[linux-l] Ungeschützte Mailadressen freier Entwickler (was: GPLv3 erschienen)

Volker Grabsch vog at notjusthosting.com
So Jul 8 19:53:40 CEST 2007


Liebe Gruppe,

Von wem kam eigentlich dieser tolle Spruch über Social-Networks?

    "Privacy is a non-issue"

Der sagt nämlich schon alles. Ich hab das man auf einem Web-Monatag
bei newthinking aufgeschappt, kann aber nirgends eine Quelle finden.


On Sat, Jul 07, 2007 at 04:35:03PM +0200, Steffen Dettmer wrote:
> > > Ich glaube, dass hängt sehr viel mit Freiheit zusammen. Das Problem
> > > ist doch, dass man nur schlecht eine Grenze ziehen kann. Logisch
> > > geht es schlicht um Massenmails, klar, aber wie will man das wem
> > > nachweisen und so weiter?
> > 
> > Nein, das geht IMHO an der Sache vorbei.
>  [...] 
> Du siehst das ja genauso wie ich, warum fängst Du mit "Nein" an?!

Ich meinte, dass es nicht "schlicht um Massenmails" geht, sondern
um unerwünschte Mails geht. Das Problem ist nicht der Fakt, dass
eine Mail an viele rausgeht, sondern dass diese die Mails gar nicht
haben wollen.

> Und warum auch,
> anscheidend gibt es ja Leute, die das so wollen. Ich z.B. lese die
> Amazon-Mails manchmal kurz. Gut, die kriege ich freiwillig, aber das
> kann ein Mailserver ja nicht wissen.

Genau das ist der feine Unterschied. Newsletter und Mailinglisten
per se sind *kein* Spam.

Es geht darum, ob sie sicherstellen, dass nur derjenige die Mails
bekommt, der sie auch haben will. Bei Massenmails ist das besonders
wichtig, daher erwartet man dort i.d.R. einen Confirmed-Opt-In.

Deshalb meine ich, dass deine Argumentation am Problem vorbei geht.
Das Kernproblem ist nicht die Masse, sondern die Unerwünschtheit.

> > > Das gilt fast genauso für Briefkastenwerbung.
> > 
> > Was Spam in dieser Hinsicht besonders macht, ist dass es auch mit
> > extrem geringen Rücklaufraten noch funktioniert. Daher konnte dieses
> > Phänomen im Gegensatz zur Briefpost besonders stark eskalieren.
> 
> Ja, mit anderen Worten: Mail ist zu billig :)

Nein, weil's nicht primär um die Masse geht. Sie lassen das Problem
nur eskalieren, aber man findet es genauso auch in Medien, die was
kosten, nur nicht so stark, z.B. in Briefkasten-Werbung oder Telefonanrufe
(besonders schlimm: automatische Anrufe à la "Sie haben gewonnen!").

Mit anderen Worten: Erhöht man die Kosten, verringert man zwar die
Masse, aber man löst nicht das Problem! Man entschärft es höchstens
ein bisschen, und macht zugleich viele positive Dinge kaputt (z.B. große
Mailinglisten).

Nein, E-Mails sollten nicht teurer werden. Sie sind quasi die "Front".
Wenn man dort das Problem wirksam in den Griff kriegt, hat man ideale
Voraussetzungen, es auch in anderen Bereichen in den Griff zu bekommen.
Die kostenlose Natur der Mails ist nicht Teil des Problems, sondern
lediglich eine besondere Herausforderung.

> > Jeder sollte die Kontrolle darüber haben, in welchem Rahmen seine
> > persönlichen Daten veröffentlich werden. Ein Beispiel: Nur, weil mein
> > Name, Geburtsdatum, Postadresse und Mailadresse in der Abizeitung
> > stehen, will ich die nicht auf der Schul-Homepage sehen!
> 
> Wenn eine Kunstaustellung ein Foto von einem Kunstwerk von Dir zeigt,
> müssen sie doch den Namen mit ranschreiben (Urheberrecht, Recht auf
> Nennung des Urhebers oder wowas war da, weiss nicht genau);

Wenn das Kunstwerk veröffentlicht war, ja. Anderenfalls müssen sie
sich auch erst dafür von mir die Erlaubnis holen, und dann könnte
ich theoretisch auch darauf bestehen, anonym zu bleiben.

