[linux-l] internetzensur in europa (italien)

Frank Reker frank at reker.net
Fr Mai 5 14:38:14 CEST 2006


Boris Kirkorowicz wrote:
> Hallo Frank,
>
> Am 05/04/2006 08:10 PM schrieb Frank Reker:
>> es lebe die zensur!! - ein erster schritt zurueck zum faschismus?
>
> Unfug: das ist doch keine Zensur. Mit gleicher Begründung müsste man
> sonst auch den Waffen- und Drogenhandel freigeben. Zensur betrifft
> aber
> nur Meinungsäußerung, nicht das Glücksspiel oder andere
> Gewinnerzielungsabsichten. Mit anderen Worten: ich halte das für
> normal,
> angemessen und sogar angezeigt. Ich denke, du hast Dich da etwas
> vorschnell ist etwas verrannt, was so gar nicht existiert.

nun, erstens ist gluecksspiel in italien ja nicht verboten
(im gegensatz zum drogenhandel), auch online-gluecksspiel
nicht. es geht hier ausschliesslich darum, ausslaendische
gluecksspielbetreiber vom italienischen markt fernzuhalten.
der italienische staat haelt hier ein monopol, und will den
kuchen nicht teilen. da hier auch, und vor allem, andere
europaeische anbieter ferngehalten werden, ist diese
regelung schon bedenklich bzgl. des eu-binnenmarktes.
aber darum geht's mir gar nicht.

das http-protokoll ist ein _dokument_austauschprotokoll,
das hier auch webapplikationen moeglich sind, ist eine
nebenerscheinung. und wer sagt, dass man nur
meinungsaeusserungen zensieren kann. man kann alles
geschriebene zensieren, ob meinungen, nachrichten, ...
und das ziel von dokumenten, auch in html ist es informationen
rueberzubringen. das blockieren ist damit zensur!
in bezug auf webapplikationen ist das problem, wo hoeren
informationen auf, und wo fangen applikationen an.
ist bereits eine seite mit einem formular eine webapplikation?
gibt es ueberhaupt reine webapplikationen? hat nicht auch
jede seite informationen? und sei es nur die info, welche
zahlen bei der letzten ziehung gezogen wurden. es muss
also erst mal ne definition her, was "verbietbare" applikationen
sind! ansonsten kann man mit der selben begruendung auch
zeitungen verbieten, die ein kreuzwortraetsel beinhalten,
bei dem man was gewinnen kann.
denn: die filter sind ja keine proxies, die die abgabe des
scheins verhindern, sondern blockieren die ganze ip!
sind also unter dieser ip auch andere domains erreichbar, sind
diese ebenfalls blockiert.
und wenn du auf die "gewinnerzielungsabsicht" abzielst, dann
sollte dir bewusst sein, dass auch (fast) jede tageszeitung
mit gewinnerzielungsabsichten probuziert wird, und entsprechend
verboten werden koennte. - es lebe die pressefreiheit!

aber noch bedenklicher ist, dass einmal solche filter
(mit ip-blacklists) installiert, kann man ohne weiteres
jede ip in diese blacklist einfuegen. wer kontrolliert das?
wuerden solche ip's wenigstens per gerichtsbeschluss
blockiert, dann haette der betreiber wenigstens die chance
sich zu wehren. aber hier entscheidet irgendeine obskure
behoerde. wird eine ip unberechtigter weise blockiert,
muss der betreiber ein verfahren in italien anstrengen,
um seine ip wieder freizubekommen.



>> zensur ist der erste schritt zur unterdrueckung der
>> meinungsfreiheit!
>
> Ich meine ja auch, ich müsste viel öfter sechs Richtige haben, aber
> diese doofen Kugeln respektieren meine Meinung einfach nicht. :-P

ich habe ja nicht gesagt, dass lottospielen eine meinungsaeusserung
sei. sondern, dass zensur der _erste_ schritt in richtung der
unterdrueckung eben dieser ist.


p.s.:
ich hab mich noch mal ein wenig informiert, und festgestellt,
dass es bereits einen ersten gerichtsbeschluss gegen diese
regelung gibt. ein maltesischer gluecksspielbetreiber hat
in rom geklagt, und recht bekommen. das urteil bezog sich aber
nur auf diesen einen betreiber. damit stuende der weg frei
fuer andere anbieter unter berufung auf dieses urteil ebenfalls
zu klagen. ab naechster woche beschaeftigen sich die gerichte
mit der generellen bereichtigung dieser blockade. es besteht
also noch hoffnung.
aber die begruendung zielt rein auf den eu-binnenmarkt ab.
also auch wenn die entscheidung gegen die blockade ausfaellt,
bleibt die zensur aussereuropaeischer betreiber!


-- 
Don't worry be happy...
Ciao Frank



Mehr Informationen über die Mailingliste linux-l