[linux-l] OpenSource -Strategien

olafBuddenhagen at gmx.net olafBuddenhagen at gmx.net
Mo Dez 27 05:18:10 CET 2010


Hallo,

On Sun, Dec 26, 2010 at 04:59:01PM +0100, Oswald Buddenhagen wrote:
> On Sun, Dec 19, 2010 at 09:47:51PM +0100, Olaf Buddenhagen wrote:
> > On Fri, Dec 17, 2010 at 01:53:01AM +0100, Oswald Buddenhagen wrote:

> > Jemand, der selbst nichts zur Entwicklung der Software beigetragen
> > hat, wird sehr viel länger brauchen, um einen Auftrag zu erfüllen,
> > und/oder mit einem schlechteren Ergebnis. Genau das war der Punkt:
> > Die Entwickler haben einen Effizienzvorsprung.
> > 
> tatsache ist aber, daß entwicklung nun mal um ein mehrfaches teurer
> ist als deployment und customization. deshalb wird ein "parasitärer"
> drittanbieber in den meisten fällen im vorteil sein.

Ich bin da skeptisch. Hast Du Quellen für das "mehrfach teurer"?

Die Kostenersparnis durch einen Verzicht auf eigene Entwicklung müsste
schon wirklich groß sein, damit ein solcher Anbieter, ohne die Software
wirklich zu kennen, günstiger Dienstleistungen vergleichbarer Qualität
anbieten kann -- und zwar so überzeugend, dass Kunden das auch glauben.
Den letzten Punkt darf man nicht unterschätzen: Geschäftskunden legen
meist sehr viel Wert auf Zuverlässigkeit -- ein Drittanbieter ohne
eigene Entwicklung wird es schwer haben, den Kunden zu überzeugen, dass
er es genauso gut kann wie der (oder auch die) Primäranbieter.

Übrigens ist ein rein parasitäter Anbieter eh kaum möglich: Die meisten
Kunden, die einen externen Anbieter beauftragen, werden recht spezielle
Anforderungen haben, die meist auch mehr oder weniger Entwicklungsarbeit
mit sich tragen -- und ein aufgeklärter Kunde weiß, dass es für ihn
meistens sinnvoller ist, wenn Verbesserungen in die offizielle Version
zurückfließen...

> > > deshalb funktioniert das system derzeit nur im bereich von
> > > "alltagssoftware", wo es schon heute möglich ist, die software als
> > > allgemeine infrastruktur zu betrachten.
> > 
> > Im Gegenteil: Das System funktioniert viel besser bei
> > Spezialsoftware, wo die Kunden genau wissen, dass sie nicht darauf
> > hoffen können, irgendwer würde schon ihre Wunschfeatures
> > implementieren; sondern wo sie genau wissen, dass sie selbst einen
> > Dienstleister (vermutlich den ursprünglichen Hersteller) beauftragen
> > müssen.
> > 
> da man in diesen fällen erstmal ohnehin von vendor lock-in ausgehen
> kann, ist die kundenseitige motivation zu open-source mittelfristig
> erstmal gering, was tendenziell eher dem status quo zuträglich ist.

Nein, es gibt bei freier Software kein solches Lock-In. Der/die
Primäranbieter sind tendenziell in der Position, bessere Angebote zu
machen -- aber die Kunden haben immer auch die Möglichkeit, einen
anderen Anbieter zu beauftragen, wenn es nötig oder sinnvoll erscheint.

Gerade bei Spezialsoftware, die für das Kerngeschäft des Kunden kritisch
ist, ist es für ihn wichtig, sich nicht von einzelnen Anbietern abhängig
zu machen.

> > Qt Solutions (als Ganzes) tritt formal gesehen nach meinem
> > Verständnis hauptsächlich als Dienstleister für die anderen
> > Konzernbereiche auf. Ich kenne mich damit nicht wirklich aus; aber
> > soweit ich das mitbekommen habe, wird sowas in Konzernen auch
> > tatsächlich genau so verrechnet...
> > 
> wie das tatsächlich verrechnet wird, ist mir nicht bekannt. technisch
> gesehen machen wir bei qt/-tools aber auf jeden fall keine interne
> auftragsarbeit. und bei den "produktnäheren" projekten wie mobility
> und neuerdings qt-components ist die zusammenarbeit mit anderen
> bereichen sowieso so eng, dass jedes verrechnungsmodell eine übung in
> absurdität wäre (ich zweifle natürlich keineswegs daran, daß siemens
> es trotzdem tun würde). also ich würde das als ein musterbeispiel für
> quersubventionierte infrastruktur bezeichnen ...

Was ich meine ist, dass Nokia ja nicht in Qt investiert, um durch
Preisdumping den Markt für Anwendungs-Toolkits aufzumischen... Was
hätten sie auch davon? Nokia geht es vielmehr darum, selbst ein gutes
Toolkit für die *eigenen* Produkte zu haben. Die Qt-Entwicklung
geschieht also im Grunde im Auftrag der übrigen Konzernbereiche. (Egal
wie es denn nun tatsächlich formal geführt wird.)

Das entspricht nicht meinem Verständnis vor Quersubventionierung.

> > Oder meinst Du Konkurrenz durch freiwillige Entwickler? Auch das ist
> > keine Wettbewerbsverzerrung, denn es wird kein Anbieter gegenüber
> > anderen unfair bevorzugt.
> > 
> es ist rechtlich gesehen keine verzerrung, weil der hobbyist nix dran
> verdient und somit gar nicht erst als anbieter gesehen wird. faktisch
> gesehen bietet er aber sehr wohl ein produkt an, und zwar zu
> unschlagbar günstigen konditionen. der sich für die anderen ergebende
> zwang vom produkt- zum dienstleistungsanbieter umzuschwenken ist
> *definitiv* erstmal eine verzerrung des existierenden marktes.

Nein, etwas am Markt anzubieten ist keine Verzerrung. Die
Marktbedingungen ändern sich natürlich durch die neue Produktionsweise
-- aber das ist keine künstliche Einflussnahme, sondern eine natürliche
Entwicklung des Marktes selbst.

Etwas anders liegt die Situation, wenn von staatlicher Seite gezielt
freie Software gefördert wird. Auch das ist aber durchaus legitim, da
nicht einzelne Anbieter bevorzugt werden, sondern nur der Markt
insgesamt in eine gewünschte Richtung gelenkt wird.

-antrik-



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