[linux-l] Graphen und Didaktik (war: graphs of media-handling components)

Detlef Lechner Detlef.Lechner at gmx.net
Di Jan 9 11:39:16 CET 2007


Hallo Volker,

Am Dienstag, den 09.01.2007, 09:27 +0100 schrieb Volker Grabsch:
> On Sun, Jan 07, 2007 at 06:55:06AM +0100, Detlef Lechner wrote:
> > Am Sonntag, den 07.01.2007, 01:20 +0100 schrieb Volker Grabsch:
> > > > 
> > > > Huch. Ich fürchte, Du hast Ursache und Wirkung verwechselt. Wo findest
> > > > Du denn in der Umwelt drei räumliche Dimensionen? Eine räumliche
> > > > Dimension ist doch eine Abstraktion unserer Wahrnehmung und existiert
> > > > nur in unserer Vorstellung.
> > > 
> > > Dann sind wir da unterschiedlicher Ansicht, denn ich finde, dass so
> > > ziemlich alles in der Natur 3 räumline und eine zeitliche Ausdehnung
> > > haben.
> > 
> > "finden" hat mehrere Bedeutungen. Ich meinte damit, einen
> > (unumstößlichen) Beweis, daß das in der Natur so ist und nicht erst vom
> > Menschen so interpretiert wird.
> 
> Okay, ich habe mich blöd ausgedrückt: Ich meinte natürlich *mindestens*
> 3 räumlichen und *mindestens* einer zeitlichen Ausdehnung.

Mit dieser Aussage kommst Du der Wirklichkeit näher: Der Wirklichkeit,
die Physiker und Mathematiker so um 1900-1920 entdeckt haben. 

> Aber diese 3+1 sind auf jeden Fall schonmal da, 

Nicht "auf jeden Fall". In der Welt der Elementarteilchen konnte man
gewisse Gesetzmäßigkeiten (nur) erklären, wenn man weniger örtliche
Dimensionen und/oder weitere, andersartige  (z. B. den Spin) annahm. Ich
habe nicht verfolgt, ob das heute noch anerkannte Lehrmeinung ist.

> und jedem sofort intuitiv
> zugänglich, 

Sie sind nicht jedem sofort zugänlich. Das gilt für die Zeit nach Newton
und Descartes. Das gilt nichtz. B. für manche Menschen in Amazonien und
Indonesien.


> und an diese sind wir 

seit Newton und Descartes

> auch gewohnt, unser Alltagsdenken ist
> stark davon bestimmt.

Ja.

> Es ging um das menschliche Denken, und wie man es in abstrakten Modellen
> berücksichtigen muss. Ich hatte nicht vor, eine Diskussion über Physik
> und Geometrie anzuzetteln.

Physik und und Geometrie sind Teil des menschlichen Denkens.

> Übrigens: Genau genommen denken wir meist nur in 2 von diesen 3 räumlichen
> Dimensionen, weil's bequemer ist. Den meisten fällt 3-dimensionales
> Denken sogar schwer, sobald es etwas anspruchsvoller wird.
> (und da will ich mich selbst gar nicht ausschließen)
> 
> > > Vielleicht gibt es noch mehr, keine Ahnung, das ist gerade bei einem
> > > gekrümmten Raum auch Ansichtssache: Rede ich von der Dimension der
> > > Mannigfalitigkeit, oder von der Dimension des R^n, in den sie
> > > eingebettet ist? Was mache ich, wenn sie so gekrümmt ist, dass ihre
> > > Form, aber nicht ihre Metrik sich als Teil des (euklisichen) R^n
> > > interpretieren lässt?

Meines Erachtens mußt Du dann einen nicht-euklidischen Raum nehmen.

> > Das Beispiel, das Du eben gebracht hast, zeigt ganz klar, daß der uns
> > umgebenden Raum nicht 3 und nur 3 (d. h. genau 3) Dimensionen haben muß.
> 
> Nein, dann hast du es leider nicht verstanden. Ist auch nicht weiter
> tragisch, Geometrie auf Mannigfaltigkeiten mit beliebigen Metriken
> (gemeinhin auch "gekrümmter Raum" genannt) ist äußerst gewöhnungs-
> bedürftig.

Es fällt mir leicht zu sagen: "Scio nescio."

> Ich wollte nur darauf hinaus, dass man jederzeit weitere Dimensionen
> hinzudichten kann, die keinen Einfluss auf das Geschehen haben. 

Solange sie die objektive Realität nicht richtig (bzw. besser als andere
Modelle) die Wirklichkeit erklären, sind sie nicht allzu viel wert.

> Es ist
> sogar noch schlimmer. Es kann sogar sein, dass man einen 3-dim.
> "gekrümmten Raum" gar nicht richtig einbetten kann, egal wieviele
> zusätzliche Dimensionen man definiert.
> (Historisches Beispiel: Hyperbolische Geometrie)

Wenn ich mich recht entsinne, gibt es unendlich viele hyperbolische
Geometrien. Einige haben sich als fruchtbar erwiesen. Den heutigen Stand
kenne ich nicht.

> Diese "Spitzfindigkeit" lässt sich einfach dadurch aushebeln, dass
> man sich nur auf die sog. innere Geometrie konzentriert, und akzeptiert,
> dass Einbettungsversuche in einen höherdimensionalen euklidischen Raum
> nur unserer Anschauung dienen. Mathematisch notwendig sind sie nicht,
> und in diesen Modellen herrscht auch eine gewisse Willkür. (Daher sucht
> man dan den *einfachsten* Einbettungen, sofern es überhaupt welche gibt.)

