[linux-l] Re: Buch online schreiben
Lutz Willek
willek at gmx.de
So Dez 17 08:00:19 CET 2006
Rocco Rutte schrieb:
> * Thomas Schmidt [06-12-14 13:20:28 +0100] wrote:
>> Da außer OpenOffice, LaTeX und Wikis noch kein Name gefallen ist: Kann
>> das noch ein anderes Programm als OpenOffice?
>
> Mit wenigen Abstrichen bei "sofort" nach jedem Anschlag: LyX und Emacs
> jeweils mit LaTeX als "Backend".
Ich hatte vor 2 Jahren das gleiche Problem, hier meine Erfahrungen:
Ausgangslage:
3 Leute, jeweils 2 Wochen Zeit, 6x ~30seitige Dokumente erstellen.
3 Leute, jeweils 1 Semester Zeit, 2x 100-200seitige Dokumente erstellen.
Natürlich gespickt mit Formeln, Bildern,...Überschriften, Einrückungen,
Tabellen, Inhaltsverzeichnis...
Versuch 1, MS/Openoffice: Wir waren eine Woche über Zeit. Und das nur,
weil wir die letzten 3 Nächte durchgehend gearbeitet haben. Wir hatten
zuletzt 21 (!) verschiedene Versionen, bei nur knapp 40 Seiten. Das
Problem war hier das arbeiten im Team und das zusammenführen der
Dokumente. Ich sag Dir, NIE WIEDER!!!
Versuch 2a, MS/Openoffice: Diesmal getrennt nach Kapiteln gearbeitet.
Wir waren knapp in der Zeit fertig, wir hatten ja schon Erfahrung... Die
Trennung nach Kapiteln ging gut, nur hatte jeder einen unterschiedlichen
Schreibstil. Manche Sachen waren dann prompt auch doppelt gemacht,
obwohl wir die Dokumente regelmäßig zusammen geführt haben. Das würde
ich wieder tun, aber nur mit viel Bauchschmerzen. Ein Tip, wenn Ihr es
so machen wollt: Überlegt Euch vorher genau die Struktur und den Inhalt.
Nachträgliche Änderungen sind auch hier die Hölle.
Versuch 2b und 2c, MS-Office/[beliebiger Editor]/Openoffice: Wie 2a, nur
mehr Inhalt, um die 200 Seiten. Einer von uns arbeitete mit Office, die
anderen lieferten die Inhalte als Plain-Text oder Calc und die Bilder.
Das hat sehr gut funktioniert, war aber aufwändig. Wir bekamen
regelmäßig den aktuellen Stand als .doc, schrieben aber nur in
vi/Notepad. Wir haben uns die Arbeit gut geteilt, arbeiteten nie
gleichzeitig am identischen Kapitel. Das 2b so gut funktioniert hat lag
größtenteils an den Erfahrungen aus 1 und 2a. Mit einem gut aufeinander
abgestimmten und nicht zu großen Team lässt sich so erstaunlich gut
arbeiten. Das Ergebnis sah gut aus.
Versuch 3, Latex: Wir waren 2 Tage über der Zeit fertig, diesmal aber
ohne die Nächte durchmachen zu müssen. Das Problem war hier mehr
technischer Natur, für uns war Latex neu. Die Installation auf
Windowsrechnern war, ...sagen wir schwer. Die erste Vorlage zu erstellen
war die Hölle, wir wussten ja nix und mussten lesen,lesen,lesen.
Versuch 4 und 5: Wir sind bei Latex geblieben. Als Frontend diente uns
Lyx. Die Eingabe von Formeln ging nach einer Lernzeit von wenigen
Stunden schneller und angenehmer als unter jedem Office. Das fertige
Layout wird beim schreiben in einer Art Voransicht angezeigt, was gar
nicht mal so schlecht ist. Es lässt sich gut mit Bildern arbeiten, ein
wenig schwer sind anspruchsvolle Tabellen. Überschriften, Einrückungen,
[und alles andere, was man so braucht].* sind kein Problem mit Lyx.
Eine Versionsverwaltung hatten wir in der Art nicht direkt, wir haben
uns ja jeden Tag gesehen und konnten uns so austauschen. Die verschieden
Versionen haben wir mit diff verglichen und zusammengeführt, was relativ
gut funktioniert hat. Bei 10 Leuten würde ich Dir aber schon eine eigene
Versionsverwaltung empfehlen.
Direkter Export nach .html, .pdf, .doc, .dvi, .ps... ist möglich und
funktioniert bis auf .doc sehr gut. Ich würde an Eurer Stelle aus Lyx in
Latex exportieren und den Export dann in Openoffice importieren, dann in
.doc speichern. Das Ergebnis ist so um Welten besser als der direkte
Export aus Lyx. Alle Formatierungen bleiben erhalten.
Ein paar Sachen von dem, was wir damals gemacht haben, sind noch online,
wenn Du Dir einen Eindruck holen willst. Alles andere außer die hier
unten angegebenen Links brauchst du Dir nicht anzuschauen, es sei denn,
Du interessierst Dich für den Inhalt der Dokumente.
Beispiel 2a mit MS/Openoffice:
http://www.belug.org/~lutz/download/laborbericht_Netzmessung_Blendenmessung.pdf
Beispiel 3 mit Lyx:
http://www.belug.org/~lutz/download/zeta_werte.pdf
Beispiel 4, diesmal als Vorlage für Lyx, wenn Du ein ähnliches Layout
brauchst:
http://www.belug.org/~lutz/download/lyxvorlage.lyx
Fazit: Ich würde an Deiner Stelle eine Versionsverwaltung aufsetzen und
mit Lyx arbeiten, damit haben wir die besten Erfahrungen gemacht. Es
erfüllt alle Deine Wünsche.
Der Export nach .doc ist über den Umweg Lyx-->Latex-->Openoffice-->.doc
bequem möglich. Nach der Einarbeitungsphase ist es:
-einfach nur gut-
Grüße, Lutz
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