[linux-l] Demokratie und Fertiggerichte/OT
Peter Ross
Peter.Ross at alumni.tu-berlin.de
Di Mai 22 04:45:52 CEST 2007
On Tue, 22 May 2007, Norm at nSteinbach wrote:
> Wie viele Demonstranten waren es, die die Mauer '89 zu Fall gebracht
> haben (Ich meine nicht insgesamt, sondern pro Stadt)?
Am Ende des besagten Kirchentages waren einige Tausend zum Gerhard-
Schoene-Konzert in einer Messehalle. Am Ende wurde "Dona Nobis Pacem"
angestimmt, das Lied trugen alle gemeinsam durch die naechtliche
Innenstadt Leipzigs, es verstummte nicht bis hin zum Bahnhof.
Die randgefuellte Petrikirche in Rostock, in einer kalten Nacht des
Winters davor, in der Wolfgang Schnur ueber die Abschiebung von Stefan
Kraftschik und Gefaehrten sprach..
Viele Dinge fanden hier nicht vor laufender Kamera statt (aber immer vor
dem wachsamen Auge wachsamer "Genossen", ob in Zivil oder Uniform), sind
eher in den Koepfen derer, die dabei waren, denn in den Geschichtsbuechern
von heute.
Es ist auch schlecht verstaendlich, die Wirkung solcher Momente zu
beschreiben, die aeusserst zahm erscheinen, wenn man nicht weiss, welchen
Mut die Leute aufbrachten, sich aufzumachen, und welche Ermutigung es war,
dieses Erlebnis mit vielen zu teilen.
Der Zehnte Juni war eine Ermutigung fuer viele Jugendliche im Osten, die
das ganze nur im Fernsehen verfolgen konnten. Bei uns wurde man in der
Schule gezwungen, Schwerter-zu-Pflugscharen-Aufnaeher abzutrennen, und
jeder, der gegen Atomwaffen war, war gegen den Staat, fuer die NATO. Zu
sehen, dass auf der anderen Seite ein paar Hunderttausend sich
versammelten, war ermutigend, und war auch fuer uns ein Argument: auf
beiden Seiten der Mauer sind Menschen gegen Atomwaffen, nicht nur gegen
Pershings oder SS-20, sondern gegen beide.
Das Land, das ich verliess, war weniger als das geteilte, zwiespaeltige
Deutschland, es war das vereinigte Land der Jammerlappen.
Gruss
Peter
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