[linux-l] OT mir ist schlecht, siehe Link
Thorsten Stöcker
tstoecker at baerensoftware.de
Fr Aug 31 03:48:35 CEST 2007
Moin Peter,
> >
> > Naja, das würde ich lieber nicht so laut sagen. Ich kenne zwar nur
> > Berichte aus dritter Hand, der Zufall hat mich auf der anderen Seite der
> > Mauer aufwachsen lassen, aber nun ja.
>
> Dann sei Dir gewiss, dass sie falsch sind.
>
Oh ja, Deine Aussage gegen etliche andere. --> Junge Pioniere.
> > Ich weiß nicht, ob man den Verfall der "Werte" der DDR oder des Dritten
> > Reichs bedauern muß. Ich würde eher sagen, Gott sei Dank.
>
> Sicher nicht. Trotzdem sind sie ein Problem.
>
Nun, das kann jeder für sich entscheiden, glücklicherweise, ich sage Gott sei
Dank. Ich habe einige Zeit in der Ex-DDR gearbeitet und auch viele
"DDR"-Kollegen gehabt, die mentalen Unterschiede in meiner Generation (40+)
sind enorm.
> > Ein bißchen sehr pauschal, dafür das etwas unter 20 Prozent der in
> > Deutschalnd lebenden Personen Nicht-Deutsche sind.
>
> https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/gm.html
>
> German 91.5%, Turkish 2.4%, other 6.1% (made up largely of Greek, Italian,
> Polish, Russian, Serbo-Croatian, Spanish)
>
Oh, das stimmt leider nicht (nun ja die liebe Statistik, bzw. ich habe mich
wohl falsch ausgedrückt). Du kannst die Zahlen locker verdoppeln. Es kommen
nämlich die Leute hinzu, die aufgrund des Schenken-Abkommens und der
EU-internen Freizügkeit hier leben und arbeiten, die Leute mit doppelter
Staatsbürgerschaft (ich kenne allein 4 davon) und die Leute, die zum Beispiel
Franzosen sind aber von Montag bis Freitag in D leben und von Freitag bis
Monatg in F. Oder dänische Grenze. Die Thais, Chinesen, die 3 Monate hier
sind, ausreisen und danach wieder einreisen und weiterarbeiten.
Ich bin BWLer und sage Dir, glaube keiner Statistik die Du nicht selbst
gefälscht hast. Zwei schöne Beispiele: Der Juli 2007 in D war wärmer als der
Durchschnitt, sagen die Wetterfrösche. Ich sage, er war kälter, ich mußte
nämlich 5 Tage im Juli heizen weil die Temperatur im inneren des Hauses unter
15 Grad lag, was nicht vorgekommen ist, so lange ich denken kann. Die Post
sagt, nur eins von 13,2Millionen Einschreiben geht verloren, ich hatte gleich
2 davon innerhalb von knapp 6 Monaten. 2 von 12 Einschreiben macht?
:-)
>
> Ich bin Systemadministrator. Ich beseitige Probleme, in dem ich zunaechst
> Informationen sammle, "Auswirkungen", und dann daraus Schlussfolgerungen
> ziehe.
>
Die Auswirkungen helfen Dir Dein Problem zu finden, sie beschreiben es aber
nicht.
> Ich kenne die Sorte auch, die vollstaendige Informationen nicht noetig
> haben, sondern nach drei Sekunden den Fix parat haben.
>
Echt? Kann das sein, das Du Leute kennst, die eine ganze Menge Erfahrung
haben? Oder Leute die Intuition haben und eine große Menge Informationen
verknüpfen können und die richtige Lösung parat haben, bevor der Rest auch
nur angefangen hat das Problem zu erkennen? Hört sich fast so an. Solltest Du
Dir warm halten.
> Das funktioniert manchmal, oft loesen diese Leute aber gar nichts.
>
Und es gibt Leute, bei denen funktioniert das fast immer. :-)
> > > Nirgendwo sonst in der entwickelten westlichen Welt wird wie in
> > > Deutschland ein Drittel der Kinder schon fruehzeitig abgeschrieben, in
> > > einem schulischen Verwahrungssystem. Deutschland ist Spitzenreiter in
> > > sozialer Segregation des Bildungswesens!
