[linux-l] GUI programmieren - komplettiert

Jochen Heller linux at nordviertel.net
So Apr 10 23:20:20 CEST 2005


Hi,

Am Sonntag, 10. April 2005 14:12 schrieb Rocco Rutte:
> >Na ja, ich hab nie verstanden, warum ein klassisches Menu (so mit
> > popup und so) im Grafikmodus was anderes sein soll, als im
> > Textmodus.
>
> Im Textmodus habe ich dafür eine Taste, für deren Betätigung ich mich
> nicht bewegen muss. Mit einer Maus muss man die Hand erst dorthin
> bewegen, den Cursor suchen, an die richtige Stelle gehen und eine
> Maustaste drücken (zumindest bei mir sind die Windows-Tasten auf der
> Tastatur selbstverständlich aus politischen Gründen still gelegt).

Jau, und ich habe irgendwie das Gefühl, dass man sich für eine 
textbasierte Oberfläche eher angehalten fühlt, sie ergonomischer zu 
gestalten. In der Regel geraten Anwendungen mit graphischer Oberfläche 
im Office-Anwendung-Stil nach Schema-F (was ja glaube ich auch ein Sinn 
des Ganzen ist, um dem Anwender das Gefühl zu geben zu hause zu sein 
und als Programmierer die Vorlagen ausnutzen zu können) der bei 
komplexen Anwendungen sehr unübersichtlich werden kann. Also das ganze 
kann man bestimmt auch eleganter und ergonomischer gestalten, aber ich 
bin einfach gewöhnt, dass man in einer Flut von Fenstern hin- und 
herklickt, die Hotkeys einem nicht unbedingt immer Vorteile bringen und 
je mauslastiger das Ganze wird, man einfach ständig die Hand von der 
Tastatur  nehmen muss. Und wie gesagt, ich sehe ein, dass man schneller 
mit einer graphischen Oberfläche auf Du ist, als unbedarfter Anwender, 
aber alles was vor allem von Tastatureingaben abhängt, wenn das 
Programm letzten Endes eine umfangreiche Datenbankschnittstelle ist, da 
nervt auf die Dauer echt das Fensterln. Einfach weil Dir der Bildschirm 
in einem Arbeitsgang immer weiter 'vollgefenstert' wird und Du Dich 
durchklicken musst.

Eine textbasierte Oberfläche wie gesagt kann eben so komplex sein, aber 
bei der Erlernung der Bedienung gewöhnt man sich sehr schnell an das 
Menüpunkt wechseln, man ist ausgesprochen schnell mit 'Esc' und 'Tab' 
beispielsweise und hat immer das auf dem Schirm, was man gerade 
braucht. Also, je länger man mit einer solchen textbasierten Oberfläche 
arbeitet, desto mehr gewöhnt man sich daran, desto schneller wird man 
damit und desto ungewohnter und störender ist die Benutzerführung in 
einer GUI.

> Es ist eben eine Frage der Gewohnheit. Man muss die jeweils andere
> Position ja nicht verstehen aber mindestens doch akzeptieren.

So isses. Aber ich kann tatsächlich von meinen Buchhändlerkollegen 
sagen, die in der Regel eher ein wenig, ich will es mal 
'technikskeptisch' nennen, sind, sagen, dass wenn es Buchhändler sind, 
die sich in eine Konsolenanwendung (unter DOS) mühsam eingearbeitet 
haben und die Arbeit schließlich zur Routine geworden ist und sie das 
System beherrschen, dass allen unabhängig voneinander die schicken 
Updates auf Windows-Versionen weniger gefallen haben und die Umstellung 
schwerer fiel.

