[linux-l] SiT - Svens intelligentes Terminal (war: acpid füllt nicht die Datei /proc/acpi/event)

Volker Grabsch vog at notjusthosting.com
Fr Jan 5 22:23:43 CET 2007


On Thu, Jan 04, 2007 at 12:22:37PM +0100, Detlef Lechner wrote:
> > Und die Server müssen auch von irgendwem gepflegt werden. Und es
> > muss jemand zur Verantwortung gezogen werden können, wenn Schindluder
> > mit den persönlichen Daten betrieben wird, oder wenn das Backup
> > verschlampt wird.
> > 
> > Beim "Geschäftsmodell" ist der Aspekt des Profits nur ein Teil. Die
> > eigentlichen Fragen sind die selben wie bei allen anderen Projekten:
> > Wer will das? Wer macht das? Wer hält den Kopf hin?
> 
> Du hast die Problematik in meinen Augen richtig dargelegt. Ich stimme
> Dir auch zu, daß es dafür zunehmend Bedarf gibt. Bisher war es meist so,
> daß ein Verein/eine Gruppe/eine Organisation sich einen Datenverarbeiter
> angeheuert hat, der wurde von ihnen angestellt und der hat ihnen die
> Lösung erarbeitet.

Das ist auch sehr gut so. Sich fähige Admins ins Boot zu holen ist sehr
wichtig. Nichts geht über maßgeschneiderte Lösungen. Wenn der Admin kein
"externer" ist, wohl aber im "Umfeld" ordentlich Erfahrungen gesammelt
hat. dann ist er jedem anderen Admin überlegen, der die Organisation
nicht so gut kennt.

Will sagen: Bei Organisationen und Firmen braucht es jemanden, sehr
sowohl die Technik als auch die Organisation kennt. Jemand, der sowohl
die Probleme als auch gute Lösungen kennt. Wobei ersteres IMHO viel
wichtiger ist.

> Ich glaube auch, daß ein Trend dahin geht, einen Teil
> der Datenpflege und ähnlicher Datendienste außerhalb der Organisation
> machen zu lassen.

In meiner vorherigen Mail dachte ich eher an Privatkunden. Dort sind
die Strukturen überschaubar und die Bedürfnisse relativ ähnlich.
Außerdem kann man sehr leicht eine "Markt-Analyse" betreiben, indem
man sein eigenes Umfeld einfach nur mit offenen Augen begutachtet. Es
ist ja nicht so, dass die Leute ihre Probleme geheim halten würden.
Darüber, dass der Computer immer mal wieder dieses oder jenes nicht
richtig macht, dass der Drucker nicht läuft, u.s.w., davon hört man
ja ständig.

Bei einer Firma oder Organisation hingegen kann der erste Eindruck sehr
trügerisch sein. Wirklich dahinterzusteigen, warum es an welcher Stelle
hakt, echte Ursachen zu finden, und nur den technischen unter ihnen mit
Technik begegnen, das ist haarig.

Das können auch Externe machen. Aber nur dann, wenn sie sich einige
Zeit dort umsehen, mit den Leuten reden, etc.
Von außerhalb der Firma eine selbsterdachte Phantasie-Struktur
aufzuzwingen und dann dann ein Lösung in der Ferne entwickeln, mit
dem Ziel, sie allen Organisationen aufzuzwingen, klappt nicht so ganz.

Okay, SAP hat genau das geschafft. Aber ich bezweifle, dass große
Firmen diesen Fehler wiederholen werden. Genausowenig glaube ich, dass
irgendjemand noch einmal das Geschäftsmodell von Microsoft erfolgreich
durchziehen kann. Das schafft heute keiner mehr. (genau genommen nicht
einmal mehr Microsoft selbst ;-))

> Es wird aber wohl nicht so funktionieren wie Bill
> Gates sich das vorgestellt hatte: Jeder Benutzer zahlt an Herrn Bill
> Gates dafür, daß er Programme von der Firma Microsoft auf einem Server
> benutzt, eine monatliche Gebühr, und wird über den Preis von Bill Gates
> erpressbar.

Da wäre ich vorsichtig. Mir würde ebenfalls keine Welt gefallen, in der
man pro Programm-Benutzung zahlt. Aber schau dir kommerzielle
Web-Services an: Die machen genau das. Aber ich stimme zu, dass sich
dies nicht auf Firmen-Netzwerke ausdehnen lassen wird. Die wollen ihre
eigene IT-Abteilung, und Kontrolle über die Server auf denen das Zeug
läuft. Und das ist auch sinnvoll so.

