linux-l: Newbie.txt v001 - ein Vorschlag

Florian Cramer cantsin at zedat.fu-berlin.de
Fr Sep 21 19:57:43 CEST 2001


Am Wed, 19.Sep.2001 um 13:48:23 +0200 schrieb Alexander Stielau:
> Am Mit, Sep 19, 2001 at 12:56:12 +0200 schrieb Lutz Lange:
> 
> > Was fehlt noch im Newbie.txt?
> 
> Der Text ist viel zu lang. Es wird nicht mehr als eine Bildschirmseite
> freiwillig gelesen. 

Das gilt noch viel mehr für Eric S. Raymonds Text. Vor zwei Wochen hatte
ich angefangen, ihn zu übersetzen, aus Unwillen an Raymonds eitlem
Gehabe, das auch in die Formulierungen durchschlägt, ließ ich es nach
einem Drittel des Texts wieder sein. Ich hänge das Ergebnis unten an,
falls jemand anders daran weiterarbeiten will.

Florian


...............


Wie man klug Fragen stellt

Copyright 2001 Eric S. Raymond
Deutsche Übersetzung: Florian Cramer


Inhalt

Einleitung
Bevor Sie eine Frage stellen
Wenn Sie eine Frage stellen
Wie Sie Antworten deuten
Wie Sie nicht wie ein Luser reagieren
Welche Fragen Sie nicht stellen sollten
Gute und schlechte Fragen
Wenn Sie keine Antwort erhalten

Welche Antworten man auf eine technische Frage erhält, hängt in der Welt
der #Hacker nicht bloß davon ab, wie schwierig es ist, eine Antwort
zu finden, sondern ebenso auch von der Art, in der man eine Frage
stellt. Diese Anleitung zeigt, wie man Fragen so formuliert, daß einem
wahrscheinlich auch zufriedenstellend geantwortet wird.

Zuerst sollte man wissen, daß Hacker sich tatsächlich gerne mit
komplizierten Problemen befassen und mit guten Fragen, die Denkanstöße
geben. Würden wir es nicht tun, gäbe es uns nicht. Wir sind jedem
dankbar, der uns eine interessante Frage stellt, die uns zu denken gibt;
gute Fragen sind eine Anregung und ein Geschenk. Gute Fragen schulen
unser Verständnis und zeigen oft Probleme auf, die wir sonst gar nicht
bemerkt oder bedacht hätten. Unter Hackern ist "gute Frage!" ein großes
und aufrichtiges Kompliment.

Trotzdem sind Hacker dafür berüchtigt, auf einfache Fragen scheinbar
feindseelig oder überheblich zu antworten. Manchmal wirkt es so, als ob
wir eine grundsätzliche Abneigung gegen Anfänger und Nichtkenner hätten.
Doch das stimmt nicht wirklich.

Wir sind, und dazu stehen wir, abweisend zu denen, die nicht bereit dazu
sind, erst einmal nachzudenken und ihre Hausaufgaben zu machen, bevor
sie um Hilfe bitten. Solche Leute sind Zeitabflüsse; sie nehmen, ohne
zurückzugeben und kosten Zeit, die wir lieber für andere Fragen und
andere Leute verwendet hätten, die eine Antwort mehr verdient hätten.
Wir nennen solche Leute "Loser" (oder, was historische Gründe hat,
"luser").

Wir sind (zumeist) Freiwillige. Wir opfern Zeit unseres arbeitsreichen
Alltags, um Fragen zu beantworten, und manchmal kollabieren wir unter
ihrer schieren Menge. Also filtern wir gnadenlos. Vor allem sortieren
wir Fragen von offensichtlichen lusern aus, um unsere Zeit, Fragen zu
beantworten, sinnvoller auf die zu verwenden, die es wert sind.

(Verbesserungen dieser Anleitung sind willkommen. Vorschläge können [in
englischer Sprache] an esr at thyrsus.com geschickt werden.)

