[linux-l] OpenSource -Strategien

Volker Grabsch vog at notjusthosting.com
Do Dez 2 04:05:59 CET 2010


Andreas Röhler <andreas.roehler at online.de> schrieb:
> Die GPL sagt:
> 
> 3. Schutz von Anwenderrechten vor Umgehungsverbotgesetzen
> 
> "Kein betroffenes Werk darf als Teil eines wirksamen technischen
> Mechanismus' unter jedwedem anwendbarem Recht betrachtet werden,
> das die Auflagen von Artikel 11 des am 20. Dezember 1996
> verabschiedeten WIPO-Urheberrechtsvertrags oder unter
> vergleichbaren Gesetzen, die die Umgehung derartiger Mechanismen
> verbietet oder einschränkt."
> 
> Das ist mal schon nicht ganz so einfach zu verstehen.
> [...]
> Nach meinem Verständnis ist damit bereits die Nutzung zu bestimmten 
> Zwecken untersagt, keineswegs nur die Weitergabe.

Naja, so kompliziert ist das nun auch wieder nicht. Es bedeutet,
dass die Software einen bestimmten rechtlichen Status _nicht_
hat. Das ist alles. Wo du da eine Nutzungsbeschränkung siehst,
ist mir absolut schleierhaft, es taucht ja nicht einmal die
Silbe "nutz" irgendwo auf.

Du hast leider den direkt nachfolgenden Absatz ausgelassen. Der
ist viel leichter verständlich, und stellt das ganze nochmal klar:

"Wenn Sie ein betroffenes Werk übertragen, verzichten Sie auf
 jedes Recht, die Umgehung technischer Mechanismen zu verbieten,
 [...], und Sie weisen jede Absicht von sich, die Benutzung oder
 Modifikation des Werks zu beschränken, [...]."

Es wird also ganz eindeutig das Übertragen, also die Weitergabe,
eingeschränkt. Und nicht die Nutzung!

Ja, dieser Abschnitt setzt sich sogar aktiv gegen Nutzungs-
Beschränkungen ein, denn er verhindert, dass diese über die
Hintertür eingeführt werden.

Der Abschnitt sagt also in vielerlei Hinsicht das Gegenteil
von dem aus, was du da hineininterpretiert hast ... und
auch wenn man nicht alle Details versteht, finde ich, sollte
man _sowas_ doch schon merken.

> I.Ü., wenn die GPL so einfach zu interpretieren wäre, verstehe ich die 
> teilweise erheblichen Honorarsätze noch weniger, die in dieser Sache für 
> Beratung durch Rechtsanwälte seitens verschiedener Firmen gezahlt werden.

Es gibt nach wie vor einige Ecken der GPL, die nicht
alle Grauzonen abdecken. Vorallem, wenn eine Firma
GPL-Software über irgendwelche Tricks in ihr proprietäres
Umfeld einbinden möchte, ist sie auf eine gute Rechts-
beratung angewiesen. Denn wenn man die GPL entgegen
ihrer Intention verwenden möchte, muss man Lücken und
Grauzonen finden.

Aber solch elementare Fragen wie, ob die GPL eine
uneingeschränkte Nutzung ermöglicht, die sind klar
geregelt. Besagte Grauzonen liegen ganz woanders.

Außerdem: Die FSF hat in ihren 4 Grundfreiheiten ganz
klar die uneingeschränkte Nutzung gefordert. Da wäre es
doch ziemlich merkwürdig, wenn das ausgerechnet in ihrer
prominentesten Lizenz missachtet hätten.

Als Software-Entwickler kann ich zur GPL außerdem noch
sagen, dass sie das ziemlich komplexe Thema "Copyleft"
auf recht übersichtliche Weise nahezu erschöpfend klärt.
Ich kenne da so einige technische Standards, die 'zigfach
aufgeblähter und komplizierter als die GPL sind, obwohl
sie viel banalere Dinge regeln.


Gruß
Volker

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Volker Grabsch
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