[linux-l] Warum gibt es keine einheitliche Dokumentation? (war: dwww)

Volker Grabsch vog at notjusthosting.com
Mo Jan 1 05:21:09 CET 2007


On Sun, Dec 31, 2006 at 02:46:15PM +0100, Steffen Schulz wrote:
> > Wieso ein Spezialformat für Manpages, aber Freiformate für Howtos?
> >     Wieso nicht auch Manpages einfach als txt oder html?
> >     Wieso kein extra Dateiformat für Howtos?
> >     Wieso nicht auch Howtos im Manpage-Format?
> 
> Hm. Aber ist *das* das Problem? Ich hab mich noch nie drueber aufgeregt
> und auch als Anfaenger kann ich mich nicht dran erinnern.

Ich fand die Manpages nicht übel, sie waren das erste was ich kannte.
Ich fand es toll, wie einfach ich damit zentrale C-Funktionen wie
"memcpy" nachschlagen konnte, und hatte mir immer gewünscht, bei den
zusätzlichen C-Bibliotheken (gtk, libxml, ...) würde es genauso einfach
gehen. Und bei anderen Programmiersprachen.

Andererseits müsste man dann Namenskollisionen auffangen: Ist jetzt
mit "exec" der System-Aufruf gemeint, oder die gleichnamige
PHP-Funktion oder der gleichnamige (aber mit einer völlig anderen
Bedeutung belegte) Python-Befehl?

> Die Support-Anfragen werden genau gar nicht weniger, wenn howtos auf
> einmal auch als manpages vorliegen oder alles per Browser erreichbar
> ist.

Dem kann ich nur entschieden widersprechen. So krass das auf klingen
mag, aber ein "moderner" Neuling klickt meiner Erfahrung nach lieber
100x ins leere, um danach fündig zu werden, als auch nur einen einzigen
Befehl wie "apropos" an der Kommandozeile zu lernen.

Und selbst wenn nicht: Würde "apropos" nicht nur Manpages, sondern auch
Howtos finden, wäre das ein imenser Fortschritt in Sachen
Benutzerfreundlichkeit.

> Und glaubst du, dass mehr Leute ihre Doku finden, wenn du sieh sauber
> aufbereitest, meinetwegen als HTML? Wer per google nichts hilfreiches
> findet, wird auch in so einem aufbereitetem System nichts finden.

Ein
    * sauber aufbereitetes System
versus
    * Google
macht keinen Unterschied? Das steht in einem ziemlich krassen Gegensatz
zu so ziemlich allen Recherche-Arbeiten, die ich jemals hinter mich
gebracht habe.

Es ist ein Unterschied wie Tag und Nacht, ob ich in Google nach dem
10. Versuch überhaupt eine brauchbare Info fand, und dann noch weitere
Versuche brauchte, um überhaupt eine zweite brauchbare Info zu finden.
Oder ob ich bei einer Seite wie Wikipedia lande, wo ich auf Anhieb viele
brauchbare Verweise zum Thema und verwandten Themen finde.

Wenn das "Semantic Web" irgendwann ausgebaut sein sollte, könnten
Werkzeuge wie Google da mithalten. Bislang sieht das aber nicht danach
aus.

> Das einzige, was mich stoert, ist der Verweis in manpages auf
> info-pages. Ich hab vor nem Jahr mal gelernt, wie man da 'Links' folgt,
> aber mir erschien das total kaputt und ich habs auch schonwieder
> verlernt.

Mit den Infopages zu make, autoconf und automake bin ich immer gut
zurecht gekommen. Das Folgen von Links war nie ein Problem, eher das
"zurück", ich konnte mir nie merken, dass das auf "l" liegt.  :-)

> > > Soweit ich weiss, wird das so auch von den gaengigen distributionen
> > > angeboten und liegt dann in /usr/share/doc/.
> > 
> > Eben. Und damit fernab von allen Manpage-Features zum Suchen, Verlinken, ...
> > Was soll der Quatsch?
> 
> Wann musstest du denn das letzte mal /usr/share/doc/*/* nach was
> durchsuchen? Ich musste das noch nie, glaub ich.