ACK

> > > Diese Spitzfindigkeiten außer acht gelassen, 
> > 
> > Du kannst das "Spitzfindigkeiten" nennen. Aber z. B. wird das Licht
> > gemäß dieser Vorstellung abgelenkt, wenn es von Sternen an der Sonne
> > vorbei zu uns gelangt. Das ist eine Tatsache und keine Spitzfindigkeit.
> 
> Nein, das ist etwas anderes. Das bedeutet erstmal nur, dass der Raum
> gekrümmt ist.
> 
> Das *könnte* als Ursache haben, dass unserer 3-dim. Raum eine krumme
> Hyperfläche in einem höherdimensionalen Raum ist. Das ist naheliegend,
> muss aber nicht sein. Es ist reine menschliche Bequemlichkeit, zu sagen,
> der Raum an sich sei "eigentlich" gerade, und wir leben auf einer
> gekrümmten Hyperfläche darin.
> 
> Diese Sichtweise ist praktisch und "gehirngerecht", kann aber auch
> schiefgehen!
> (z.B. bei negativer Raumkrümmung wie es in der hyperbolischen
> Geometrie der Fall ist)

Das, was Du in den letzten 11 Zeilen geschrieben hast, sehe ich nicht
als Gegenbeweis an.

> > > Mein Beispiel sollte gar nicht die Existenz einer Dimension belegen,
> > > sondern die Existenz einer von unserem Geist künstlich geschaffenen
> > > Orientierung. D.h., dass wir eine Art "Kompass" in uns tragen, der
> > > aber nicht nach Norden, sondern nach "unten" zeigt. (oder nach oben,
> > > das ist ja willkürlich)
> [...]
> > Du nennst es "Kompass". Die meisten nennen es 'Dimension'.
> 
> Um die physikalische Interpretation ging es in dem Beispiel gar nicht,
> sondern nur um Orientierung. Darum, dass wir uns sehr an die
> Bequemlichkeit gewöhnt haben, dass eine Raumrichtung ausgezeichnet ist.
> 
> Aber diese Vorstellung gilt nicht allgemein, sondern nur auf einem
> schweren Klumpen wie unserer Erde. Es ist eine Täuschung, weil es in
> alltäglichen Größenordnungen tatsächlich so aussieht, als wäre es
> immer die selbe Richtung. In Wirklichkeit zeigt diese "Nadel" aber
> nicht in eine universelle Richtung "unten", sondern in Richtung
> Erdmittelpunkt.
> 
> Die Analogie zum Kompass passt ziemlich gut, der ja auch seine
> Richtung ändert, wenn man sich weiträumig um den Nordpol herum bewegt.
> Dass die Nadel also immer in die selbe Richtung zeigt, gilt ebenfalls
> nur in kleineren Größenordnungen.
> 
> Es ging mir um eine weitere menschliche Gewohnheit, die nichts mehr
> mit dem vorherigen Dimensions-Beispiel zu tun haben sollte. Es ging mir
> nicht um Physik, sondern um Vereinfachungen, die wir treffen, und an
> die sich unser Geist angepasst ist, weil wir es nicht anders kennen.

Ich habe den Eindruck, es geht Dir um Philosophie. Da möchte ich bitte
nicht mit Dir diskutieren.

> Abstrakte Tätigkeiten wie Mathematik und Informatik zwingen uns, diese
> Grenzen ein Stück weit abzubauen. Spiele, Simulationen, sogar Filme
> können ähnliches erreichen, wenn sie gut gemacht sind. Dennoch müssen
> wir uns unserer Grenzen bewusst sein und darauf Rücksicht nehmen, wenn
> wir abstrakte Systeme entwerfen. Die sollen schließlich noch von anderen
> Menschen verstanden werden.

Z. B. ist der mc ganz gut gedacht. Viele Menschen verwenden ihn aber mit
Absicht nicht.

> Wir haben aber nicht nur Schwächen (z.B. Beschränkung auf 2-3 dim.
> Vorstellungsvermögen), sondern auch Stärken. Unsere visuelle Wahrnehmung
> und Verarbeitung ist phänomenal. Bis heute schauen die Computer da in
> die Röhre.

[...]

> > Hm, ich weiß nicht, ob das ein zweiseitiges Aneinander-Vorbeireden war.
> > Ich habe das Gefühl, daß ich verstanden habe, was Du meinst. Aber Du
> > bist beim Erkenntnisstand von Descartes stehen geblieben.
> 
> Vielen Dank, dieses Kompliment kann ich nur zurückgeben. Ich attestiere
> dir, dass du beim geometrischen Erkenntnisstand von Euklid stehen geblieben
> bist. Aber bringen uns solche Beleidigungen wirklich weiter? Immerhin
> lernen wir Menschen ständig Neues. Der Vorwurf, irgendwo stehen geblieben
> zu sein, kann also gar nicht ziehen.

Ein weiterer Grund, die Diskussioen hier an diesem Ort abzubrechen.

> Wenn ich an einem Mittwoch vorbei komme, können wir gerne mal über Geometrie
> und Physik diskutieren. Hier in der Mailingliste habe ich erstmal
> versucht, den Bogen zurück zum Thema zu spannen: Abstraktes Denken,
> Didaktik, und was das mit der Informatik und komplexen Systemen zu tun
> hat.

..._._

Detlef

-- 
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