Bevor Sie eine Frage stellen

Bevor Sie eine technische Frage per E-Mail, in einer Newsgroup oder auf
einem Diskussionsforum im World Wide Web stellt, sollte Sie folgendes
tun:

1. Die Antwort herausfinden, indem Sie die Anleitung lesen. 2. Die
Antwort herausfinden, indem Sie die "Frequently Asked Questions"
(FAQ) lesen. 3. Die Antwort herausfinden, indem Sie im World Wide Web
recherchieren. 4. Die Antwort herausfinden, indem Sie einen sachkundigen
Bekannten fragen.

Wenn Sie Ihre Frage stellen, machen Sie kenntlich, daß Sie diese
Schritte schon versucht haben; so wird deutlich, daß Sie kein Faulpelz
sind und anderer Leute Zeit verschwenden. Wir helfen gerne Leuten, die
gezeigt haben, daß sie aus Antworten lernen können.

Bereiten Sie Ihre Frage gut vor. Durchdenken Sie sie genau! Überhastete
Fragen führen zu überhasteten oder gar keinen Antworten. Je
offensichtlicher es ist, daß Sie Gedanken und Mühe auf die Lösung Ihres
Problems verwandt hatten, bevor Sie um Hilfe gebeten haben, desto größer
ist auch die Wahrscheinlichkeit, daß man Ihnen hilft.

Nehmen Sie sich davor in Acht, die falsche Frage zu stellen. Sollte
sich Ihre Frage auf falsche Annahmen gründen, wird man Ihnen vermutlich
in deutlicher Sprachen klarmachen, daß Sie nicht verdienen, was Sie
wollten, und Sie Schlüsse daraus ziehen sollten.

Glauben Sie niemals, daß Sie ein Recht auf eine Antwort haben. Sie
haben es nicht. Sie werden sich eine Antwort verdienen, indem Sie eine
begründete, interessante und anregende Frage stellen, eine Frage, die
indirekt auch der Gemeinschaft zugute kommt als nur von ihr zu nehmen.

Andererseits ist es ein guter Anfang, gleich zu verstehen zu geben, daß
Sie fähig und gewillt sind, an der Lösung des Problems mitzuarbeiten.
Mit Fragen wie "Kann mir jemand einen Hinweis geben?", "Was stimmt an
meinem Beispiel nicht?" und "Gibt es dazu etwas im Internet, das ich
gelesen haben sollte?" kommen Sie eher zum Ziel als mit der Bitte:
"Nennt mir die genauen Schritte, nach denen ich vorgehen soll", weil Sie
so deutlich machen, daß Sie die Schritte selbst gehen wollen, wenn Ihnen
jemand nur die Richtung weist.

Wenn Sie eine Frage stellen

Suchen Sie das passende Forum

Überlegen Sie sich gut, wo Sie Ihre Frage stellen wollen. Sie werden
leicht ignoriert oder als luser abgetan, wenn Sie

- Ihre Frage in einem Forum stellen, wo sie thematisch nicht hineinpaßt;

- eine Anfängerfrage in einem Forum stellen, in dem komplexere Probleme
diskutiert werden oder umgekehrt;

- Ihre Anfrage in mehrere Foren zugleich schicken.

Hacker wischen falsch adressierte Fragen barsch vom Tisch, um zu
verhindern, daß ihre Kommunikationskanäle im Rauschen ertrinken. Diese
Reaktion wollen Sie sich gewiß ersparen.


Schreiben Sie in klarer, grammatikalisch und orthographischer richtiger
Sprache

Die Erfahrung hat uns gelehrt, daß wer unachtsam und ungenau schreibt,
in der Regel auch unachtsam und ungenau denkt (Ausnahmen bestätigen
dies). Fragen von Leuten zu beantworten, die unachtsam und ungenau
denken, macht keine Freude; es gibt sinnvollere Weisen, seine Zeit zu
verbringen.

Deshalb sollten Sie Ihre Frage klar und deutlich formulieren. Wenn das
zuviel verlangt ist, ist es auch von uns zuviel verlangt zu antworten.
Geben Sie sich die Mühe, in guter Sprache zu schreiben. Das heißt
nicht, daß Sie förmlich oder steif formulieren müssen -- im Gegenteil,
unkonventionelle, jargonhafte und humorvolle Sprache wird von Hackern
geschätzt, solange sie präzise ist. Genauigkeit ist das oberste Gebot;
man muß erkennen, daß Sie aufmerksam sind und mitdenken.

