[linux-l] GPL ist nicht Public Domain

Steffen Dettmer steffen at dett.de
Sa Nov 18 13:52:55 CET 2006


* Volker Grabsch wrote on Sat, Nov 18, 2006 at 12:48 +0100:
> LGPL heißt, dass ich mir erstmal ein komplexes Regelwerk zu Gemüte
> führen muss. Ich muss aufpassen, ob ich die Bibliothek korrekt erwähnt
> habe, ob der Kunde an die Lib rankommt (was ihn wahrscheinlich nicht die
> Bohne interessiert), u.s.w.

Wenn dem so ist, kannst Du über Deinen Softwarevertrage garantieren,
dass auf Verlangen die verwendeten LGPL Sourcen bereitgestellt werden.
Dann schickst Du ne Mail mit einem .tgz. Weil das den Kunden natürlich
nicht interessiert, wirst Du diese Mail vermutlich nie schicken müssen.
Selbst wenn Du die Lib statisch linkst, musst Du ja, da der Kunde die
Lib austauschen dürfen muss, das Recht zugestehen, eine eigene Version
zu benutzen. Auch dass kannst Du einfach garantieren: auf Verlangen
werden vom Kunden gelieferte Object-Files gelinkt. Damit ist das Recht
des Kunden gewahrt. Würde Arbeit machen, falls der Kunde tatsächlich mal
mit Object files kommt, aber wenn ihn das gar nicht interessiert, wird's
halt nicht dazu kommen, und wieder ist alles fein.

Des weiteren geht bei LGPL folgendes: Du nimmst die Lib, passt sie an,
veröffentlichst Sie (mail an Autor, Homepage, irgendwas). Dann legst Du
diese zu Deiner Applikation bei. Kannste ja machen, darfst ja LGPL-libs
benuzten, die Du Dir "selbst" lizensierst.

Wenn Du dynamisch linkst, ist das wohl sowieso eher unwichtig, weil ja
kaum Software aufzählt, welche Libs sie ggf. linkt. Sonst hätte PHP ja
eine ellenlange Liste... Das ist technisch vielleicht so offensichtlich,
dass man es nicht ranschreiben muss (es ist formal ja im ELF File
beschrieben, kann sogar ldd auswerten, was will man mehr).

Solange Du es sinnvoll machst, kann ich mir auch kaum vorstellen, dass
die FSF oder wer auch immer Dich teuer abmahnt. Maximal könnte ich mir
vorstellen, dass ein Autor Dich bittet, dies und das ins README
aufzunehmen oder so. Na, und *falls* das denn jemals passiert, was ja
extrem unwahrscheinlich ist, weils die meisten eh sowieso schon gar
nicht interessiert, schreibste es halt rein. Und wieder ist alles fein.

> Es ist einfach ne größere Hemmschwelle und der Mehrwert für die
> Community ist IMHO sogar noch größer, wenn ich die Änderungen nicht
> dem Kunden zugänglich mache (der sich damit gar nicht auseinander
> setzen *will*), sondern dem Autoren der Bibliothek zurücksende.
> Schließlich können so meine Verbesserungen gleich in die Distros.

(Es reicht IMHO nicht, dem [einem] Autor einen Patch zu schicken, sofern
dieser ihn nicht veröffentlicht. Ich würde es immer noch auf eine
Webseit packen oder ausdrücklich garantieren, jedem ggf. die Sourcen zu
mailen oder was auch immer).

Damit machst Du sie ja dem Kunden zugänglich, weil der sich ja die
Bibliothek downloaden kann, wenn er will.

> Ich tue also insgesamt sogar *mehr* für die Community, und habe
> weniger Aufwand damit. Ein Vorteil für alle. Aber nicht LGPL-Konform.

Was ist daran nicht LGPL-Konform?

War das nicht die LGPL mit dem "nicht mehr als 100 nicht-transparenten
Kopien"? /Das/ find ich blöd. Entweder "frei" (im entsprechenden Sinne)
oder nicht frei. Frei bis 100 nicht-transparente Kopien find ich blöd.

> Das ist immer eine Gratwanderung zwischen Zwang und Freiräumen. Man kann
> nicht ohne weiteres vorhersagen, bei welchem Lizenzmodell mehr "Rücklauf"
> aus der Gemeinschaft kommen wird. Sowohl BSD- als auch GPL-Software
> entwickeln sich prächtig. Befindet sich in Software in einem asozialen
> Umfeld, ist GPL+Anwalt besser. Befindet sie sich in einem hilfsbereiten
> Umfeld (z.B. System-Administration), ist wohl die BSD-Lizenz besser.

Ein Problem ist aber, dass sich ein Umfeld schnell in ein asoziales
wandeln kann, wenn z.B. die nette Firma gekauft wird und jemand Geld
wittert oder so. Ich glaub, ein Vorteil der GPL ist, dass man wohl
selten einen Anwalt braucht, weil die FSF paar Mal durchgeklagt hat, so
dass der gegnerische Anwalt von einer Klage eher absieht, weil kaum
Aussicht auf Erfolg. Eine eigene Lizenz kriegt man als Laie sicherlich
nicht wasserdicht. 

Ein Nebeneffekt ist IMHO auch, dass sich bei BSD-style "kommerzielle
Branches" entwickeln können, was langfristig vermutlich auch nicht
unbedingt von Vorteil ist. War Apache StrongHold nicht so ein Beispiel?
Gibt's das noch?

Natürlich ist eine BSD-style für einen Hersteller einfacher, weil er
eben nix "zurückgeben muss". Aber weiss nicht, ob mich das als
Entwickler interessiert. Wenn jemand meine Lib einsetzen will, soll er
es tun, wenn nicht halt nicht, auch egal. Ich hab doch nix davon, wenn
in irgendeinem embedded TV meine Software läuft, wenn ich nichtmal
Verbesserungen oder Fixes zurückkriege. Selbst wenn ich weiss, dass die
Lib so 1000 mal öfter eingesetzt wird, hat doch (ausser dem Hersteller
des Produktes) keiner was davon.

Ich hab nie verstanden, warum so viele der Meinung sind, man müsse
OpenSource "verbreiten" und Leute "bekehren". Wozu? Ich denke, bei
GNU/Linux Distries sieht man, dass das nur dazu führt, dass viele
komische Anforderungen zu Nachteilen führen, Multimedia und
Plug-and-play-mounting z.B.. Das nun noch eine Million Laien mehr Mist in
irgendwelche PHP Foren in die Welt blasen (was es vor 10 Jahren so nicht
gab!), kann ich auch nicht als Vorteil sehen.

oki,

Steffen

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