Oder vielleicht nicht? Immerhin können IT-Abteilungen auch ins Gegenteil
verrutsch, die Firma schlechter kennen als jeder externe Berater, der
sich auch nur 2 Stunden lang in der Firma bewegt. Wird bei der Server-
Hardware am falschen Ende gespart, kann das ebenfalls katastrophale
Folgen haben. Und wenn die Administratoren Software einsetzen, die sie
nicht im Griff haben (wegen Unkenntnis oder weil die Software nur als
Blackbox vorliegt), dann sind ebenfalls die Probleme vorprogrammiert.

Schwierige Sache.

Bei Privatleuten wäre solch ein Feldversuch IMHO leichter durchzuführen.

> > > Ich kenne diesen Begriff aus der Soziologie, aber nicht in der
> > > Informatik. Was verstehst Du darunter?
> > 
> > Ich meine Community-Internetseiten wie Reddit, YouTube, StudiVZ, etc.,
> > in denen die Verbindungen zwischen Menschen erfasst werden (z.B. durch
> > "Freundschaft schließen"-Funktionen, oder wer wen liest / gut bewertet).
> 
> Aha, StudiVZ sagt mir etwas. An dem hohen Preis, den Holtzbrink gezahlt
> hat, siehst Du, daß Deine "eigentlichen Fragen (die selben wie bei allen
> anderen Projekten): Wer will das? Wer macht das? Wer hält den Kopf hin?"
> nicht die entscheidenden Fragen bei diesen "Social Networks" sind. Oder
> wie erklärst Du den hohen Kaufpreis?

Davon wusste ich gar nichts.

Aber wenn jemand weder eine Lizenz noch ein Produkt kauft, sondern eine
ganze Firma, dann hat das normalerweise nur eine einzige Ursache: Dass
man von der Firma etwas haben will, was sie nicht getrennt veräußern
kann: Ihren Namen, ihren Ruf, und vorallem: ihre Kundschaft.

Kundschaft ist mit dach wichtigste Gut. Ich denke daher, die große
Beliebtheit und die Heerscharen von Usern des StudiVZ sind eigentliche,
was weiterverkauft wurde.

> Bei YouTube war es offenbar ähnlich. Ich habe diesen Fall aber nicht verfolgt.

Ich denke, auch dort ging es vorallem um die User. (und damit verbunden
um Namen und Ruf)

> > Dort ist es auch üblich, dass die Benutzer den Inhalt liefern, nicht
> > der Anbieter.
[...]
> Ich stimme Dir zu. Es gab aber auch schon Geschäftemacher, die solche
> Internet-Dienste zu sehr hohen Preisen angeboten haben.
> Ich vermute, daß Deine GbR am ehesten auf diesem Gebiet für beide Seiten
> günstige Geschäfte machen kann, wenn sie sehr viele
> Vereine/Gruppen/Organisationen und ihre Bedürfnisse kennenlernt und
> ihnen maßgeschneidert eine preiswerte Lösung anbieten kann.

So weit sind wir (leider) noch nicht. Das kommt vielleicht, wenn das
Studium vorbei ist, und wir *richtig* Zeit und Geld reinstecken können.

Aber das "Kennenlernen", ja, das machen wir bereits. Zum einen durch
das Hosting ... kein einziger Kunde nimmt ein fertiges "Paket". Jeder
Kunde hatte irgendwelche Sonderwünsche, der Preis war entsprechend
Verhandlungssache. Die Leute zahlen letztendlich für Beratung und
Service, denn rein von den Preisen her glaube ich nicht, dass wir
jemals mit den Massen-Hostern konkurrieren können. Und das wollen
wir eigentlich auch nicht. Wir möchten die Leute kennen, die unsere
Server nutzen.

Außerdem machen wir Dienstleistungen, aber für andere Firmen, nicht
für den Endkunden. Ich war z.B. mal bei Schering (jetzt: Bayer ;-)),
aber im Auftrag von Rent-a-PACS, als Subunternehmer. Auch war ich ein
paar mal in DFS in Langen (bei Frankfurt/Main). Aber auch dort nicht
im Namen unserer Firman, sondern als "Mitarbeiter von m-click".
Ich habe dort jeweils Programmier- und Administrations-Tätigkeit mit
übernommen. Auch an Ideen habe ich mitgewirkt.

(Dabei habe ich z.B. gelernt, Shell-Scripte so zu schreiben, dass sie
auch unter Solaris laufen. Ich habe zum ersten Mal "richtig"
C++-Programmieren gelernt. ;-)  Ich habe das erste Mal das Thema LDAP
richtig tiefgreifend verstanden. u.s.w.)

