[linux-l] Ein Maerchen
Peter Ross
Peter.Ross at alumni.tu-berlin.de
Sa Okt 11 07:31:01 CEST 2008
Ein Märchen
Vor einem Jahr fand Peterchen die Idee, bei einer bekannten Firma
Treibhäuser zu bauen, ganz interessant. Und am Anfang lief es auch ganz
gut, er half mit, ein neues Modell auf den Markt zu bringen. Es war
vielleicht nicht das allerschickste, aber solide gebaut, mit Hilfe von
Designern, die beim Entwickeln einiges lernten. Das Resultat war passabel
und Peterchen war es zufrieden.
Er sah aber schon dunkle Wolken aufziehen. Einer der Chefs hatte einen
Vertreter hineingelassen, der Lampen verkaufte. Nun muß man wissen, daß
vieles von diesen Lampen abhing, die besonders in den dunklen Wintern den
zarten Pflänzchen zusätzliches Licht geben, damit sie wachsen und
gedeihen.
Dieser Vertreter hatte sich in das Ohr des Chefs hineingeschlichen. Die
neuen Lampen seien unheimlich toll, würden länger aushalten und weniger
kosten. Sie seien auch überall schon im Einsatz, in allen Glaspalästen der
Stadt.
Dies erzählte der Chef all den anderen Chefs um ihn herum, und derer gab
es hier viele, und so beschlossen sie, diese Lampen einzukaufen. Zum
Anfang bräuchte es ein bißchen Anleitung, sie wären halt anders als die
anderen. Praktischerweise hatte der Vertreter gleich ein paar Berater
dabei, die dabei aushelfen würden, für ein gewißes Entgelt, versteht sich.
So gingen sie mit dem Beschluß zu den Monteuren. Diese schüttelten den
Kopf, sahen sie doch, daß diese Lampen vielleicht gute Lampen für
gewöhnliche Häuser waren, nur gaben sie nicht das richtige Licht, um die
Pflanzen wachsen zu lassen.
Der Gruppenleiter sah das auch. Nur wollte er gern selbst mal großer Chef
werden, drum sagte er lieber nichts. Man muß es sich ja nicht mit den
Mächtigen verscherzen.
Nun trug es sich zu, daß das Geschäft verkauft wurde, an hohe Herren auf
der anderen Seite der Erde. Die schickten ihren Gesandten, der das neue
Modell zur Chefsache erklärte, das mußte gelingen, um den hohen Herren zu
gefallen.
Die Chefs erzählten ihm von den tollen neuen Lampen und er sah, daß es gut
war. So wurden die neuen Lampen Chefsache, das mußte was werden, wie er
auch den hohen Herren in der Ferne versicherte.
Peterchen hatte diese Lampen schon benutzt, er hatte zuvor Häuser gebaut.
Er fand sie nicht besonders schlecht, nur nicht das Richtige, um es grünen
zu lassen.
Aber wer sollte ihm glauben, schließlich waren die Berater da, die die
Lampen brachten und anwandten, und in ihren schicken Anzügen sahen sie
sehr bedeutend aus. Und soviel Geld, wie sie bekamen, waren sie sicher
wert.
Die ersten Monate gingen ins Land. Die Berater hatten Probleme hier und
da, so richtig wuchs nichts, aber es würde schon werden, beruhigten sie
die Chefs. Die Designer waren einfach nur nicht geschickt genug, um sie
richtig anzubringen. So wurden weitere Designer geholt, die viel Geld
kosteten, die sollten es richten.
So richtig geschickt waren sie nicht, das mußte man zugeben, drum konnte
man nicht so recht sehen, ob die Lampen was taugten. Die Designer
schimpften manchmal auf sie, und auf das falsche Licht, aber so
ungeschickt wie sie waren, lag es sicher eher an ihnen.
Langsam wollte der Gesandte der hohen Herren etwas sehen, er wurde
ungeduldig. Die Designer standen unter Druck, und langsam sah das neue
Treibhaus besser aus. Nur wollte nichts wachsen.
Peterchen hätte gern die neuen Lampen getestet, zum Beispiel in dem alten
Modell, welches ja funktionierte. Aber davon hielten die Chefs nichts, das
wär nur Zeitverschwendung. Die vielen schicken Häuser in der Stadt zeigten
doch, wie gut die Lampen seien.
Da standen sie da, mit dem neuen Haus, und keiner wußte so recht, warum es
darin nicht grünen wollte.
Das sah auch der Tester, und er fand die Lampen merkwürdig. Er fragte
nach, ob sie mal die alten Lampen nehmen könnten, um zu sehen, wo das
Problem zu finden sei. Peterchen zeigte auf das Regal mit den alten Lampen
und sagte, die könne man in fünf Minuten hereinschrauben, und es könnte
getestet werden.
Die Chefs guckten sich betreten an. Was war nur los? Sie waren doch so
sicher, daß die Lampen schick und schön seien. Sie guckten auf den
Gruppenleiter, und der wollte seine Chefs nun wirklich nicht verärgern. So
sagte er, unmöglich, das könne man nicht testen, das Wechseln der Lampen
sei schwierig und vergeude viel Zeit, die man eh nicht mehr hätte.
Peterchen stand dabei und bekam den Mund nicht mehr zu. So ein Unsinn!
Doch das zu sagen stand ihm nicht zu, Chefs sind schließlich Autoritäten.
So wurde er gerüffelt und sah zu, wie nichts wuchs. Und die Designer und
die Tester schüttelten die Köpfe. Aber sie sagten nichts mehr, soviel
Unverfrorenheit waren sie nicht gewohnt.
Die Chefs warteten weiter auf das erste Pflänzchen, das in ihrem schicken
Treibhaus wachsen würde.
Und wenn sie nicht gestorben sind, so warten sie noch heute.
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