[linux-l] Freie Software und Entwicklungsmodelle

olafBuddenhagen at gmx.net olafBuddenhagen at gmx.net
Di Jul 31 13:09:34 CEST 2007


Hallo,

On Thu, Jul 26, 2007 at 07:16:32PM +0200, Jörg Schmidt wrote:
> olafBuddenhagen at gmx.net schrieb:

> vielleicht ist meine Formulierung nicht so toll, aber sicher gilt
> nicht das Gegenteil, denn Obenstehendes heißt verkürzt: freie Software
> legt Wert darauf das ein Code der einmal frei ist auch bei
> Weiterentwicklung frei bleibt, OSS legt darauf u.U. keinen Wert, es
> reicht der eimalig offene Code, der ggf. später wieder 'closed' werden
> kann.

Genau das ist falsch. Freie Software legt einzig Wert darauf, dass
möglichst viel Software frei ist -- am besten wenn es überhaupt nur
freie Software gibt. Ob ein unfreies Programm von einem freien
abgeleitet ist, oder anders entstanden ist, spielt im Grunde keine
Rolle; Beides ist exakt genauso schlimm. Der Unterschied ist nur, dass
ersteres durch Copyleft verhindert werden kann. Copyleft ist für freie
Software nichts anderes als ein Mittel, dafür zu sorgen, das möglichst
viel Software frei ist.

(Von freier Software abgeleitete proprietäre Varianten sind zudem
gefährlicher, weil sie in direkter Konkurrenz mit den freien stehen, und
unbedarfte Anwender leicht dem Irrtum erliegen könnten, sie wären
ebenbürtig oder gar besser... Aber das ist ein rein praktisches Problem;
für das Verständnis von freier Software ist es völlig unerheblich.)

Dass "Open Source"-Projekte im Allgemeinen weniger Wert darauf legen,
dass der Code offen bleibt, halte ich fuer ein Geruecht. Es gibt eine
Reihe von Projekten, die auf Copyleft verzichten -- aber meistens nur
deshalb, weil sie so von der Entwicklungsmethode ueberzeugt sind; und
meinen, die offene Variante wird irgendwelchen proprietaeren
Abzweigungen eh auf Dauer immer ueberlegen sein. Copyleft wird hier
einfach als ueberfluessig gesehen.

Klar gibt es vereinzelt auch Projekte -- wie das urspruengliche X -- die
tatsaechlich wenig Interesse daran haben, was mit dem Code weiter
passiert; sie sehen sich nur als Technologielieferant, und es ist OK,
wenn die Anwender es in proprietaeren Programmen bekommen. Solche
Projekte werden heutzutage meistens auch zu "Open Source" gezaehlt --
aber sie entsprechen nicht wirklich dem Geiste. Ueberzeugte
Befuehrworter von "Open Source" legen sehr wohl Wert darauf, dass die
Software moeglichst offen bleibt.

> die Freie-Software-Bewegung selbst sagt ihr Copyleft sei stark und das
> der OSS nicht.

Sorry, das ist schlicht Bloedsinn. Das Copyleft der GPL ist tatsächlich
staerker als jenes vieler anderer Lizenzen -- das hat aber nicht das
Geringste mit freier Software oder "Open Source" zu tun. Die meisten
"Open Source"-Projekte benutzen die GPL. Und mit LGPL hat das
GNU-Projekt selbst eine Lizenz mit schwachem Copyleft.

> > Kennst Du einen Begriff, der die Lage besser beschreibt als
> > "freiwillig", aber nicht so sperrig ist wie "nichkommerziell"?...
> > :-)
> 
> "ehrenamtlich" oder "unentgeldlich"

Ein unentgeltliches freie-Software-Projekt? Nee, das passt nicht...
Unentgeltlich kann Arbeit an einem Projekt sein; aber fuer ein Projekt
insgesammt macht es IMHO keinen Sinn.

> > Der Punkt war, dass dass was Du bei freier Software als "klassisch"
> > bezeichnest, eben freiwilige (nichtkommerzielle) Projekte
> > beschreibt.
> 
> Ich sprach von der Personalunion von Entwickler und Nutzer,
> Unterscheidungen kommerziell/nichtkommerziell habe ich dabei nicht
> gemacht.

Naja, ein Teil Deiner Ausfuehrungen hat ganz klar typische freiwillige
Projekte beschrieben; es hat den Eindruck erweckt, dass Du solche als
Masz der Dinge siehst...

Freilich sind Personalunion und freiwillig vs. kommerziell zwei
verschiedene Dinge, obwohl oft Beides miteinander einhergeht. Aber
selbst wenn man die Frage nach Personalunion voellig losgeloest
betrachtet, aendert sich nicht wirklich etwas an der Schlussfolgerung:
Personalunion ist fuer freie Software ebenso unerheblich wie
Freiwilligkeit.

> Ich habe behauptet das ich (und einige Andere, ich nannte dafür
> Quellen) bei Betrachtung von außen erkennen das früher (="klassisch")
> das was ich 'Personalunion' nenne stärker ausgeprägt war als heute.

Freilich. Ich denke nicht, dass das irgendwer anzweifelt.

Der Streitpunkt war, dass Du den frueheren Zustand irgendwie mit freier
Software in Verbindung bringst, als Kontrast zu "Open Source" als
neueren Ansatz -- was voelliger Quatsch ist.

> Das heißt doch aber nicht (und auch das hatte ich im Thread schon
> klargestellt) das diese Geschehnisse so geplant waren, i.d.S. das sie
> von der freien Software Bewegung beabsichtigt gewesen wären, es
> besteht also keine Notwendigkeit sich von etwas loszusagen.

*Du* hast doch davon gefaselt, die freie Software-Bewegung sollte sich
von irgendwelchen Wurzeln lossagen...

> Qualität ist aber ein weiteres Argument, was zwar hinter der Freiheit
> steht (stehen mag), wo ich mir allerdings nicht erzählen lasse es
> steht soweit hinter der Freiheit das es in relativer
> Bedeutungslosigkeit versinke

Tut es aber. Ich finde die GNU/FSF-Seiten lassen keinen Zweifel daran.
Es wird *nirgends* gesagt, man sollte freie Software verwenden, weil sie
tendeziell sicherer ist oder sowas. Die Freiheit (sammt allem was damit
einhergeht) ist das *einzige* Argument. Es wird sogar ausdruecklich
betont, dass es das einzige ist.

-Olaf-



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