[linux-l] Novell uns SuSE

Schlomo Schapiro belug at schlomo.schapiro.org
So Mai 30 20:28:29 CEST 2004


Hallo,

nun muss ich doch mal meine Meinung als Mitarbeiter einer Firma, die 
Novell & SuSE Partner ist, loswerden und Euch eine etwas andere Sicht der 
Dinge liefern.

Wir haben sehr viele Kunden sowohl in der Industrie als auch im 
oeffentlichen Dienst. Bei diesen Kunden war Linux bisher ein Nischenthema 
an das sich keiner - trotz den Vorbildern im oeffentlichen Dienst - 
herangetraut hat. Durch den SuSE-Novell merger hat sich jetzt dort die 
Meinung grundlegend geaendert. Linux ist jetzt fuer die (oftmals mit einer 
Novell-Vergangenheit gesegneten) Kunden der "natuerliche" Nachfolger fuer 
ihre grundlegende Netzwerkinfrastruktur. Dabei wollen diese Kunden gar 
nicht die echte Freiheit, die man ja mit Linux auch haben kann (z.B. 
Debian) sondern sie wollen ein "gezaehmtes" und "ordentliches" Linux. Ich 
kenne auch Kunden, die Debian einsetzen, aber die tuen das 100% wegen 
einem guten Admin, nicht weil Linux an sich gut ist.

Man muss, in meinen Augen, schlicht mit der Tatsache leben, dass Linux 
jetzt erwachsen wird und auch eine kommerzielle Inkarnation bekommt. Ich 
erwarte, dass der Unterschied zwischen einem SuSE Kernel und den "freien" 
Kerneln immer groesser wird und dass sich kommerzielle Linuxe deutlich von 
freien Linuxen unterscheiden werden.

Ich sehe allerdings in dieser Entwicklung auch keine Gefahr fuer das freie 
Linux, es wird sich immer in irgendeiner From halten koennen. Die Idee 
laesst sich halt nicht so einfach begraben wie eine Marke oder ein Produkt 
etc. Im Zweifelsfall werden wir eben statt Linux ein GNU/Hurd nutzen und 
uns an Linux nur noch als den Grundstein der freien Software erinnern :-). 
Das wesentliche ist m.E. die Idee und der Idealismus, der die freie 
Software antreibt und nicht der Name oder Versionsstring.

Ich kann davon berichten, dass ich es bereits geschafft habe, auch im 
kommerziellen Umfeld, mit dem ich zu tun habe, Foerderung fuer freie 
Software zu erhalten. Dabei sind alle Seiten zufrieden und es ist allen 
geholfen.

Letztendlich fuellen die kommerziellen Distros halt die sich oeffnende 
Marktluecke (und sind dort dem Wettbewerb untereinander und mit den freien 
Alternativen) ordentlich ausgesetzt. Der Kunde profitiert nicht unbedingt 
von Lizenpreisen (obwohl das ja auch zutrifft) sondern vorerst von mehr 
Freiheit im Umgang mit dem System und mehr Ehrlichkeit und Offenheit vom 
Hersteller.

Schlomo

On Thu, 27 May 2004, Oliver Beck wrote:

<-- Diskussion um Novell als alleiniger Inhaber von Linux -->

> <Zitat-Anfang>
> 
> Interview mit Novell-Chef Jack Messman
> 
> 
> <Foto>
> CEO Jack Messman sieht Novell nach dem Suse-Kauf in einer einzigartigen
> Position.
> 
> Linux-Magazin: Was sehen Sie als die größten Hindernisse bei der
> Verbreitung von Linux in den nächsten Jahren an?
> 
> Jack Messman: Ich glaube, dass die Copyright-Probleme ein Hindernis
> sind, aber wir haben bereits Schritte dagegen eingeleitet. Unser
> Haftungsfreistellungs-Programm unterscheidet uns beispielsweise von Red
> Hat. Wir sind in einer einzigartigen Situation. Als wir Unix an SCO
> verkauften, behielten wir das Eigentum am Copyright sowie die Patente,
> wir und unsere Kunden haben die Lizenz, Unix zu nutzen. Wenn also
> Unix-Code in Linux ist, was weder wir noch Linus glauben, haben wir
> trotzdem das Recht, es zu verwenden, denn wir haben die Lizenz. Das
> schützt uns und unsere Kunden, im Gegensatz zu Red Hat.
> 
> Linux-Magazin: Gerichtsentscheidungen sind oft unvorhersehbar. Wenn
> also ein Gericht entscheiden würde, dass Unix-Code in Linux ist, wäre
> Novell das einzige Unternehmen in der Welt, das Linux anbieten dürfte.
> 
> Jack Messman: Ja, denn wir haben die Lizenz, Unix zu benutzen. Das
> bringt uns in eine gute Position. Jeder Kunde, der sich um die
> Haftungsfragen sorgt, muss Linux bei uns kaufen.
> 
> Linux ist ein Open-Source-Projekt, jede Firma kann eine Linux-Strategie
> aufbauen, ohne gleich einen Distributor zu kaufen. Warum hat es Novell
> getan?
> 
> Jack Messman: Linux kann nicht besonders schnell wachsen, wenn die
> Industrie von zwei sehr kleinen Startups abhängig ist, nämlich Suse und
> Red Hat. Große Unternehmen wollen jemanden mit Glaubwürdigkeit. Wir sind
> seit 20 Jahren im Geschäft mit Betriebssystemen und wissen, wie es geht.
> Von uns kann Support kommen, den Red Hat und Suse nicht liefern können.
> Gleichzeitig gerieten wir aber in eine Wettbewerbssituation mit Suse und
> Red Hat beim Verkauf unserer Services.
> Zusätzlich wurde es immer schwerer, mit Red Hat zurechtzukommen.
> Sie wollen, dass man ihren Weg folgt. Es gab im Vorfeld Gespräche mit
> führenden Hardware- und Softwarehestellern, um im Rahmen eines
> Konsortiums eine neue Distribution zu bauen. Die Industrie lehnte das
> aber ab. Sie will zwei große Distributionen. Nicht eine, damit ein neues
> Microsoft entsteht, und nicht drei, weil der Portierungsaufwand zu groß
> wird. Ein weiterer Faktor war: Wir verloren den Erstverkauf, da wir kein
> Betriebssystem hatten, das wir dem Kunden zuerst verkaufen konnten, um
> dann den Gewinn mit Folgeverkäufen zu erzielen.
> Das heißt, obwohl Suse eine 35-Millionen-Dollar-Firma war und wir 210
> Millionen bezahlten, ging unsere Marktkapitalisierung um drei Milliarden
> Dollar hoch, der Markt stimmt also unserer Strategie zu. Jetzt ist es an
> uns, den Beweis zu liefern, dass sie funktioniert.
> 
> <Zitat Ende>
> 
> Das Zitat stammt aus dem Linux-Magazin der Ausgabe 06/04 und ist auf der
> Seite 88 im unteren Teil zu finden. Die Urheberrechte liegen bei der
> Linux New Media AG mit Firmensitz in München.
> 
-- 
Regards,
Schlomo



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