[linux-l] Patentkonferenz FFII Aktion Berlin

Volker Grabsch vog at notjusthosting.com
So Mär 18 12:39:11 CET 2007


On Sat, Mar 17, 2007 at 10:40:02PM +0100, Oliver Bandel wrote:
> On Sat, Mar 17, 2007 at 05:26:36PM +0100, Volker Grabsch wrote:
> > On Sat, Mar 17, 2007 at 01:02:56PM +0100, Oliver Bandel wrote:
> > > Innovation bedeutet: Kreativität in dei Praxis umsetzen. Und Kreativität
> > > braucht neben der vorbereitenden Mühsal/Training ganz gewiss auch Freiheit.
> > 
> > ... aber auch Sicherheit.
> 
> ich rede von kreativität und was soll da die Sicherheit?
> Was meinst Du?

Ich meine die Sicherheit, dass einem niemand bei der Umsetzung
dazwischen funkt. Dass sich der Forschungs-Aufwand auch lohnt.
Ansonsten wird es zwar weiterhin viele gute Ideen geben, aber
niemand wäre bereit, jahrelang intensiv daran zu forschen, um
aus dieser vaguen Idee etwas Nutzbringendes zu entwickeln.

Hast du noch nie mit ganz normalen "klein- und mittelständischen"
Erfindern zu tun gehabt?

Ja, noch schlimmer: Diejenigen, die etwas umsetzen, würden sehr
viel Kraft und Energie darauf verschwenden müssen, die Funktions-
weise ihrer Geräte geheim zu halten. Genau diese Geheimniskrämerei
war doch die Motivation für das Patentsystem und hat damals einen
ordentlichen Aufschwung verursacht: Der Entwickler erhält ein kleines
Monopol im Gegenzug dafür, dass er seine Ideen veröffentlicht.
Vergiss nicht: In die "normalen" Patente kann jeder reinschauen.
Wenn ein Patent abgelaufen ist, kann jeder anhand des Patentes
versuchen, das Zeug selbst zu entwickeln. Gäbe es eine Geheimnis-
krämerei-Kultur, würde diese Entwicklung der Allgemeinheit auf ewig
vorenthalten werden, wenn der ursprüngliche Entwickler/Vertreiber
kein Interesse mehr daran hat.

Die 20 Jahre damals waren übrigens eine relativ kurze Zeit. Bezogen
auf heutige Verhältnisse könnte man diese Zeit sicherlich verkürzen.
Man müsste dies aber branchenspezifisch machen.

In der Softwarebranche sind die Verhältnisse freilich anders. Dort
sind Forschung und Umsetzung quasi ein und die selbe Sache. Es gibt
zwar Entwicklungskosten, aber keine echten Produktionskosten, d.h.
man kann seine Entwicklung direkt auf den Markt werfen. Das hast
du bei überwiegend materiellen Entwicklungen eben nicht.

> > > Und Patente schränken letztere ein.
> > 
> > ... aber geben i.A. mehr Sicherheit.
> 
> Welche Sicherheit?
> Daß das Produkt eh nicht gebaut wird? :->

Wer sein Patent an eine große Firma verkauft, die es nicht produzieren
will, ist selbst schuld. Immerhin steht es jedem frei, an die Firma
gewisse Forderungen zu stellen, oder es selbst mit der Produktion zu
versuchen.

> Wenn es für Patente (allgemeine, SWPAT ist eh kompletter Unsinn)
> eine *Umsetzungspflicht* gäbe,
> sie ansonsten innerhalb von (z.B.) zwei Jahren verfallen würden,
> dann hätte man zumindest eine Innovations-Blockade verhindert.

Das ist z.B. ein sinnvoller Vorschlag. Jedoch vergisst du dabei die
Tatsache, dass Patente auch "Zwischenergebnisse" sichern können, die
erst noch einige Jahre Forschung benötigen, bis daraus ein Produkt
wird. Das gilt insbesondere für die Pharma-Industrie, die vernünftiger-
weise entsprechende staatliche Auflagen und Tests zu erfüllen hat.

> Welche Patente sind denn Deiner Meinung nach sinnvoll?

Alle, bei deinen es einen Entwicklungs- *und* Produktionsaufwand
gibt, und die für die Allgemeinheit von Interesse sind.

> > So hart würde das ich nicht sagen. Im technischen Bereich haben sich
> > Patente recht gut bewährt. Ich kenne keinen Erfinder, der über das
> > Patentsystem flucht. Im Gegenteil, sie sind stolz auf diejenigen ihrer
> > Erfindungen, die es sogar zu einem Patent gebracht haben.
> 
> Vielleicht gäbe es ja auch andere Belohnungssysteme, um den Erfindern
> Anerkennung zukommen zu lassen, als über Patente?!

Bei klassischen Erfindungen: Glaub ich nicht.

> > Ich stimme aber zu, dass der Verlust der Freiheit, etwas nachbauen zu
> > dürfen, in der Softwarebranche ebenfalls ein harter Schlag wäre. Nur
> > ist das IMHO sogar das kleinere Problem ... leider.
> 
> Was ist das kleiner und was das größere Problem?
> Kann gerade nicht folgen, welche zwei Du als kleines und großes
> bezeichnest.

Das kleine Problem wäre der Verlust der Freiheit, etwas existierendes
aus eigener Kraft in 100% Eigenentwicklung nochmal nachbauen zu dürfen.
(besser gesagt: nachentwickeln)

Das große Problem wäre der Verlust der Sicherheit, dass sich die eigene
Entwicklung auch auszahlt, weil man an jeder Ecke Angst haben müsste,
irgendein dummes Patent zu verletzen.

Tja, was in der klassische Industrie zu *mehr* Investitions-Sicherheit
führt, erreicht in der Software-Industrie das genaue Gegenteil. Ist aber
auch kein Wunder, deshalb hat sich bei Software ja auch stattdessen das
Urheberrecht als Investitionsschutz eingebürgert und bewährt.

> > > Es gibt so viele Patente, die in den Schubladen der Firmen schlummern
> > > (nicht kaputtbare Glühbirnen zum Beipiel hat Psram auch schon seit Jahrzehnten,
> > 
> > Seit Jahrzehnten? Bist du sicher, dass du richtig informiert bist? Dann
> > wäre das Patent nämlich schon lange abgelauten.
> 
> Das eine oder andere ist dann wohl auch schon abgelaufen (ach deswegen
> findet man nun überall sie Dtromsparlampen ;-));

Erkundige dich bitte mal zum Patentwesen. Ich habe den "Luxus" gehabt,
dass das bei mir in der Schule schon behandelt wurde. War sehr
interessant. Es ging da wirklich um "klassische" Erfinder, kleine wie
große. Um Software ging es da nicht, aber damals stand das in
Deutschland bzw. Europa auch noch nicht zur Debatte.

> andererseits
> in USA lassen sich diese Rechte beinahe unbegrenzt verlängern.

Ach so? Das ist mir neu.


Viele Grüße,

    Volker

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Volker Grabsch
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