[linux-l] OpenSource-Kommerz

olafBuddenhagen at gmx.net olafBuddenhagen at gmx.net
Mo Apr 21 12:57:07 CEST 2008


Hallo,

On Sat, Apr 19, 2008 at 08:18:55PM +0200, Thomas Schmidt wrote:

> Das Projekt ist nichts Besonderes: Ein paar Firmen wollen eine
> besondere Online-Bildergalerie haben, die es so noch nicht gibt.

Ist das jetzt ein abstraktes Beispiel, oder geht es hier um einen ganz
konkreten Fall? Kann mir irgendwie kaum vorstellen, dass man mit
Bildergallerie-Software tatsaechlich Gewinn machen kann, ganz gleich
welches Geschafts- und Lizenzmodell...

> Ich brauche definitiv zehn Firmen, die den Wert des Programmes
> bezahlen, damit es sich für mich lohnt.

Das haengt immer davon ab, wieviel sie bezahlen... Wenn ihnen wirklich
viel daran liegt, koennte auch eine einzige reichen :-)

> Die Frage lautet: Wie lässt sich daraus ein OpenSource-Modell
> schaffen? Für mich wird die Arbeit wesentlich höher, ich muss besser
> dokumentieren, mehr testen, an mehr Diskussionen teilnehmen.

Diese Annahme finde ich erstaunlich -- im Allgemeinen geht man vom
Gegenteil aus... Man erhaelt Unterstuetzung beim Testen, vereinzelt auch
beim Berichtigen von Fehlern oder gar bei der Weiterentwicklung; und man
kann teilweise auf vorhandenen Code zurueckgreifen.

> Wie kann ich das vermarkten und daraus Gewinn schlagen?

Nun, der Fehler den die meisten machen, wenn es um Geschaeftsmodelle mit
freier Software geht, ist sich zu sehr auf Produkte zu fixieren... Wenn
man fuer die Benutzung der Software keine individuelle Lizenz braucht,
also kein Produkt "erwerben" muss, tritt das Produkt in den Hintergrund.
Freie Software ist vielmehr als Dienstleistung zu betrachten.

Wenn es sich um Software handelt, die Du speziell fuer eine Gruppe
interessierter Kunden nach deren Wuenschen entwickelst (wie es in Deinem
Beispiel der Fall zu sein scheint), ist die Sache ziemlich naheliegend:
Im Grunde ist es dann ja eine Auftragsentwicklung fuer diese Kunden. Sie
sind dann natuerlich bereit, dafuer zu bezahlen, denn an sonsten gibt es
die Software halt nicht...

Wenn Du dagegen versuchst, mit einem fertigen Produkt auf den Markt zu
gehen und neue Kunden zu finden, wird es sehr viel schwieriger. Da die
Software ja bereits unter einer freien Lizenz verfuegbar ist, wird
niemand fuer die bereits erfolgte Entwicklung bezahlen... Sondern nur
fuer spezielle Anpassungen und Weiterentwicklungen. Du musst den Kunden
individuelle Loesungen anbieten, die man nicht fertig herunterladen
kann, sondern die tatsaechliche Arbeit erfordern -- Arbeit, fuer die Du
dann bezahlt wirst. Die eigentliche Softwareentwicklung laeuft dann
sozusagen nebenher, im Auftrag bestimmter Kunden, nicht als Selbstzweck.

Einen Teil der Entwicklung -- gerade was die Grundfunktionalitaet angeht
-- kann man natuerlich als Investition betrachten, um ueberhaupt erst
Bedarf fuer Deine Dienstleistungen zu schaffen. Aber es ist eben
wichtig, sich nicht zu sehr darauf zu fixieren.

Wenn man sich so umschaut, werden einige der bekanntesten Projekte zwar
tatsaechlich gewoehnlich als Produkte vermarktet (MySQL,
OpenOffice/StarOffice, Qt, Xen, ...) -- aber diese benutzen fast
ausnahmslos Dual-Licensing. Dabei handelt es sich nicht wirklich um ein
Geschaeftsmodell mit freier Software: Die freien Versionen dienen im
Grunde nur als Einstiegsdroge; die tatsaechlichen Umsaetze werden fast
ausschlieszlich ganz "klassisch" mit Individuallizenzen fuer die
proprietaeren Versionen gemacht.

An sonsten sind teilweise sehr spezielle Modelle bei bestimmten
Gegebenheiten moeglich. Ein ganz interessantes Beispiel ist hier
Firefox: Fast die gesammten, nicht gerade unerheblichen Einnahmen der
Mozilla Foundation (ueber 60 Millionen letztes Jahr) kommen von Google
-- als Provision fuer die Suchanfragen, die ueber die Suchbox gemacht
werden...

> Wenn ich das Projekt unter GPL stelle und um Spenden bitte, können die
> Anwender die Spende nicht von der Steuer absetzen, oder?

Naja, je nach dem wie Du die Spende verwenden moechtest: Du koenntest
einen gemeinnuetzigen Verein gruenden, der sich um die Weiterentwicklung
der Software kuemmert...

-Olaf-



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