Aber hier geht es nicht um das Urheberrecht, sondern um Datenschutz.
Es geht nicht um meine Werke, sondern um meine persönlichen Daten,
wie z.B. Adresse, E-Mail-Adresse und Telefonnummer. Das ist was völlig
anderes.

> dann ist
> doch logisch, dass rpmseek die Urheber auch nennt.

Klar will ich, dass sie meinen Namen nennen. Aber sie müssen nicht
gleich Mailadresse, etc. veröffentlichen.

> > Es ist ein Unterschied, ob die Spamer alle Sourcecode-
> > Pakete erstmal runterladen und entpacken müssen, oder ob ihnen die Info
> > schon vorgekaut werden, durch das Zusammenspiel RPMseek+Suchmaschinen.
> 
> ich weiss nicht... wenn Du die explizit veröffentlichst, also z.B. also
> Opensource-Kontribution, kann man sich doch nicht beschweren, dass sie
> öffentlich ist?

Es ist keine Zuarbeit zu einem anderen Projekt, sondern ein eigenes.
Wenn ich wollte, dass diese Mailadresse weltweit bekannt wird, hätte
ich sie auf die Projekt-Homepage gepackt.

Davon abgesehen: Wenn ein Projekt all seine Autoren und Mithelfer mitsamt
E-Mail-Adresse ungeschützt auf seiner Homepage veröffentlicht, dann
würde ich mir zweimal überlegen, dort was beizusteuern. Man könnte sicher
auf Anonymität bestehen, oder ne Wegwerf-Mailadresse nehmen, aber das
kann nicht im Sinne der Beteiligten sein.

So einen Quatsch macht auch kein größeres Projekt. Genau dafür haben
sie Mailinglisten mit entsprechenden Maßnahmen. (z.B. dass die Liste
moderiert wird, oder dass nur angemeldete Mitglieder in die Liste
schreiben dürfen)

Zumal es übrigens noch ein Unterschied ist (war?), ob man seine
Mailadresse z.B. nur im About-Dialogfeld einer Anwendung zeigt,
oder es auf die Projekt-Homepage packt. "Dank" Google-Codesearch
ist aber auch das nicht mehr gegeben.

Gibt es eigentlich inzwischen eine Erweiterung des "robots.txt"-
Standards für komprimierte Archive? (z.B. dass im Archiv alles bis
auf die AUTHORS.txt und src/AboutDialog.xxx indexiert werden darf)

Niemand kann vermeiden, dass er seine persönlichen Daten im kleineren
Rahmen veröffentlichen muss. Aber ich finde, jeder sollte selbst
bestimmen können, wie weit diese Veröffentlichung geht und im
Zweifelsfall Löschung verlangen dürfen. Auch darum geht es beim
Datenschutz.

Ich stimme dir zu, dass diese Ansprüche nicht technisch durchsetzbar
sind, und dass es ab einem gewissen Grad der Veröffentlichung kein
Zurück mehr gibt, egal wie scharf die Gesetze sind. Aber daraus ziehe
ich nicht den Schluss, dass man Datenmissbrauch zu dulden hat. Nein,
es sollte selbstverständlich sein, dass man mit den persönlichen Daten
anderer Menschen respektvoll umgeht, und dass man dem Datenmissbrauch
wenigstens gewisse Hürden in den Weg legt. Stattdessen werden diese
immer weiter abgebaut.


Gruß,

    Volker

-- 
Volker Grabsch
---<<(())>>---
Administrator
NotJustHosting GbR



Mehr Informationen über die Mailingliste linux-l