[linux-l] Re: internetzensur in europa (italien)

Rocco Rutte pdmef at cs.tu-berlin.de
So Mai 7 14:26:39 CEST 2006


Hi,

* Peter Ross [06-05-07 22:00:29 +1000] wrote:
>On Sun, 7 May 2006, Rocco Rutte wrote:

>>>Und was ist mit z.B. Kinderpornographie ? 

>>So hart es klingt: freigeben.

>>Das Kernproblem an Zensur sind nur 2 Punkte, die leider zu oft aus Angst vergessen werden.

>>Erstens bringt das Verbot nicht wirklich etwas. Die Leute, die etwas verbotenes konsumieren wollen (Kinderpornos, Drogen, 
>>rechtsextreme Propaganga) kommen so oder so an das Material heran. Nur die durchschnittliche Öffentlichkeit nicht. Das Problem 
>>verschwindet deshalb aus den Köpfen der Allgemeinheit, aber es existiert dennoch. Es weiss nur keiner in welchem Umfang.

>Nein, das stimmt so nicht.

>Verbote wirken, wenn sie fuer den Betreffenden einsichtig sind. Sie schaffen ein Unrechtsbewusstsein, welches allein oft schon 
>ausreicht, um vom Gebrauch und Besitz abzusehen.

Okay. Es gibt Leute, bei denen ein Verbot evtl. hilft. Aber es gibt 
bestimmt auch Leute, für die ein Verbot einen gewissen Reiz auslöst.

Wir sind wohl beide kein Psychologen (für meinen Teil: zum Glück :).

>Wie gesagt, _einsichtig_ muss ein Verbot sein, damit es wirkt.

Das würde ich so pauschal nicht stehen lassen. Artikel 1 GG verbietet 
(wenn auch indirekt) das Ignorieren der Menschenwürde. Unter anderem bei 
Rechtsextremismus sehe ich die Wirkung nicht so richtig. Es bleibt 
speziell in dem Punkt offen, ob ein Nicht-Verbot die Lage signifikant 
ändern würde, es also weniger Anhänger gäbe (meine Vermutung: nein, im 
Gegenteil).

Ein Verbot per Gesetz setzt mündige Staatsbürger voraus, die sich aus 
"moralischen" Gründen an Gesetze halten und nicht _ausschließlich_ ihrem 
eigenen Rechts-/Unrechtsbewusstsein folgen. Diese Ignoranz fängt zum 
Beispiel schon bei roten Fußgängerampeln und Tempolimits an.

Zumindest in meinem Umfeld sehe ich wenig Menschen, die den Staat als 
die einzige Autorität in Sachen Gesetzen ansieht und sich wegen der 
Autorität auch bemüht, sie an Gesetze zu halten. Daher glaube ich auch 
nicht so wirklich an die pure Wirkung des Verbots.

>Ansonsten sollte man auch noch zwischen Dingen unterscheiden, die dem Konsumenten zunaechst selbst schaden (z.B. Drogen) und 
>anderen (z.B. Kinderpornographie) Letzteres ist von vorneherein nicht hinnehmbar, bei ersterem sollte der Gesetzgeber vorsichtiger 
>sein.

Dieses Kriterium ist das einzige, unter dem ich mir überhaupt Zensur 
vorstellen kann. Ich meinte ja (das war undeutlich) auch nicht, dass man 
die Herstellung Kinderpornos erlauben sollte sondern den Vertrieb oder 
Konsum und Besitz. Die Menschen sollen selbst entscheiden können, was 
sie tun wollen (im Fall der Kinderpornos sind die Eltern gegen die 
Herstellung -> verboten).

Irgendeine Art von Information oder Zugang braucht man nämlich, um eine 
echte Gegenbewegung auf einer soliden Basis zu schaffen. Und eine 
Demokratie funktioniert ja auch nur, solange man Leute außerhalb des 
demokratischen Rahmens hat und sich nur die Mehrzahl der Leute innerhalb 
bewegen (aber eben nicht alle), weil Demokratie ein Mehrheitsprinzip ist 
und nicht totalitär.

   bye, Rocco
-- 
:wq!



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