholfen und diese Bemerkungen
werden nie gebraucht werden, da dies eigentlich nur bei Rechtsstreitigkeiten
der Fall ist.
Ich freue mich besonders, wenn ich geholfen habe, da ich selten für die
technischen Fragen eine Hilfe sein kann, da meine berufliche Ausrichtung doch
eine andere ist.
Viele Grüße
Marcus Pryzibilla
Rechtsreferendar ;-)
Mehr Informationen über die Mailingliste linux-l