> >
> > Ja, so man PISA und ähnlichen Unsinn glaubt.
>
> Again. Information ist sinnlos. Komm mir bloss nicht mit Fakten!
>
Ja, ich weiß, die Leute glauben lieber das was in ihre Weltanschauung passt,
als etwas zu lernen, eine verbreitete Haltung.
> Zumindest hat der deutsche Abiturient ein besseres Fachwissen als der
> gleichaltrige Melbourner mit VCE (Victorian Certificate of Education).
>
Nein, nicht Fachwissen, sondern einen allgemeineren Überblick.
> Das hat nur nichts mit dem unteren Drittel zu tun.
>
Oh doch. Ich will Dich jetzt sicher nicht (und den Rest der Liste) mit
Schulplänen, Lehrplänen, Mindestanforderungen, Lehrerfortbildung
Austauschprogrammen und so weiter langweilen, aber das was für den
Abiturienten gilt, gilt adäquat auch für den Hauptschüler.
> (BTW: Das breite Wissen, welches ein deutscher Diplom-Traeger vorweisen
> kann, ist hier gern gesehen. Ein Grund, es durch angelsaechsische
> Schmalspur-Uni-Abschluesse zu ersetzen?)
>
Auch der deutsche Bachelor ist wesentlich breiter angelegt, als der
anglo-amerikanische. Nur weil das Kind einen neuen Namen hat, ist es nicht
ein anderes Kind. Im Grunde ist in den meisten Fächern das Vordiplom nach dem
Grundstudium weggefallen und als Bachelor im bereits beginnenden
Spezialisierungsstudium wieder aufgetaucht. Man kann über die Sinnhaftigkeit
streiten, aber der Inhalt der Lehrpläne hat sich dadurch nicht sonderlich
geändert.
> > das in Südafrika die Kinder nach der 4. Klasse in Mathe und Physik
> > weiter sind, ihr Sprachverständnis hinterher hinkt (obwohl
> > zweisprachig).
>
> Nein.
>
> > Das sich die sozialen Unterschiede auch in der Schul-Ausbildung
> > niederschlagen, ist nicht systembedingt, sondern findet in den Köpfen von
> > Lehrer, Eltern und Schülern statt.
>
> Ach so.
>
Ja, das ist wirklich ach so. Wo es in D wirklich krankt, ist die Förderung
sowohl der Begabten als auch der Unbegabten, es fehlen dafür die Lehrer, die
eine spezielle Ausbildung benötigen und für diese Ausbildung fehlt das Geld.
Ich könnte Dir einige zig wegweisende Projekte in der Bildung aufzählen, die
meist aus Kostengründen gekippt worden sind. Die OSZ zum Beispiel.
> > > private Schulsystems Melbournes (ca. 1/3 der Schueler ab Klasse 7 gehen
> > > in eine Privatschule)
> >
> > Tja, auch in Deutschland ist ein erheblicher Teil Privatschulen, man weiß
> > es nur nicht, ich war auf so einer.
>
> http://www.privatschulen.de/index.php?option=com_content&task=view&id=123&I
>temid=40
>
> Gemessen an der Gesamtzahl aller allgemein bildenden Schulen hat sich der
> Anteil der Privatschulen damit auf 7,5 Prozent erhöht, der Anteil der
> Privatschüler auf 6,7 Prozent.
>
Oh, schon wieder eine falsche Statistik. In D ist es vom Finanzierungsgrad
abhängig, ob eine Schule als öffentlich betitelt wird oder nicht. Ich war auf
einer Schule die zu 90% von Steuermitteln gelebt hat (die restlichen 10%
mussten anders aufgebracht werden) und somit öffentlich war, nur leider
konnte das Kollegium entscheiden welche Lehrer eingestellt werden, unser
Lehrplan war umfangreicher (Englisch, Mathe, Deutsch und Physik waren für
mich größtenteils Widerholungen als ich meine Fachhochschulreife gemacht
habe) und die Schule konnte Schüler ohne Begründung ablehnen und kein Schüler
konnte dorthin von Amts wegen versetzt werden, übrings auch kein Lehrer.
