[linux-l] GPLv3 erschienen

Volker Grabsch vog at notjusthosting.com
So Jul 8 10:34:59 CEST 2007


[ Der Übersichtlichkeit halber ordnete ich die Zitate um, sodass ]
[ sie wieder inhaltlich zusammenhängen.                          ]

On Sun, Jul 08, 2007 at 01:58:11AM +0200, Jörg Schmidt wrote:
> Volker Grabsch schrieb:
> > Leider rückt diese Klausel erst jetzt, zu Zeiten der GPLv3, in
> > die allgemeine Diskussion. Das ist unglaublich reaktionär, aber
> > dafür kann doch die FSF nichts!
> 
> Verstehe ich jetzt nicht, die Tatsache das etwas in die allgemeine
> Diskussion rückt ist reaktionär?

Die Tatsache, dass der "GPLv2 or later"-Passus *erst jetzt* in die
allgemeine Diskussion rückt, ist reaktionär. Immerhin hat er über
20 Jahre auf dem Buckel.

> > Jeder, einschließlich mir und dir, hätte irgendwo öffentlich darüber
> > diskutieren können. Haben wir aber nicht. Du, weil du dir keine
> > Gedanken gemacht hast,
> 
> Also falls es um die Diskussion über die neue GPL ging,

Nein, es ging um Diskussionen zu dem "GPLv2 or later"-Passus, der
schon uralt ist, aber von kaum jemanden in Frage gestellt wurde.
Erst zusammen mit der neuen GPLv3 geriet er mit in die Diskussion,
IMHO völlig zu unrecht.

> > Wenn du der FSF dieses Vertrauen nicht entgegen bringst, dann hättest
> > du IMHO niemals den v2-and-later-Passus in deinen Quellcode schreiben
> > dürfen.
> 
> Stimmt.
[...]
> Wenn ich jetzt aber überdacht habe warum ich das getan habe, dann weil
> es so als 'default' in der Lizenz stand und das hat /mich/ zu falschen
> Annahmen verleitet.

Worin genau bestanden diese falschen Annahmen? Zu welchen falschen
Annahmen hat dich dieser Standard-"GPLv2 or later"-Passus verleitet?

Ich habe den Eindruck, dass du eine Niere herausoperieren willst, weil
du sie für den Blinddarm hältst.

> Wenn ich deshalb denke der Text könnte an dieser Stelle auch anders
> formuliert sein, ist das meine Ansicht vom Text und kein Mißtrauen
> gegenüber der FSF. Was ich ich möchte habe ich in der LGPL

Ja, aber es hat einen ganz bestimmten Grund, warum er so formuliert
ist, und *gerade* als LGPL-Nutzer sollte dir das klar sein. Die LGPL
hat nämlich noch eine zweite Niere, um bei dem Bild zu bleiben.

Denn da gibt es nicht nur den "LGPLv2.1 or later"-Hinweis im Sourcecode,
sondern auch noch einen entsprechenden Passus direkt *im Lizenztext* der
LGPL:

|   3. You may opt to apply the terms of the ordinary GNU General Public
| License instead of this License to a given copy of the Library.  To do
| this, you must alter all the notices that refer to this License, so
| that they refer to the ordinary GNU General Public License, version 2,
| instead of to this License.  (If a newer version than version 2 of the
| ordinary GNU General Public License has appeared, then you can specify
| that version instead if you wish.)  Do not make any other change in
| these notices.

Die ganzen GNU-Lizenzen sind darauf ausgelegt, dass es scharfe
Bedingungen gibt, die abgeleitete Werke zwar nicht lockern, aber
verschärfen dürfen, wobei die Verschärfungen immer noch die
Grundfreiheiten garantieren:

    LGPLv2  ->  LGPLv2.1  ->  GPLv2  ->  GPLv3

So wird auf der einen Seite sichergestellt, dass man die Bedingungen
des Autors nicht über's Hintertürchen aushebeln kann, aber anderer-
seits auch nicht so harte Bedingungen draufpacken kann, dass es keine
freie Software mehr ist.

Das GNU-Projekt vertritt nunmal den Standpunkt, dass freie Software
im Zweifelsfall lieber tot als proprietär werden sollte. Das ist ein
wesentlicher Bestandteil des gesamten Konzeptes: Freie Software als
Druckmittel für freie Software. Das kann man gutheißen oder auch nicht.
Auch ich mache nicht alles unter GPL.

Mit anderen Worten: Wenn dieser gut sichtbare "GPLv2 or later"-
Passus schon zu viel für dich ist, dann ist das ganze GNU-Lizenz-
Konzept wahrscheinlich nichts für dich. Weder LGPL noch GPL.

Diese Option für Verschärfungen ist kein Nebeneffekt, sondern Konzept!


Gruß,

    Volker

-- 
Volker Grabsch
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