[linux-l] GPL wirklich strenger als LGPL? (was: GPLv3 erschienen)

Olaf Radicke olaf_rad at gmx.de
Fr Jul 13 22:17:02 CEST 2007


Am Freitag, 13. Juli 2007 schrieb Volker Grabsch:
> On Thu, Jul 12, 2007 at 06:21:36PM +0200, olafBuddenhagen at gmx.net wrote:
> > LGPL hat (änhlich wie MPL, CDDL und ein paar andere Lizenzen) ein
> > schwaches Copyleft: Den Code selbst kann man nicht proprietär machen,
> > aber man kann ihn mit anderem proprietären Code zusammentun.
> >
> > GPL hat ein starkes Copyleft: Der Code darf ausschließlich in freinen
> > Programmen verwendet werden.
>
> Inzwischen sehe ich den Unterschied gar nicht mehr als so gravierend
> an. Ist GPL wirklich stärker als LGPL?
>
> Es geht bei GPL <-> LGPL doch eher um die grundsätzliche Frage, wann der
> Aufruf von fremdem Programmcode eine "Nutzung" ist, und ab wann es sich
> um ein Derivat handelt. Der fremde Code kann durch einen separaten
> Prozess aufgerufen werden, als dynmische Bibliothek oder als statische
> Bibliothek. Obwohl dies lediglich technische Unterschiede sind, machen GPL
> und LGPL da Unterschiede. Das ist eigentlich absurd.

Wenn man prozedural denkt und programmiert, mag das noch einigermaßen 
akzeptabel sein. Aber wenn man exzessiv mit Exception- und Event-Handler 
arbeitet sind die Möglichkeiten er beschränkt. Für den Benutzer dürfte die 
Bedienung an Windows 3.11 oder 95 erinnern: "Fehler: Prozess 65257 wurde 
unerwartet beendet" ...Danke für die Info!

Auch mit XML-Web-Service wirst du nicht wirklich weiterkommen... "Fehler: 
Programm reagiert nicht. Jetzt beenden?"


> Grundidee:
>
> Angenommen, es gäbe eine GPL-Bibliothek (nicht LGPL), die ich gern in einem
> propritären Projekt nutzen möchte. Dazu schreibe ich zunächst ein Kommando-
> zeilentool, das sämtliche Funktionen der Bibliothek zur Verfügung stellt.
> Dieses Tool muss natürlich auch GPL sein. 

Na, da freue ich mich als Entwickler ein Kullerkeks! Endlich einen "Dummen" 
gefunden, der selbst die Programmteile für mich ausgiebig testet, die sonst 
99,5% der User nie benutzt. Die Restlichen 0,5% ist zu Hefte zu faul zum 
Bug-Report schreiben und die andere Hefte, ist qualitativ unbrauchbar. Aber 
mit einem qualifizierten Programmierer, lässt sich prima debuggen...

Und dank GPLv3 muss ich kaum noch Angst haben, wegen Patenten verklagt zu 
werden. Seine Mitarbeit ist meine Sicherheit.

> Mein propritärer Code linkt dann 
> nicht gegen die Bibliothek (darf er nicht!), sondern ruft stattdessen das
> Kommandozeilentool auf. Fertig! Statt eines Kommandozeilentools könnte das
> Tool auch über ein einfaches Protokoll per Pipeline kommunizieren, so
> vermeidet man Performance-Probleme. Es könnte auch ein Webservice sein.
>
> Konkretes Beispiel:
>
> Wenn mein propritäres Programm bzip2 unterstützen soll, darf es nicht
> die libbzip2 verwenden, denn die ist GPL. Aber libbzip2 brauche ich auch
> nicht. Einfach das "bzip2"-Kommandozeilentool aufrufen, und schon kann
> man die gesamte Funktionalität der libbzip2 nutzen, ohne die GPL zu
> verletzten. Man könnte sogar eine LGPL- oder BSD-lizensierte Library
> schreiben, die binärkompatibel zur libbzip2 ist, und intern einfach das
> bzip2-Kommandozeilentool aufruft.

Genau das oder ähnliches tut z.B. Konqueror. Probier mal das: Ein Verzeichnis 
mit ca. 3G über Konqueror erst in ein tar.gz umwandeln. Dann verschlüsseln 
mit gpg und dann auf eine externe USB 1.X Festplatte verschieben. Bei mir 
kann ich mir für ca. 30 - 40 Min. ein Balken angucken der immer hin- und her 
wandert. Am Ende heißt es immer "Fehler mit Abbruch" oder er wird nie fertig.

> Schlussfolgerung:
>
> Wenn ich einen Wrapper schreibe, kann ich damit praktisch jeden GPL-
> Code auf eine Weise nutzen, die einem eigentlich nur die LGPL ermöglichen
> soll. Die LGPL vereinfacht zwar die Nutzung einer Bibliothek, weil man sie
> direkt einlinken kann. Aber sie ermöglicht nichts, was man nicht
> prinzipiell auch mit GPL-Code kann!

Schlussfolgerung (aus Sicht des GPL-Autors):

* Ich bekomme mehr Rechtssicherheit
* Die Nutznießer sind auf eine Kooperation mit mir angewiesen.
* Bzw. Sie können nichts tun, was mir nicht auch wieder hilft.

> Kann man daher wirklich sagen, dass die GPL stärker als die LGPL ist?

Es gibt Anwendungsfälle, da ist die GPL kontraproduktiv. Da hat die LGPL die 
Funktion von einen "U-Boot" um den Sack von innen auf zu machen. Da 
verschenke ich gerne ein paar Zeilen Code um einen Markt auf zu brechen. 
Beispiel: CMS-Erweiterungen. 

Gruß

Olaf 





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