[linux-l] MS und Novell

Volker Grabsch vog at notjusthosting.com
Sa Nov 18 11:52:59 CET 2006


On Mon, Nov 13, 2006 at 06:31:52PM +0100, Norman Steinbach wrote:
> Was kann man als einzelner einfacher Bürger schon tun, außer das Thema
> im Bekanntenkreis anzusprechen und die Leute dafür zu sensibilisieren?

Wenn du das schaffst, bist du schon gut. In meinem Bekanntenkreis erlebe
ich eine große Kluft.


Auf der einen Seite die Leute an der Uni und aus meinem Arbeitsumfeld.
Die beschäftigen sich schon mit dem Thema und sind bereits "sensibel".


Dann gibt es noch die Nachbarschaft, das familiäre Umfeld und ein
anderer Teil von Leuten an der Uni. Die kennen sich kaum mit dem Thema
aus, benutzen meistens Windows, und setzen "Computerprobleme" mit
"Windows-Fehlermeldungen" gleich. Die sind so sehr in ihr Netz von
Freunden, Beruf, etc. eingebunden, dass ich schon froh sein kann, wenn
ich sie dazu bringe, Firefox und OpenOffice zu benutzen. Diejenigen, die
sich schon mit E-Mail beschäftigen und wissen, dass es nochwas anderes
als Webmail gibt, kann ich noch zu Thunderbird bewegen. Und einige freie
kleine Computerspiele, die auch unter Windows laufen.

Ihnen zu erklären, was Linux überhaupt ist, fällt schon schwer. Genauso
wie es schwer ist, ihnen zu erklären, dass es viele Internetanbieter
gibt, viele E-Mail-Provider, viele Betriebssysteme, u.s.w.

Geschweige denn von Urheberrecht ... wenn sie gut sind, "wissen" sie
wenigstens, dass man Musik, Computerspiele und Videos nicht kopieren
darf. Überhaupt zu erklären, was freie Software ist, macht Mühe.
Das kann man eigentlich nur erklären, indem man gleichzeitig Openoffice
oder Firefox bei ihnen installiert, und ihnen erklärt, was sie damit
im Gegensatz zu IE und Word tun dürfen, und woher diese Software kommt.
Schon hier muss man aber wieder aufpassen, nicht zu viel zu erzählen und
nicht zu sehr ins Details zu gehen.

Sonst wandert jede Erklärungs-Mühe in Vergessenheit, genauer gesagt in
die Kategorie "technische Details, die mich nicht betreffen". Und wenn
das passiert, oder man auch nur diesen Eindruck hinterlässt, hat man
verloren. Man wurde gleich dreifach missverstanden. Erstens sind es keine
technischen, sondern gesellschaftlichen "Details", zweitens sind es
keine Details, sondern grundsätzliche Dinge und drittens betrifft es
*gerade* die Enduser, weil sie besonders gut den Machterfolg der großen
Firmen widerspiegeln und gewissermaßen einem "vorleben".

Gut, als Urheberrecht ist, manchmal, mit viel Mühe, erklärbar.
Markenrecht übrigens auch, weil jeder schonmal vom Ärger mit
nachgemachten Markenprodukten gehört hat, vorallem wenn er kurz hinter
der Grenze "günstige Einkäufe" getätigt hat (egal, ob Grenze zu Polen,
Tschechien, oder sonstawo).

Aber Patentrecht? Das Vorwissen ist sogar niedriger als beim Urheberrecht.
CDs (damals: Musik-Kassetten) illegal kopiert hat jeder mal. Aber ein
industrielles patentiertes Produkt nachproduziert? Wohl kaum. Es gibt
keinen praktischen Bezug, höchstens der Begriff "patentiert" aus der
Werbung ist bekannt, und wird meist mit "irgendwas Besonderes"
gleichgesetzt.

