[linux-l] Geeks Traum [hier: Referenzsysteme]

Thorsten Stöcker tstoecker at baerensoftware.de
Fr Dez 28 11:14:20 CET 2007


Moin, 

Am Freitag, 28. Dezember 2007 04:14 schrieb Steffen Schulz:
> On 071227 at 10:31, Thorsten Stöcker wrote:
> > > [1] Der Rechner "amsel.informatik.hu-berlin.de" ist eine SunOS/Sparc-
> > >     Maschine und wird an der Uni gern als Referenzsystem genommen:
> > >     Wenn wir Programmier-Übungsaufgaben abgeben, müssen sie auf Amsel
> > >     anstandslos compilieren und laufen. So vermeidet man das
> > >     Standardproblem, dass der Student sagt: "Bei mir läuft's!" und
> > >     der Korrektor sagt: "Bei mir aber nicht!".
> >
> > Ganz tolle Lösung. Ich weiß zwar nicht in was ihr programmiert, aber ich
> > dachte eigentlich immer, das nicht so sehr die Lauffähigkeit auf einer
> > "Plattform", sondern die Lösung des beschriebenen Problems der
> > entscheidende Punkt ist.
>
> Ja. Aber das ist auch eine Frage der Methodik. Wie bringst du deine
> anonymen 200 Studenten dazu, den Inhalten zu folgen und die wichtigen
> Sachen auch im Detail zu verstehen?
>

Weiß ich nicht, ich halte nicht viel von den Massenbetrieben. Ich habe an 
einer FH studiert, das war recht übersichtlich. 30 Leute, der Prof kannte 
noch jedem beim Namen.

> Entweder du laesst sie das bubble-search an einer Reihe von Zahlen mit
> dem Bleistift durchrechnen oder du laesst sie das Programmieren.
> Letzteres ist, gerade mit der oben genannten Einschraenkung, sehr
> schnell zu ueberpruefen. Laedt dann aber auch zum Betrug ein. Den
> meisten wird es wohl mehr Spass machen, ich selbst mag Bleistifte.
>

Ich bin der Meinung, das im Bereich der Daten- oder Informationsverarbeitung 
die theortischen Grundlagen, die Abstraktion die Voraussetzung ist. Der Rest, 
insbesondere Hochsprachen ist nahezu beliebig austauschbar.

> Gut zum Testen(und in der Uebung, zum Foerdern) des Verstaendnisses ist
> auch, Details zu vervollstaendigen, zB die Methode einer ansonsten
> fertigen Klasse. Verstaendnisfragen funktionieren auch. Im Bereich ET
> an der Ruhr-Uni zumindest ist sowas aber nicht so sehr beliebt. Viele
> Studis sind erbost, dass Dinge abgefragt werden, die nicht im Skript
> stehen.
>

Nun, das ist denke ich bei allen Studies so, das war zu meiner Zeit auch nicht 
anders. 

> Selbst bei muendlichen Pruefungen ist es eine Ausnahme, wenn der
> Student mal improvisieren soll. Und...ich bin nicht sicher, ob man
> sowas noch erwarten kann. Jeder Furz macht heut sein Diplom und diese
> akademische Elite sonnt sich dann im gegenseitigen Schulterklopfen. Der
> Unterricht ist bei der Haelfte der Profs unter aller Sau, teilweise
> wird sogar das Thema der Vorlesung verfehlt.
>

Das die Bildungspolitik verfehlt ist und sich das vor allem in der Qualität 
niederschlägt ist nicht so ganz neu. Mein Abschluß liegt auf dem Feld der 
Kohlschen Kürzungsorgien beim Bafög.  Das Schizophrene an der Sache ist, man 
will Studienzeiten verkürzen und Geld sparen, gleichzeitig aber 
Höchstleistungen produzieren. Besser kann man das Ziel Höchstleistungen nicht 
verfehlen. Und man orientiert sich an einem Schwachsinn wie Pisa, der 
hochgejubelt wird und man sich langsam fragt ob überhaupt jemand jemals 
verstehen wird, das man Bildunsgsysteme mit unterschiedlichem Ansatz nicht 
vergleichen kann, schon ein direkter Vergleich zwischen Bayern und Berlin ist 
schlicht unmöglich, weil der Rahmenlehrplan auf anderen Wegen erreicht wird. 
Aber egal, das Problem ist, wenn man die Resourcen reduziert muß man die 
Ziele nach unten korregieren und die internationale Vergleichbarkeit der 
Abschlüße hat zu einer deutlichen Korrektur gegen Mittelmaß gesorgt.

> Ich wollt grad noch ueber den finanziellen Druck jammern, aber objektiv
> gesehen sind wir da wohl noch immer ganz gut dran. 

Nein, das ist falsch. Verglichen mit den USA vielleicht, verglichen mit 
Schweden auf keinen Fall. Und die US-Verhältnisse sind nicht das Maß der 
Dinge, sondern bestenfalls untere Mittelklasse.

> Wer sein Studium 
> nicht packt hat ein Problem, ausser er hat stumpfe ausbeutende Arbeit
> schon immer als Lebensziel gesehen. 

Danke. :-) Das sehe ich etwas differenzierter.

> Also falls er ueberhaupt nen Job 
> bekommt, mein ich.
>

Es ist nicht ersichtlich, was das eine mit dem anderen zu tun hat.

Mit Jahrgang 64 gehöre ich zu einer Generation, mit der experimentiert wurde. 
Meine Schulausbildung basierte auf der Ganzheitsmethode, sprich es wurde 
weniger Wert auf das Wissen an sich gelegt, mehr darauf Methoden zu 
vermitteln wie man Wissen erwirbt. Mein Jahrgang hat als erster die erste 
Fremdsprache ab der dritten Klasse, wir waren die ersten, die zwischen einem 
mathematisch/naturwissenschaftlichem Zweig und einem sprachlichen wählen 
durften usw. Natürlich funktioniert diese Methode nicht für alle Schüler, 
genauso wie die traditionelle Mehtode auch nicht für alle Schüler 
funktioniert. Und dann kommt Pisa und fragt Wissen ab. :-) Das Ergebnis ist 
vorhersehbar und falsch. Insbesondere wenn in einigen Ländern an ausgewählte 
Schüler Prämien gezahlt werden, damit sie sich beteiligen. :-)

Die systemimmanenten Schwächen aller Ausbildungssysteme ziehen sich durch bis 
zum Abschluß der Ausbildung. Nur frage ich mich, warum deutsche 
Wissenschaftler in aller Welt so begehrt sind, wenn doch unser Bildungssystem 
so schlecht ist.

Na gut, es könnte deutlich besser sein.

Gruß
Thorsten







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