[linux-l] Freie Software und Entwicklungsmodelle (was: Re: Freie Software per Gesetz?)

olafBuddenhagen at gmx.net olafBuddenhagen at gmx.net
Do Jul 26 02:55:47 CEST 2007


Hallo,

On Mon, Jul 23, 2007 at 03:05:39AM +0200, Jörg Schmidt wrote:
> olafBuddenhagen at gmx.net schrieb:

> > Nein, ganz im Genteil. "Open Source" ist die Bewegung, die sich auf
> > das Entwicklungsmodell konzentriert; wärend es bei freier Software
> > völlig nebensächlich ist -- hier zählen einzig und allein die
> > Nutzerrechte.
> 
> genau nicht, sondern die Beibehaltung, Vererbung, Viralität der
> Nutzungsrechte - hiermit ist die Entwicklung(!) (eines Codes)
> beschrieben bzw. das diese Entwicklung gesichert in eine bestimmte
> Richtung läuft. OSS würde darauf notfalls verzichten, denn da zählt
> der offene Code, zählt auch als 'isoliertes' Ereignis, ggf. ohne
> Zukunftsgarantie, wenn man z.B. an BSD denkt.

Ich weiß wirklich nicht wie Du darauf kommst. Es ist *exakt* das
gegenteil der Fall. Bei freier Software spielt es überhaupt keine Rolle,
wo das Programm herkommt: Ob die Nutzer sich an der Entwicklung
beteiligen; oder die Software hinter verschlossenen Türen entwickelt
wird, und nur die fertigen Releases mit einer freien Lizenz
veröffentlicht werden, ist völlig egal. Das einzige was zählt, ist dass
die Nutzer an dem Code, wie sie ihn benutzen, die Freiheiten haben --
zum Beispiel ihn anzupassen und weiterzugeben.

Bei "Open Source" hingegen sind die Freiheiten nur Mittel zum Zweck: Sie
sind Voraussetzung für ein Entwicklungsmodell, bei dem die
Öffentlichkeit ständig mit einbezogen wird, was zu besserem Code führen
soll. Dieses offene Entwicklungsmodell ist was bei "Open Source" zählt.

Vielleicht ruehrt die Verwirrung ja von einem anderen Missverstaendnis,
dem Du zu unterliegen scheinst: Auch Copyleft ist im Grunde voellig
unabhaengig von der Unterscheidung zwischen freier Software oder "Open
Source". Es stimmt, dass die GNU-Bewegung stark auf Copyleft setzt -- da
es als ein gutes Mittel gesehen wird, dafuer zu sorgen, dass moeglichst
viele Nutzer die Freiheiten genießen. Aber es ist nichts, wodurch sich
freie Software definiert. (Zumal die meisten "Open Source"-Projekte
ebenfalls Copyleft verwenden, da es halt auch das offene
Entwicklungsmodell foerdert...)

> Ich weiß im Übrigen nicht warum diese Dinge nun so wichtig sind i.S.
> das "Entwicklungsmodell" so provozierend wäre das sich freie Software
> davon abgrenzen müsse.

Es ist einfach falsch, freier Software ein bestimmtes Entwicklungsmodell
zuzuordnen. Es sind verschiedene Modelle moeglich; es spielt keinerlei
Rolle dafuer, ob Software frei ist oder nicht.

> > Es ist wahr, dass der überwiegende Teil der heute verfügbaren freien
> > und "Open Source"-Software von freiwilligen Projekten entwickelt
> > wird, oder zumindest aus solchen entstanden sind.
> 
> Verstehe ich in dem Zusammenhang überhaupt nicht, es ging mir nicht um
> das Adjektiv "freiwillig", ich kenne auch kein
> Softwareentwicklungsprojekt was unter Zwang verliefe.

Aeh... Also nach meinem Verstaendnis gilt Arbeit, die man gegen Entgelt
erledigt, nicht als freiwillig...

Ich verwende es im Zusammenhang mit freien Softwareprojekten generell
als Gegenteil von kommerziell. Kennst Du einen Begriff, der die Lage
besser beschreibt als "freiwillig", aber nicht so sperrig ist wie
"nichkommerziell"?... :-)

Der Punkt war, dass dass was Du bei freier Software als "klassisch"
bezeichnest, eben freiwilige (nichtkommerzielle) Projekte beschreibt.
Aber die Unterscheidung zwischen solchen freiwilligen Projekten und
kommerziellen ist fuer freie Software ebenso irrelevant wie fuer "Open
Source".

> Vielleicht sollte die freie Softwarebewegung nur einmal deutlich
> sagen, das Wurzeln, Wurzeln waren, man aber heute Anderes im Sinn hat
> (falls das so wäre), dann wäre für mich alles verständlich, allerdings
> entsteht dieser Eindruck eher nicht.

Da die freie Softwarebewegung sich niemals durch so ein Modell
defieniert hat, oder Wert auf ein solches gelegt hat, sehe ich auch
keinen Grund, sich davon loszusagen. Du wirst nirgends auf den FSF- oder
GNU-Seiten etwas finden, was andeutet, dass freie Software in
irgendeiner Weise freiwillige Projekte als heiligen Gral sieht. Ganz im
Gegenteil wird an vielen Stellen betont, dass kommerzielle freie
Software wuenschenswert und wichtig ist.

Es handelt sich hierbei um ein Missverstaendnis auf Deiner Seite. Davon
kannst nur Du Dich selbst lossagen...

> > Dass freie Software tendenziell eine bessere Code-Qualität und damit
> > höhere Sicherheit bietet, ist ein sehr willkommener Effekt; aber
> > nicht etwas, wodurch freie Software sich definiert.
> 
> Unbestritten. Aber es ist genauso unbestritten ein Argument mit dem
> freie Software für ihre kommerzielle Verwendung wirbt.

Naja, das kann man nicht wirklich sagen. IIRC wird irgenwo auf den
GNU-Seiten eher nebenher auf etwas verlinkt, was freier Software bessere
Qualitaet zuspricht; an sonsten wird aber durchgehend betont, dass
solche technischen Argumente nur ein netter Nebeneffekt sind. Die freie
Softwarebewegung rund um GNU wirbt ganz eindeutig mit Freiheit.

"Open Source" wurde ja genau deshalb ins Leben gerufen, weil einige
Leute (allen voran Eric Raymond) lieber mit technischen Argumenten
werben wollten als mit Freiheit...

-Olaf-



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