Privat oder öffentlich?
>
> Die von Studien aufgezeigten Probleme sind nicht durch Geldmangel zu
> erklaeren (BTW: Australiens pro-Kopf-Ausgaben fuer Bildung ist geringer),
> sondern eher struktureller Natur.
>
Sehr interessante Theorie, das es nicht am Geldmangel liegt. Laut Studien. Die
Leute die sich berufsmäßig mit den Problemen auseinandersetzen sehen das
etwas anders. Übrings nur so als Anmerkung, strukturelle Problem kosten Geld,
immer.
> > Ja, wenn man den Background kennt, kann man das durchaus beurteilen,
> > jedenfalls besser als die Leute, die ihre eigene Lösung auf der Basis von
> > unvollständigen Informationen anbieten.
>
> Sorry, ich bin kein Migrationspolitiker, ebenfalls kein Schulexperte. Ich
> habe keine keine vollstaendigen Rezepte.
>
Ich will es mal so ausdrücken, meine Mutter war 35 Jahre beim Schulsenat von
Berlin, der Vater meiner Freundin war Ministerialdirektor im
Bildungsministerium von Rheinland-Pfalz, ein nicht unerheblicher Teil der
Verwandtschaft meiner Freundin ist im Lehramt (Onkel, Tante, Cousin), meine
Schwester ist Vorschulpädagogin, einige meiner Freunde sind ebenfalls auf die
eine oder andere Weise mit dem Schuldienst verbunden. Ich glaube, ich habe da
so ein paar tiefergehende Einblicke, könnte man so sagen.
> Wie Du nur an meiner Korrektur von Fakten festtsellst, bist Du auch nicht
> besonders sattelfest.
>
Welche Korrektur welcher Fakten? Wie gesagt, statistisch gesehen ist das
amerikanische Bildungssystem erfolgreicher als das deutsche, ja selbst die
Engländer überbieten uns laut Studie, obwohl dort ein Viertel der 14-jährigen
nicht lesen kann und damit de facto von der Gesellschaft ausgeschlossen ist.
Eine Statistik ohne Hintergrundwissen, ist ein nichtssagende Ansammlung von
Zahlen. Glaub mir, ich habe mich 3 Semester durch Statistik geqüalt, es gibt
nichts, was ich statistisch nicht beweisen kann und mit einer weiteren
Statistik widerlegen kann.
> Mich fasziniert das Beiseitewischen von Fakten, wenn sie nicht ins Bild
> passen. Und die Ignoranz internationaler Erfahrungen.
>
Welcher Fakten? Welcher denn? Ich kann Dir statistisch beweisen das der
Australier dümmer ist als der Deutsche und umgekehrt. Was sind also Fakten?
Daß das deutsche Schulsystem in China eingeführt werden soll? Das
östereichische Unis mauern, weil 75% der Deutschen die in D keinen Medizin
Studienplatz kriegen, die Eingangsprüfungen der Uni Wie auf der linken
Arschbacke abreiten und den Össis die Plätze wegnehmen, so das sich mit
diesem Problem bereits der Europäische Gerichtshof befassen mußte. Das
deutsche Ingenieurer reihenweise ins Ausland abgeworben werden? Das deutsche
Handwerker mit Hauptschulabschluß in Kanada zur gebildeten Schicht gehören?
Und Du kommst mir mit internationaler Erfahrung.
> Ich selbst bin Vater einer schulpflichtigen Tochter,
Ja, das habe ich ausgelassen, in weiser Selbsterkenntnis.
> dazu habe ich etwas
> Anleitung als ehrenamtlicher Klassenhelfer erfahren.
>
Oh, dafür erhält man eine Anweisung. Meine Schwägerin in spe betreut so
nebenher mal ein paar Hochbegabte oder Schnellentwikler an der Schule ihres
Sohnes, übrings ohne Anleitung.
> Durch meine Vergangenheit mit drei Systemen
Welche denn?
> habe ich gewisse Unterschiede
> kennengelernt.
Die da wären?
> Und bin mit dem sehr motivierenden australischem System
> durchaus zufrieden.
