[linux-l] Demokratie und Fertiggerichte/OT
Norm@nSteinbach
norm at nsteinbach.de
Di Mai 22 02:53:46 CEST 2007
Hi Peter,
Peter Ross wrote:
> [ "Strassenfeger" ]
>> aber: Bei einer Auflage von z.Zt. etwa 25.000 Stück und auch durch den
>> unüblichen Vertriebsweg, welcher einen gewissen Prozentsatz beim "Leser"
>> ankommender Zeitungen, die jedoch nie gelesen werden sondern gleich im
>> Müll landen garantiert, kann man froh sein wenn 10.000 Leute die
>> Informationen darin überhaupt lesen, was in einer Stadt von 3 oder 4
>> Millionen (weiß grade nicht, wieviele EW Berlin hat, mehr aber
>> keinesfalls, wahrscheinlich eher weniger) Leuten nicht gerade viel ist:
>> Nur ein Tropfen auf den Heißen Stein
> Wie bekommst Du 10 000 Leute dazu, Deinen Rant unter
> http://schiessmichtot/irgendwo_im_web zu lesen?
Es geht nicht darum, die Leute meinen (oder irgend jemand anderes)
"Rant" lesen zu lassen, sondern darum, dass in jedem Fall, wo unter der
angegebenen URL wirkliche "Knaller-Informationen", also alles was den
ein oder anderen größeren Skandal bedeuten oder sogar einige gewichtige
Köpfe rollen lassen könnte, diese URL plötzlich ganz schnell unter
100.000enden oder Millionen bekannt wird - was bei Flugblättern schlicht
unmöglich ist, ohne die Unterstützung des Mediums Internet.
>> - ebenso wie jede möglicherweise
>> durchführbare Flugblattaktion, oder auch Demonstrationen für/gegen was
>> auch immer, welche in den Massenmedien keine Erwähnung finden.
> Eine Demo, die nur ueber o.g. URL angekuendigt wird, wird ziemlich wenig
> Leute haben.
Klar. Sorry, das sagen zu müssen, aber: Die hier vor einigen Monaten
angekündigte Demo gegen Softwarepatente war ein sehr plakatives Beispiel
hierfür.
> Die Demo hier in Melbourne, vor ein paar Wochen, gegen Howards
> "WorkChoices" ("flexiblere", im Sinne von unternehmensfreundlicher und
> gewerkschaftsfeindlicher, Arbeitsgesetzgebung) habe ich am Tag vor der
> Demo im Netz nicht einmal mit genauen Daten gefunden (ich wollte wissen,
> wann's losgeht, bin dann nochmal auf die Strasse, das Plakat durchlesen)
Das geht auch nur an Orten, wo solche Plakatierungen möglich und erlaubt
sind.
> Die Flyer und Plakate haben mehr als 50 000 Leute ins MCG gebracht!
Auf einmal? Von so vielen Leuten auf einer einzigen Demo habe ich in
Deutschland noch niemals mitbekommen! Wenn's eine einstellige
Tausender-Zahl war, dann war es schon viel...
> So nebenbei: ich bekomme immer wieder zu hoeren, selbst von Deutschen, die
> hier sind, dass Aussies sich nicht fuer Politik interessieren und traege
> wie Kuehe sind. Ich habe hier in den fuenf Jahren in Melblourne 200 000
> Leute gegen den Irak-Krieg und zweimal groessere Massen (das erste Mal
> ca. 100 000) gegen Work Choices demonstrieren sehen.
> Ich kann was uebersehen, aber meines Wissens bringt in Dtl. derzeit
> lediglich Fussball vergleichbare Massen auf die Beine..
Ja, hier hast Du vollkommen Recht, und wenn 100.000 oder 200.000
Hartz-IV-Empfänger z.B. den Reichstag stürmen würden, sähen die
Re-GIERenden auch vollkommen alt aus. Daher meine These: Dies ist auf
die deutsche Mentalität zurückzuführen, während in anderen Staaten der
berühmt-berüchtigte "Status Quo" (gleichbedeutend mit: die materiellen
Gewinner des jeweiligen Systems bleiben dabei, zu gewinnen während alle
die darunter Leid zu erfahren haben in ihrer Position verbleiben) mit
anderen Mechanismen erhalten bleibt. Wenn Du z.B. bei Euch keine Infos
zu der bei Euch stattfindenden Demo gefunden hast, während hier in Dtl.
ein Demo-Plakat ohne Web-Adresse schon fast undenkbar wäre (Und selbst
wenn auf der angegebenen Adresse nur eine poplige HTML-Datei mit ein
paar Links zu Indymedia und anderen Seiten, vielleicht noch einem
Orga-Forum, aber ohne eigenen Content zu finden ist), dann denke ich,
dass die Mechanismen der Machterhaltung seitens der Mächtigen sich bei
Euch schon stark von den unsrigen unterscheiden. Sagt natürlich nichts
darüber aus, ob es nicht letztenendes dieselben Mächtigen sind, die das
alles in den Händen halten, aber zumindest sieht es nach etwas anderem
aus, und: es funktioniert anders!
<Pseudo-VT> Anscheinend gibt es irgendwo jemanden, der die Mentalität
der Bevölkerung in den einzelnen Staaten genau aufgezeichnet (sowas ist
auch nicht sonderlich komplexer als ein beliebiger Programmablauf!!),
und zum jeweiligen Staat passend die exakten Mechanismen der möglichst
perfektionierten (Gedanken)Kontrolle entwickelt hat </>
Interessant ist z.B. auch, dass in AU das Zusammenkommen von 50.000 oder
100.000 Demonstranten nichts allzu besonderes zu sein scheint, und schon
garnicht die Chance hat, etwas an den Umständen zu ändern. Wenn hier in
Dtl. soviele Leute sich versammelten, um für oder gegen ein und dieselbe
Sache freidvoll zu demonstrieren, so wäre ihnen ein Erfolg praktisch
sicher - oder wann hast Du zum letzten mal von solchen
Massendemonstrationen hierzulande gehört? Wie viele Demonstranten waren
es, die die Mauer '89 zu Fall gebracht haben (Ich meine nicht insgesamt,
sondern pro Stadt)? Was war die höchste Anzahl an Demonstranten auf
einer Demo in Dtl. seit 2000, und aus welchem Grund war diese Demo?
Solange hier in Dtl. die Möglichkeit besteht, sich abends vor der Glotze
mit ner Pulle Schnaps wegzuhauen, kommen die Leute nicht auf die Füße um
was zu ändern. Das ist auch nicht in jedem Land so. Vielleicht ist meine
Pseudo-VT doch garnicht so sehr VT und noch weniger Pseudo? ...nur ein
Gedanke...
Viele Grüße,
Norm at n
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