[linux-l] OpenSource -Strategien

Volker Grabsch vog at notjusthosting.com
Di Nov 30 23:19:35 CET 2010


Jörg Schmidt <joesch04 at web.de> schrieb:
> Volker Grabsch schrieb:
> > Und das sage ich nicht, um den Begriff "Open Source" schlecht
> > zu reden, sondern weil dieser Begriff von seinen Erschaffern
> > gerade deshalb geprägt wurde, um sämtliche politischen Aspekte
> > herauszuhalten.
> 
> Geprägt wurde dieser Begriff eher aus Marketinggründen

Ja, eben. Mit pragmatische Gründen überzeugen und die politischen
möglichst außen vor lassen, um nicht anzuecken. Dieses Vorgehen
ist taktisch ja durchaus auch sinnvoll, vorallem in den Anfangstagen,
als viele nicht wussen, was das ist und dass es das überhaupt gibt.
Aber langfristig, strategisch gesehen, ist dieses Vorgehen nicht so
sinnvoll.

> und im Übrigen sollte man die politischen Dinge genau betrachten.

Da stimme ich absolut überein. Und genau deshalb rede ich lieber
von Freier Software als von OpenSource.

> Die Kritik an
> bestimmten Argumentationen aus der OpenSource-Szene macht sich nämlich
> häufig nicht daran fest das hier unpolitisch agiert würde, sondern das
> Teile der FreieSoftware-Bewegung recht eigenwillige Maßstäbe an
> politische Betrachtungen anlegen.

Ach so? Hast du dafür irgendwelche Belege? Die politischen Botschaften
der FSF bzw. FSFE fand ich bisher äußerst bodenständig. Insbesondere
habe ich nie verstanden, was die Leute in die Texte von Stallman so
alles hineingedeutet haben. Seine Texte sind deutlich klarer und besser
verständlich als diejenigen, die über seine Texte schreiben.

> Bestimmte Teile der FreienSoftware-Bewegung setzen z.B. voraus das man
> ohnehin nur dann wirklich für freieSoftware sein könne wenn man gegen
> Kapitalismus sei,

Von welchen Teilen redest du? Und: sind diese relevant? Ich meine,
es gibt immer ein paar Spinner, die über das Ziel hinausschießen.
Die würde ich aber nicht als Maßstab sehen.

Insbesondere die Gleichstellung von Freier Software mit Kommunismus
(oder Anti-Kapitalismus) ist etwas, dass eher aus der Propaganda-
Ecke von Microsoft & Co. stammt. Leute wie Stallman werden sich hüten,
so einen Mist von sich zu geben. Es ist sogar das ausdrückliche Ziel
der Freien- Software-Bewegung, die Wirtschaft mit ins Boot zu holen.
Allerdings eben nicht vorrangig durch Qualitäts- oder Überlegenheits-
Argumente, sondern hauptsächlich aus politischen Gründen wie Fairnes
und  das Verhindern von Wettbewerbs-Verzerrung. Also VWL-Gründe statt
BWL-Gründe, wenn man so will.

> wohingegen Vertreter von OpenSource solche
> Zusammenhänge nicht künstlich herbeireden, im Gegenteil davon ausgehen
> dass jeder frei in seiner politischen Entscheidung ist.

Das trifft auf die Freie-Software-Bewegung genauso zu. Sag mal,
hast du in letzter Zeit überhaupt irgendwelche Pressemitteilungen
von der FSFE oder ähnlichen Organisationen gelesen? Woher kommen
diese komischen Vorurteile?

> Gleichfalls, und das ist wohl kaum wegzureden, haben bestimmte Vertreter
> freier Software recht eigenartige Ansichten über Gerechtigkeit beim
> Geldverdienen mit Freier oder OpenSource-Software - gut ist das immer
> nur dann wenn es kleine Firmen tun, bedenklich wenn es große Firmen tun
> oder gar Teil einer Verschwörungsstrategie wenn es bisherige Gegner
> freier Software tun.

Beispiele? Zumindest die FSFE tut das genaue Gegenteil von dem,
was du hier unterstellst.

> In der Praxis treibt solcherlei 'Politikbeflissenheit' dann teils
> seltsame Blüten, beispielsweise dann wenn ein und dieselbe Firma teils
> zum Feind, teils zum Verräter, teils zum Förderer freier Software
> hochgeredet wird, man denke hier beispielsweise an Novell.

Es ist völlig normal, dass große Unternehmen zum Teils im Sinne
von Freier Software und zum Teil dagegen arbeiten. Ersteres sollte
man loben, zugleich aber letzteres kritisieren.

Ein großes, komplexes Unternehmen auf ein schwarz-weißes Freund/Feind-
Bild zu reduzieren, dass man entweder nur loben oder nur verachten
darf ... _das_ wäre albern.

> Wie ketzerisch wäre es eigentlich, wissend um Ubuntu und M.
> Shuttleworth, zu fragen wieviel Millionen Dollar wohl ein B. Gates unter
> die Linux-Community verteilen müßte um fortan als geläutert und als
> Freund Freier Software zu gelten?

Die Antwort wäre ganz einfach: Solange Microsoft proprietäre Software
produziert (und zudem seine Monopolstellung missbraucht), wird es
dafür auch kritisiert werden.

Microsoft fördert zudem auch jetzt schon Freie Software, und diese
Entwicklung wird i.A. wohlwollend zur Kenntnis genommen. Aber solange
das nur in sehr geringen Größenordnungen passiert, ist das nicht
wirklich erwähnenswert. Vorallem dann nicht, wenn die auf diesem
Wege produzierte Software nicht portabel ist, und nur auf unfreien
Betriebssystemen läuft. Doch diese Kritik ist allgemein - jeder, der
nur für unfreie Platformen entwickelt, wird dafür kritisiert, nicht
nur Microsoft.

> Oder blicken wir auf die 'doc-ODF-OOXML-Story', auch da kann man teils
> nur mit dem Kopf schütteln, wenn man _bestimmte_ politische Statements
> von _bestimmten_ Vertretern freier Software über die Jahre liest.

Auch hier: Beispiele?


Gruß
Volker

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Volker Grabsch
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