Ja, deshalb ist aber nicht alles andere schlecht und das australische System
nicht das Allheilmittel. Es ist eines von vielen, geschaffen für eine
bestimmte Situation und fortentwickelt unter bestimmten Bedingungen.
> Das mag vielleicht keine Einsteins am Band produzieren
> (mir ist bewusst, dass das gelehrte Faktenwissen etwas geringer ist als
> nach dt. Lehrplaenen vorgesehen), aber junge Menschen mit sozialer
> Kompetenz, die ihr Leben selbstbewusst starten.
>
Ach so, in D wird soziale Kompetenz nicht vermittelt und den Leuten fehlt es
hier so an Selbstbewußtsein, das nach Australien auswandern.
> Anyway, ich habe gerade einen Anruf bekommen, ich werde am Sonntag helfen,
> damit die Deutsche Schule in Melbourne (http://www.dsm.org.au) im
> naechsten Jahr starten kann.
>
> Wir jammern hier naemlich nicht, wir machen noch selbst!
>
Ja, in dem wir langwierig die Auswirkungen analysieren, anstatt zu fixen. :-)
Weißt Du, Du hast meine Respekt, auswandern ist ein Schritt und ein Schnitt,
und natürlich ist auch in D nicht alles Gold was glänzt.
Und nun mal ein paar Fakten:
Einführung der Schulpflicht in D : 28.10.1717
Kolonalisierung Australiens: April 1770
Bevölkerung :
Australien 20,6 Mio auf 7,6 Mio qkm
Deutschland 82,3 Mio auf 0,355Mio qkm
Sprich, in D gab es eine Schulpflicht, als in Aus noch mit Steinen aufeinander
eingeschlagen wurde. Wir haben die 4-fache Bevölkerung auf einem 20stel der
Fläche.
Ein Sechstel der Menschen, die in Aus wohnen, lebt in D auf einer Fläche
0,011% der Landfläche von Aus. 3,3 Mio in Berlin auf einer Fläche von 892qkm.
Und Du erzählst was von australischen Lösungen für die Rütli-Schule in
Neukölln. :-)
Selbst wenn man Melbourne als direkten Vergleich nimmt. Leben dort 3,6 Mio auf
8.800qkm während in Berlin 3,3 Mio auf 892qm leben. Ich nehme an, Du kannst
den Unterschied ausrechnen.
Aber nun ja, es ist eine typisch deutsche Mentalität, zu glauben, daß die
eigene Lösung oder dir eigene Erkenntnis beliebig transportierbar ist. Die
Annahme zeugt zwar ausschließlich von Intolereanz, Selbstanmaßung und
eingeschränkter Realitätswahrnehmung, aber es scheint offenkundig der Hit zu
sein.
Weißt Du, ich finde es gut, das Du offenkundig Deinem neuen Zuhause
aufgeschlossen gegenüber stehst und die dortigen Lösungen als positiv
empfindest. Das ist ehrlich gemeint. Ich freu mich für Dich. Ich bin jemand,
den man wohl als optimistischen Skeptiker bezeichnen kann, jemand der weder
an Allheilmittel noch an portierbare Lösungen glaubt, jemand der alles
hinterfragt. Ich habe mich mit dem Vater meiner Freundin, mit meiner Mutter
und anderen über dieses Bildungssystem gestritten, ich halte es keineswegs
für ideal, nur für eine gute Lösung. Historisch gewachsen, mit erträglicher
Erfolgsquote. Ich habe keine Kinder, schon gar nicht schulpflichtige, das ist
auch gut so (für die Kinder), aber ich wehre mich gegen offenkundigen Unsinn
und ich bin nicht zimperlich.
Um es klar zu sagen, das Land der Dichter und Denker, ist noch immer das Land
der Dichter und Denker. Es sind Leute wie Du, die neue Impulse reintragen.
(Sollte ich sagen leider? Nein, ich glaube nicht.)
Sorry für die Typos, aber Holsten knallt am dollsten.
Und ein Wort zum Schluß: Bist Du nicht Teil der Lösung, bist Du Teil des
Probelems.
Gute Nacht
Thorsten
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