[linux-l] GPL wirklich strenger als LGPL? (was: GPLv3 erschienen)

Volker Grabsch vog at notjusthosting.com
Fr Jul 13 20:30:34 CEST 2007


On Thu, Jul 12, 2007 at 06:21:36PM +0200, olafBuddenhagen at gmx.net wrote:
> LGPL hat (änhlich wie MPL, CDDL und ein paar andere Lizenzen) ein
> schwaches Copyleft: Den Code selbst kann man nicht proprietär machen,
> aber man kann ihn mit anderem proprietären Code zusammentun.
> 
> GPL hat ein starkes Copyleft: Der Code darf ausschließlich in freinen
> Programmen verwendet werden.

Inzwischen sehe ich den Unterschied gar nicht mehr als so gravierend
an. Ist GPL wirklich stärker als LGPL?

Es geht bei GPL <-> LGPL doch eher um die grundsätzliche Frage, wann der
Aufruf von fremdem Programmcode eine "Nutzung" ist, und ab wann es sich
um ein Derivat handelt. Der fremde Code kann durch einen separaten
Prozess aufgerufen werden, als dynmische Bibliothek oder als statische
Bibliothek. Obwohl dies lediglich technische Unterschiede sind, machen GPL
und LGPL da Unterschiede. Das ist eigentlich absurd.

Grundidee:

Angenommen, es gäbe eine GPL-Bibliothek (nicht LGPL), die ich gern in einem
propritären Projekt nutzen möchte. Dazu schreibe ich zunächst ein Kommando-
zeilentool, das sämtliche Funktionen der Bibliothek zur Verfügung stellt.
Dieses Tool muss natürlich auch GPL sein. Mein propritärer Code linkt dann
nicht gegen die Bibliothek (darf er nicht!), sondern ruft stattdessen das
Kommandozeilentool auf. Fertig! Statt eines Kommandozeilentools könnte das
Tool auch über ein einfaches Protokoll per Pipeline kommunizieren, so
vermeidet man Performance-Probleme. Es könnte auch ein Webservice sein.

Konkretes Beispiel:

Wenn mein propritäres Programm bzip2 unterstützen soll, darf es nicht
die libbzip2 verwenden, denn die ist GPL. Aber libbzip2 brauche ich auch
nicht. Einfach das "bzip2"-Kommandozeilentool aufrufen, und schon kann
man die gesamte Funktionalität der libbzip2 nutzen, ohne die GPL zu
verletzten. Man könnte sogar eine LGPL- oder BSD-lizensierte Library
schreiben, die binärkompatibel zur libbzip2 ist, und intern einfach das
bzip2-Kommandozeilentool aufruft.

Schlussfolgerung:

Wenn ich einen Wrapper schreibe, kann ich damit praktisch jeden GPL-
Code auf eine Weise nutzen, die einem eigentlich nur die LGPL ermöglichen
soll. Die LGPL vereinfacht zwar die Nutzung einer Bibliothek, weil man sie
direkt einlinken kann. Aber sie ermöglicht nichts, was man nicht prinzipiell
auch mit GPL-Code kann!

Kann man daher wirklich sagen, dass die GPL stärker als die LGPL ist?


Gruß,

    Volker

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Volker Grabsch
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