Aber selbst an solche große Kunden heran zu kommen, mit der ganzen
Verantwortung und dem riesigen Aufwand der Kontaktpflege, das ist
(noch) nichts für uns. Wir sind darauf angewiesen, dass irgendjemand
Teile seiner Arbeit an uns abgibt, und dass die Auftraggeber immer
wieder kommen mit Folge-Aufträgen. Andererseits: Genau das Problem
haben auch diejenigen, für die wir arbeiten, mit ihren (End-)Kunden.

Zurück zum Thema: Meiner Erfahrung nach vertragen sich "maßgeschneidert"
und "preiswert" nicht sehr gut. Bei freier Software ist das zumindest
noch möglich, falls es ein "fast geeignetes" Produkt gibt, und der Kunde
nur noch für die Anpassungen oder Konfigurationen bezahlt, die jemand
für ihn vornimmt. Dennoch gehört zu "maßgeschneidert" meistens auch die
jahrelange Weiterentwicklung, das Eingehen auf Kundenwünsche, etc.
Bei Privatleuten ist das nicht so kritisch, für große Organisationen
aber essentiell.

Übrigens, selbst bei proprietärer Software passiert das nicht selten.
Was ist denn eine C++-Applikation, die auf einem Linux-Server läuft?
Die Mammut-Arbeit ist bereits abgenommen. Oder ein noch krasseres
Beispiel: PHP-Applikationen, die auf einem Apache mit PostgreSQL
laufen. Persistenz und Indizierung der Daten (PSQL), Verwaltung und
Verteilung der Webanfragen (Apache), Speichermanagement und highlevel-
Datentypen (PHP), all das ist bereits gegeben.

Im Vergleich zu dem, was auf dem Server bereits alles drauf ist, ist
selbst eine 10.000-Zeilige PHP-Applikation letztendlich nur noch eine
"Konfiguration". Ja, ich weiß, wenn man's ganz hart nimmt, ist jedes
Stück Software "nur" eine Konfiguration des Prozessors. ;-)

Wenn also wirklich ein echter Trend einsetzt, in Richtung *preiswerter*
spezialisierter Dienste und *preiswerter* Spezial-Software, dann sind
die Chancen für freie Software ziemlich hoch. Denn niemand kann
für eine handvoll Kunden ein eigenes Betriebssystem aus dem Boden
stampfen. Und in ein, was weiß ich, 2000 EUR - Angebot für eine
aufwändige Spezialsoftware kann man keine Windows- oder Oracle-
Lizenz einkalkulieren. So jemand wird freie Software nehmen, und wenn
er über viele Kunden hinweg nebenher eigene Klassen-Bibliotheken etc.
entwickelt hat, dann wird seine Motivation auch viel höher sein, diese
auch frei zu geben.

Ohnehin hat man ja als Programmierer die Möglichkeit, alle Bröckchen
Code, die nicht direkt für den konkreten Auftrag entwickelt wurden,
frei ins Netz zu stellen. Ein Kunde oder ein anderer Programmierer
wird einem diese Lib eh nicht abkaufen oder extra bezahlen. Jedoch
profitieren mehrere Programmierer davon, wenn sie solche Libs
gemeinsam entwickeln, sie quasi "von der Cummunity" voran treiben
lassen.

Das heißt aber, dass alles, was "unter der Haube" geschieht, durchaus
frei sein kann. Ja, vielleicht sogar frei sein muss, um ein Gewerbe
für preiswerte Spezial-Software überhaupt zu ermöglichen. Das würde
langfristig vielleicht tatsächlich dazu führen, dass die *eigentliche*,
propritäre Software immer kleiner wird, aber auf einen immer
reichhaltiger werdenen Grundstock von freier Software aufsetzt. So
geschieht es z.T. ja auch jetzt schon. Irgendwann ist es vielleicht
wirklich nicht mehr als eine aufwändige Konfiguration.

Natürlich kann man auch freie Spezialsoftware entwickeln, hat
geschäftlich gesehen Vor- und Nachteile. So schön das auch wäre,
glaube ich aber, dass dieser harte "ideologische" Schritt für diese
Entwicklung gar nicht nötig ist. Diejenigen, die proprietäre Software
entwickeln (bzw. entwickeln müssen), würden ebenfalls zum freien Pool
etwas beisteuern, zumindest in diesem Geschäftszweig, weil sie anders
überhaupt nicht überleben könnten, und weil sie mehr davon profitieren
als sie riskieren, wenn das Zeug, die "unter der Haube" benutzen,
gemeinsam als freie Software verbessern.

BTW, gibt es einen Fachbegriff für diesen von mir beschriebenen
Geschäftszweig "preiswerte Spezial-Software und -Dienstleistungen"?
Ich bin mit diesem Begriff nicht glücklich. Er ist zu lang und klingt
wie ein billiger Werbespruch.


Viele Grüße,

    Volker

-- 
Volker Grabsch
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