Ich hab's einmal aus Verzweifelung getan. Aber es stimmt, normalerweile
kennt man die 3 oder 4 Paketnamen, die in Frage kommen, zumal man an der
Kommandozeile die Tab-Autovervollständigung hat, die gerade in riesigen
Verzeichnissen wie "/usr/share/doc/" einen großen Komfort bietet.

> > > Was darueber hinaus geht liegt halt irgendwie vor. Oder gar nicht.
> > 
> > Ja. Und das ist noch nerviger.
> 
> Ach...ich glaub, du betrachtest hier das generelle Problem, dass viele
> nicht so gut mit Computern und Internet klar kommen oder zumindest
> einige Einarbeitung noetig ist, bis sie wissen, wie und wo sie was
> finden, zu sehr als ein technisches Problem.

Man kann die technischen Hürden aber senken. Und gerade in Sachen
Doku-Zugänglichkeit steckt da noch sehr viel Potential drin.

> Leute brauchen halt Zeit, um was zu lernen. Die Doku fuer Linux-Distris
> ist an einem Punkt, wo weitere Aufarbeitung viel mehr Arbeit macht als
> es nuetzt.

Nicht, wenn die Verbesserungen durch bessere Mechanismen erreicht werden
können. Dann handelt es sich nämlich nicht um kontinuierlichen, sondern
um einmaligen Mehraufwand, von dem in Zukunft Millionen von Anfängern
und auch Fortgeschrittene profitieren werden.

> Deswegen gehen solche Projekte auch ein, es ist nicht so,
> dass man nur 2 technische Sachen beheben muss und damit riesig was
> erreicht. Denke ich.

Nein, man muss sie nochmal ganz in Ruhe neutral überdenken. Das ist
nicht leicht. Selbst wenn es nur 2 technische Sachen wären (ich vermute,
es sind mehr), denke ich, ist es schwer, diese 2 Dinge wirklich zu
finden. Es ist nicht viel, aber sehr verborgen im "innersten", was
gerade gebogen werden muss. Ist natürlich nur ein Gefühl, denn wenn
ich das Rätsel gelöst hätte, würde ich hier nicht nach Ideen fragen
sondern Antworten präsentieren. ;-)

> Aus eigener Erfahrung glaube ich, dass so 'Mentor'-Ansaetze eine
> Moeglichkeit sind, mit Eigenarbeit dennoch zuegig voran zu kommen.
> Weil man dann als Anfaenger nicht ewig an einem Problem sitzt und
> schonmal Pointer zu den richtigen Problemen und der richtigen Doku
> bekommt. Herangehensweisen und Konzepte werden auch besser vermittelt.

Mag sein. Aber erfahrene Mentoren können auch gute Text schreiben.
Texte, die Anfängern *wirklich* weiterhelfen. Texte, deren Zielgruppe
reale Anfänger sind, nicht bloß Phantasie-Anfänger in den Köpfen der
Autoren. Gute, genaue Beobachtung ist hier nötig, um sowas zu
produzieren.

Will sagen, wenn die guten Schreiber unter den guten Mentoren
entsprechende Texte verfassen, können sie es damit vielen Anfängern
ermöglichen, längere Zeit ohne einen Mentor auszukommen. Das ist
IMHO ein erstrebenswertes Ziel, und genau auf diese Art und Weise
sollten IMHO auch FAQs, Howtos, etc. entstehen. Tun sie aber leider
nicht (aus praktischen Gründen).

> Gibt es eigentlich sonst was so komplexes, was Leute von heut auf
> morgen lernen wollen, und zwar zu Hause und moeglichst ohne ewig viel
> Support in Anspruch zu nehmen? In anderen Bereichen heisst sowas immer
> 'Schulung' und Mentoren sind dabei selbstverstaendlich.

Ich habe sehr viel Zeug autodidaktisch gelernt. Und ja, Eigeninitiative
ist unerlässlich, je komplexer das Thema wird. Dennoch gab es viele
Stellen, bei denen eine gute Doku mir tagelange Recherchen abgenommen
hätten.

> So selbstverstaendlich, dass man in der Schule die Eigeninitiative
> sogar erst wieder einfuheren muss. Hausaufgaben sind da nervig und
> teils Strafen..

Einige lernen die Eigeninitiative erst beim Studium. :-(


Viele Grüße,

    Volker

-- 
Volker Grabsch
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