Ich wüsste nichtmal, wie ich das Thema Softwarepatente auch nur
anschneiden sollte. Ich kann sicher Horror-Szenarien konstruieren, aber
tieferes Verstehen erzeuge ich dadurch nicht. Ich würde FUD verbreiten
genauso wie es die SWPat-Befürworter auch tun. Gegenüber EU-Abgeordneten
mag diese Strategie der FFII durchaus angebracht sein, und ich möchte
deren Arbeit auch in keiner Weise schmälern oder verunglimpfen.

Aber um den normalen Bürger aufzuklären, also Wissen zu vermitteln, dafür
reicht es nicht. Da fehlt einfach das Grundwissen. Und dieses extra zu
vermitteln benötigt Interesse. Mangelns direkter persönlicher Betroffenheit
lässt sich dieses Interesse auch nicht wecken.

Zurück zum Ausgangspunkt:
Wenn du also tatsächlich eine Sensibilisierung erreichst, vorallem in
deinem "technisch unbewanderten" Bekanntenkreis, hast du schon verdammt
viel erreicht.

> Wenn irgendwann dann sämtliche Netze auf IPv6 umgestellt werden, würde
> IPv4 ja "frei" werden um eine neue Infrastruktur darauf basierend
> aufzubauen? ;-)

Eher andersrum: Das alte Netz wird bei IPv4 bleiben. So, wie es im
Moment aussieht, wird IPv6 niemals wirklich weltweit kommen. (korrigiert
mich, wenn ich mich irre)

IPv6 wird wohl eher bei dem von dir beschriebenen "Internet neben dem
Internet" eingesetzt werden.

> * Zum Stichwort "Internet neben dem Internet" fällt mir ein: Mir hat mal
> jemand erzählt, es hätte wohl mal so etwas gegeben (oder gäbe es
> immernoch, k.a.), und zwar mit IP-Adressen >255, und deshalb nur mit
> Unix-Maschinen und entsprechender Bastelarbeit erreichbar. Ist da was
> dran?

Definitiv nicht. Das ist ein Hoax. Im Protokoll wäre gar kein "Platz"
dafür, es werden genau 32 Bit für die Adresse gesendet und empfangen.

Es sei denn, er meinte IPv6. Wenn das Einrichten von IPv6 für dich als
"Bastelarbeit an Unix-Maschinen" gilt, schön. Aber das es ein anderes
Protokoll, du brauchst einen speziellen Internet-Provider dafür, oder
einen Tunneling-Anbieter. Sinnvoll ist das aber nur, wenn die
Gegenseite, die du absprechen willst, ebenfalls ne IPv6-Adresse hat.

> Weil, ansonsten ist das "Internet neben dem Internet" hier
> höchstens lokal vorhanden, siehe www.olsrexperiment.de ...

Es gibt noch das Freenet, das auf dem aktuellen Netz aufbaut und darüber
(ähnlich modernen Filesharing-Netzen) ein weiteres Netz aufbaut. Im
Gegensatz zum Filescharing ist dieses Netz nicht auf große Datenmassen
ausgelegt, sondern auf konsequente Verschlüsselung und fairer
Datenverteilung. Das Netz ist so anonym und manipulationssicher wie
es technisch nur geht. Außerdem kann jeder, wenn er will, eine oder
mehrere zuverlässige pseudonyme Identität dort annehmen. Daten werden
in die Teile des Netzes verlagert, in denen die meiste Nachfrage besteht.
Das Netz kann weder meines Wissens nach weder "enttarnt" noch
zugespammt werden, selbst wenn über die Hälfte von Geheimdiensten
bzw. zweifelhaften Firmen infiltriert wäre.

Wozu das ganze? Um jede Form der Zensur zu verhindern. Sei es durch
enttarnung der Autoren, durch Manipulation/Löschung der Beiträge oder
durch Unbrauchbarmachung des gesamten Netzes. All das soll technisch
verhindert werden. Mehr infos:

    http://freenetproject.org/


Viele Grüße,

    Volker

-- 
Volker Grabsch
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