Ich glaube also durchaus, dass objektive Gründe für das Eine wie für das 
Andere sprechen und graphische Oberflächen für gestalterische 
Multimediasachen echt eine große Hilfe sind (nicht für 
Formatkonvertierungen, oder Bildskalierungen im großen Stil) aber alles 
im Büroanwendungsbereich nicht unbedingt eine solche 
Benutzerschnittstelle benötigt, da die Hände von der Tastatur wie 
gesagt immer zur Maus geführt werden, aber die Aufgaben, die erfüllt 
werden müssen ausschließlich die Tastatureingabe verlangen. (Außer 
Tabellenkalkulation, die will ich herausnehmen. Gut, man kann auch 'sc' 
haben, und das ist auch sehr umfangreich und leistungsstark. Aber ich 
habe mal so Planungsrechnungsspielchen und Kalkulationen im Vergleich 
mit 'sc' und einer Tabellenkalkulation mit einer GUI gemacht und ich 
muss sagen, dabei ist sogar die Mausbedienung echt ne Hilfe. Also wo 
man während der Eingabe nachdenken muss und sich das ganze auf dem 
Bildschirm eher zurechtlegt wie auf einem Blatt Papier. Sobald das 
ganze wieder automatisiert und und die Eingabe routiniert wird, gibt es 
da auch wieder bessere Wege und Automatismen für die man die GUI nicht 
braucht.

Also meiner subjektiven Meinung nach ist der objektive Grund ;-) der für 
eine GUI in solchen Anwendungsbereichen spricht lediglich die 
schnellere Einarbeitung unerfahrener Kollegen. Und ich glaube auch 
nicht, dass es ein 'weibliches' Ding ist, dass man für die 
Sekretärinnen einen hübschen Desktop bauen wollte, auf dass sie sich 
wohler fühlen. Denn ich kenne auch Sekretärinnen aus DOS-Zeiten die mit 
ihrer Textverarbeitung, ihrer curses-Oberfläche für's 
Buchhaltungsprogramm, für das Lagerhaltungsprogramm etc. wesentlich 
glücklicher und verteufelt schnell waren und die ganz schön über die 
Einführung von Windows-Oberflächen geschimpft haben. (Und sicherlich 
nicht, weil sie ewig gestrige waren, sondern weil sie sahen, dass das 
Wort Effizienz nicht mehr für Eingabegeschwindigkeit sondern für 
optisches Wohlgefallen benutzt wurde.)


Aber gut, ich sage es nocheinmal: Das ist meine subjektive Meinung, für 
vieles finde ich GUI's auch sehr angenehm und nicht nur für 
Bildbearbeitung, Sound-Manipulation und Surfen - nur eben nicht als 
Heil und Kraft und Herrlichkeit für sämtliche Anwendungsgebiete.

Soweit dazu, ich danke Euch allen für Eure Tipps, C++ weiß ich noch 
nicht, wie gesagt ich stehe sowieso noch am Anfang. Ich werde erstmal 
den Weg über C gehen und sehen wann ich an Grenzen stoße, dann werde 
ich nachforschen wie mir OOP dann zur Grenzerweiterung verhilft. (Dass 
ich C und C++ mixen kann, davon gehe ich aus, ich nahm immer an das C++ 
die Obermenge von C ist sozusagen.) Wenn es dann sowieso erst später 
für die neuling- und präsentationsfreundlichere GUI sein wird, hab ich 
damit ja ohnehin noch Zeit. Aber dann wird es in jedem Fall C++ sein 
und nichts anderes, weil irgendwie bringt Linux mich dazu mich mit C zu 
beschäftigen und wenn ich bei einem Wortschatz bin will ich auch dabei 
bleiben und will mir nicht noch so viele andere Sprachen, die zum Teil 
ja auch davon inspiriert sind aneignen. Da lerne ich lieber noch ein 
paar menschliche Fremdsprachen wenn es um die Erweiterung meiner 
Sprachkenntnisse geht.

Übrigens habe ich in diesem Palavern eine für meine Sichtweise gültige 
Definition gefunden: Graphische Oberflächen bei Textverarbeitung, 
Buchhaltung, Warenwirtschaft und derartigen Anwendungen sind in meinen 
Augen in der Regel vor allem einsteiger- und präsentationsfreundlicher 
(also günstiger um sie als schicke, moderne Anwendung an den Mann und 
die Frau zu bringen). Im Gegensatz dazu sind geschickt gestaltete 
Konsolenoberflächen für den eingearbeiteten Nutzer um vieles 
anwendungsfreundlicher.

Aber auch da werde ich dann wenn es soweit ist versuchen, die GUI so in 
meinem Sinne anwendungsfreundlich wie möglich zu gestalten, bei 
gleichzeitigem optischen Anspruch (Gott, ich hoffe ich halse mir da 
selbst nicht zu viel auf ;-) )

Schöne Grüße und vielen Dank

Jochen.
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Jochen Heller
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