Schreiben Sie orthographisch korrekt. Verwechseln Sie nicht "das"
und "daß". SCHREIBEN SIE NICHT IN GROSSBUCHSTABEN, denn das wird als
unhöfliches Brüllen aufgefaßt. Man wird Sie wahrscheinlich ignorieren,
wenn Sie wie ein halber Analphabet wirken. Und sollten Sie wie ein
"l33t haxOr" in Script-Kiddie-Codesprache oder in einem Slang à la "das
Proggie funzt nicht" schreiben, so ist dies sicherer Selbstmord, der
Ihnen garantiert nur eisiges Schweigen (oder bestenfalls Sarkasmus)
einbringt.

Wenn Sie Ihre Fragen in einem fremdsprachigen Forum stellen, wird man
Ihnen einen begrenztes Freiraum für Rechtschreib- und Grammatikfehler
lassen, aber keinen Freiraum für ungenaues Denken (ja, in der Regel
bemerken wir den Unterschied). Grundsätzlich gilt: Wenn Sie nicht
wissen, welche Sprache Ihr Adressat spricht, schreiben Sie Englisch.
Vielbeschäftigte Hacker löschen oft alle Nachfragen in Sprachen, die sie
nicht verstehen, und Englisch ist die internationale Verkehrssprache des
Internet. Wenn Sie [außerhalb des deutschsprachigen Internets] Englisch
korrespondieren, passiert es Ihnen nicht so schnell, daß Ihre Frage
ungelesen weggeworfen wird.


Schicken Sie Ihre Fragen in unkompliziert lesbarer Formatierung

Wenn Sie Ihre Frage unnötig schwer lesbar machen, wird man sie eher
zugunsten einer anderen, gut lesbaren überspringen. Deshalb gilt:

- Schicken Sie E-Mail immer als puren Text und nicht im HTML-Format.

- Achten Sie auf einen korrekten Zeilenumbruch; verschicken Sie keine
E-Mail, in der die Absätze Endloszeilen ohne Umbruch sind. (Was es zu
schwer macht, nur auf Teile Ihres Schreibens zu antworten.)

- Erwarten Sie von einem Hacker niemals und auf gar keinen Fall, daß
er oder sie nicht-offene, proprietäre Dokumentenformate wie Microsoft
Word liest. Die meisten reagieren darauf so empfindlich wie Sie, wenn
man Ihnen einen Haufen dampfender Schweinegülle vor die Haustür kippen
würde.

- Wenn Sie Ihre E-Mail von einem PC mit Microsoft Windows verschicken,
stellen Sie Microsofts dämliche Option der "typographischen
Anführungszeichen" ab, damit sie nicht von Zeichenmüll verunziert wird.

Formulieren Sie eine sinnvolle und genaue Betreffzeile

Auf Mailinglisten oder in Newsgroups ist die "Subject:"-Betreffzeile
Ihre goldene Gelegenheit, mit fünfzig Buchstaben oder weniger die
Aufmerksamkeit eines qualifizierten Experten zu erregen. Verschenken
Sie sie nicht mit Gestammel wie "Bitte helft mir" (oder gar "BITTE
HELFT MIR!!!"). Versuchen Sie bitte nicht, uns mit der Tiefe Ihrer
Verzweiflung zu beeindrucken, sondern nutzen Sie den engen Raum dafür,
Ihr Problem so konzise wie möglich zu beschreiben.

Die unkluge Lösung: "HILFE! Graphikprobleme auf meinem Laptop!"

Die kluge Lösung: "Verzerrter Mauszeiger in XFree86 4.1, Musterware
MV1005-Chipsatz"


Beschreiben Sie Ihr Problem präzise und informativ:

- Beschreiben Sie die Symptome Ihres Problems oder Fehlers klar und
sorgfältig

- Nennen Sie die technische Umgebung, in der das Problem auftritt
(Hardware, Betriebssystem, Anwendungsprogramm, was auch immer).

- Schreiben Sie, wo Sie, bevor Sie diese Frage gestellt haben,
nachgeforscht und nachgeschlagen haben.

[...]




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