[linux-l] GNUCash

Volker Grabsch vog at notjusthosting.com
So Okt 28 13:09:56 CET 2007


On Sun, Oct 28, 2007 at 10:18:13AM +0100, Olaf Radicke wrote:
> Seit ein-zwei Wochen versuche ich mir ein Überblick zu verschaffen. Von 
> Buchhaltung habe ich NULL Ahnung (Ich werde mir in der nächsten Zeit was an 
> lesen darüber). 

Eine kurze Warnung vorweg: Versuche alles im "GnuCash"-Stil zu sehen,
also als Hierarchie von Konten.

Die Begriffswelt der Buchhaltung ist historisch gewachsen, und da gibt
es eine grauenvolle Vielzahl von Begriffen, die letztendlich nichts
weiter als Synonyme für "Konto" oder "Konto mit umgedrehten Vorzeichen"
sind. Gibt man den einzelnen Belegen sinnvolle Vorzeichen, kann man
zudem sämtliche Buchhalter-Formeln zusammenfassen zu: "Die Gesamt-Summe
über alle Konten/Belege ist 0."

Genau auf dieser Beobachtung fußt das sehr erfolgreiche und flexible
Design von GnuCash.

Hat man das erstmal verstanden, kann es sinnvoll sein, eine eigene
(spezialisierte) Buchhaltung zu entwickeln, die z.B. nahtlos in den
Rest des Software-Systems eingebunden ist. Natürlich nur da, wo's
sinnvoll ist.

> Hat hier jemand Erfahrung mit GnuCash in der "freien Wildbahn"?

Ja. :-)

> Kann man damit 
> die Buchhaltung eines Gemeinnützigen Verein machen, den Jahresabschluss und 
> das Zeug den Finanzamt vorlegen.

Nicht ganz. Denn seit letztem oder vorletztem Jahr hat das Finanzamt extra
Formulare für die Jahres-Abrechnungen. Man muss dann seine eigenen Zahlen
irgendwie in dieses Formular pressen.

Es bietet sich daher an, seine Konten so zu strukturieren, dass sie
ungefähr den Formularfeldern der Formulare entsprechen.

(Frei übersetzt ins Buchhalterdeutsch: "Das Finanzamt gibt neuerdings die
grobe Struktur der Kontenrahmen verbindlich vor.")

Das selbe gilt übrigens auch für kleinere Firmen, deren Gewinnermittlung
heutzutage ebenfalls auf vorgefertigten Formularen stattzufinden hat.
Leider kann GnuCash nicht wirklich gut mit Umsatzsteuern umgehen (oder
ich hab noch nicht herausgefunden, wie). Hier lohnt sich also erst recht
eine kleine selbstgestrickte Buchhaltung, 

> Oder muss die Software irgendwie geprüft sein?

Nein, soweit ich weiß, nicht.

> Rein theoretisch könnte ich meine Buchführung doch immer noch per Hand 
> und Stift machen.

Völlig korrekt.

Aber es gibt sowas wie Grundlagen der ordnungsgemäßen Buchführung. Das
bezieht sich aber mehr auf die Arbeitsweise als auf die Software / das
Rechnen an sich. Zum Beispiel, dass es für alles einen Beleg geben muss,
dass man nicht nachträglich irgendwas in die "Vergangenheit" hinein ein-
trägt (sondern stattdessen Korrektur-Belege einfügt), etc.

Diese Dinge können teilweise auch von der Software erzwungen werden, was
jedoch nicht darin ausarten sollte, dass man einen Tippfehler von vor
5 Minuten nur noch durch einen Korrekturbeleg wieder gerade biegen kann.
;-)

Mit GnuCash und einem BWLer im Team bist du aber gut aufgehoben.

> Also müsste ich das Zeug doch als Abschuss ausdrucken 
> können und mit den Belegen zusammen, dem Finanzamt vor die Füße werfen 
> können. Oder habe ich ein Denkfehler?

Du musst zusätzlich noch ein paar Formulare ausfüllen, in denen du
gewisse Gesamtsummen aus deinem Buchungs-Abschluss nochmals einträgst
(das suchen die sich nicht selbst heraus).

Aber ansonsten: Ja, so kannst du das machen.

> Ich weiß das ein Verein der nur wenig Umsatz hat, keine doppelte Buchführung 
> machen muss und ein Kassenbuch reichen würde.

Doppelte Buchführung ist nichts Schlimmes. Genaugenommen hat schon dann
doppelte Buchführung, wenn ein Teil übers Girokonto und ein Teil über
Bargeld abgewickelt wird. Dort mit irgendwelchen Tricks Ordnung zu
halten ist schwieriger (und fehleranfälliger), als gleich ne ordentliche
doppelte Buchführung zu machen.

Doppelte Buchführung heißt ja nur, dass es für jede Zahlung ein Quell-
und ein Ziel-Konto gibt. Es heißt nicht, dass man jeden Beleg doppelt
eingeben muss. Einige besonders dumme Buchhaltungs-Programme zwingen
einen zwar dazu, daher hat die doppelte Buchführung vielleicht ihren
Ruf bekommen, "umständlich" zu sein. Aber intelligente Software wie z.B.
GnuCash verlangt das natürlich nicht.

(Außerdem: Wenn du GnuCash benutzt, machst du sowieso automatisch
doppelte Buchführung)

> Da Fundraising aber in diesem 
> Fall sehr wichtig ist brauchen wir die Möglichkeiten des Controling (wenn der 
> Laden nicht im Chaos versinken will).

Der Wunsch, die Übersicht zu behalten, ist die beste Motivation zur
ordentlichen Buchführung. Wer seine Buchführung nur wegen dem Finanzamt
macht, macht es nur halbherzig und beraubt sich einer wunderbar
einfachen Kontrollmöglichkeit seines Schaffens.


Gruß,

    Volker

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Volker Grabsch
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