[linux-l] GPLv3 erschienen

olafBuddenhagen at gmx.net olafBuddenhagen at gmx.net
Do Jul 12 05:04:13 CEST 2007


Hallo,

On Fri, Jul 06, 2007 at 12:36:07AM +0200, Steffen Dettmer wrote:
> * olafBuddenhagen at gmx.net wrote on Mon, Jul 02, 2007 at 00:36 +0200:

> > > Ich würde vielleicht bei v2 bleiben, weil ich im "digitally
> > > signed" Beispiel nicht mit der GPL einverstanden bin. Ein
> > > Hardwarehersteller (und natürlich auch Besitzer) kann ggf. wählen,
> > > was auf seiner Hardware laufen soll und was nicht. Ich finde doof,
> > > dass der Hersteller sowas verkaufen kann, wenn es nicht sein muss.
> > > Sprich, ich sähe sowas bei WLAN Firmwares ein oder bei
> > > Bezahlsystemsicherheitsmodulen (Bankautomaten), aber nicht
> > > unbedingt bei einem Mobiltelefon.
> > 
> > Wieso ausgerechnet bei einem Mobiltelefon? Und was meinst Du
> > eigentlich: Dass beim Mobiltelefon keine Möglichkeiten der
> > Modifikation vorhanden sein sollten, im Gegensatz zu den anderen
> > Sachen, oder genau das Gegenteil?...
> 
> na ja, weil es Spionage und Lauschgesetze gibt.

Die betreffen das Endgerät nicht. Lauchangriffe finden netzseitig statt;
das interessiert nur den Netzbetreiber.

Freilich gibt es gesetzliche und vertragliche Regelungen die beachtet
werden müssen. Aber die betreffen nur einen kleinen Teil der Software,
nämlich den Radio-Stack. Der Rest -- insbesondere die Bedienoberfläche
-- kann problemlos frei sein. Genau so funktioniert das ja auch beim
OpenMoko.

Bei WLAN ist es übrigens nicht anders. Dort hat Intel ja die
entsprechenden Funktionen bei den neueren Treibern in die Firmware
(zurück-)verlagert, damit der eigentliche Treiber, der auf dem
Hauptprozessor läuft und Teil des Betriebssystems ist, wieder vollkommen
frei sein kann.

Wobei ich ehrlich gesagt eh Zweifel habe an dem Argument mit
gesetzlichen Vorschriften. Bei einem klassischen Kurzwellensender kann
ja auch nicht verhindert werden, dass jemand 'nen Booster dranbaut und
munter Gesetze bricht -- wieso sollte ein in Software implementierter
Radio-Stack diese Möglichkeit zu verhindern suchen? 

> > Es gibt viele Sachen, die ich an der Software meines Mobiltelefons
> > gerne ändern würde; ich finde es äußerst nervig, dass sie nicht frei
> > ist -- mehr sogar als bei einem Großteil der Desktop-Software.
> 
> mmm... gut, ich nutze mein Telefon nur zum Telefonieren, kaum
> Sonderfunktionen daher kann ich hier eh nicht mitreden.

Ich benutze es am meisten zum SMS verschicken, und da ist eine
effiziente Bedienoberfläche schon sehr wichtig. Allein wenn man die
Buchstaben etwas sinnvoller auf die Tasten verteilen würde, könnte man
wahrscheinlich die Zahl der nötigen Tastendrücke halbieren...

Es gibt aber auch einige Grundfunktionen, die ich gerne fixen würde: Zum
Beispiel dass es keinen guten Weg gibt die Display-Beleuchtung auf
einfach Weise ein- und auszuschalten; oder dass die Tastensperre kaum
den Namen verdient.

> > Bankautomaten betrifft diese GPLv3-Klausel übrigens nicht.
> 
> aha, warum nicht?

RTFL -- Read The Fucking License ;-)

Es ist ausdrücklich von "Consumer Devices" die Rede -- ein Bankautomat
fällt da schwerlich darunter.

> Bei dem TV Teil da ist die Hardware ja nicht GPL, also warum soll die
> alles ausführen können. Kann doch jeder seinen Kernel auf SEINER
> Hardware (vmware oder ein ASIC, was weiss ich) ausführen. Ich mein,
> der linux kernel in dem Beispiel ist GPL, gut, daher sind am linux
> kernel die Freiheiten weiterzugeben, klar. Aber die Hardware ist doch
> erstmal aussen vor.

Nein, die Hardware *kann* nicht außen vor sein. Zu den Freiheiten der
GPL gehört, dass der Anwender Kontrolle über die Software hat, die er
einsetzt. Es hilft überhaupt nichts, dass die Lizenz das Ändern der
Software erlaubt, wenn es nicht möglich ist, die ursprüngliche Version
zu ersetzen. GPLv3 macht keinerlei Vorschriften über die Hardware; die
kann proprietär sein bis zum geht nich mehr. Alles was die Lizenz
verlangt, ist dass der Anwender die Software anpassen kann.

Wenn ein Hersteller seine Kunden versklaven will, und die sich das
gefallen lassen, ist das zunächst seine Sache. Aber dann soll er
gefälligst keine freie Software dafür vereinnahmen -- Software, die ich
unter die GPL gestellt habe, damit sie eben *nicht* für proprietäre
Zwecke vereinnahmt werden kann. Das ist das Versprechen der GPL; und es
ist sehr wichtig, dass die neue Version zusätzliche Schritte unternimmt,
um dieses Versprechen tatsächlich einzulösen.

> Der eigentliche Punkt ist ja, dass sich solche Hardware verkaufen
> lässt. Also, eigentlich würde ich das als potentiellen Betrug
> verstehen und daher eigentlich verbieten, wenn ich jetzt ein Staat
> wäre. Weiss nicht, ob das Aufgabe der GPL ist...

Der eigentliche Punkt ist, dass sich proprietäre Software verkaufen
lässt. Sollte der Staat das nicht verbieten? Ist es Aufgabe der GPL?

Freilich sollte der Staat es verbieten. Tut er aber nicht. Also muss
eine Lizenz her, die zumindest die ihr unterstehende Software davor
schützt.

Das ist das Absurde an der Debatte um die GPLv3: Es macht einfach keinen
Sinn, die GPLv2, und damit das Copyleft, zu unterstützen; aber
gleichzeitig die GPLv3 abzulehnen. Sie macht ja nichts anderes; sie ist
nur etwas gründlicher darin, zu verhindern, dass die von den Autoren
gewähren Freiheiten von anderen kassiert werden können -- unter anderem
die Freiheit, die Software, die man benutzt, anpassen zu können.

-Olaf-



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