[linux-l] [OT] Verfahrensweisen der Onlineüberwachung [was: Boottip fuuer Berufsparanoide;- )]

Thorsten Stöcker tstoecker at baerensoftware.de
Fr Sep 21 03:58:51 CEST 2007


Hallo,

>
> Ich kenne mich mit der Rechtslage zwar nicht wirklich aus, 

Was nicht weiter schlimm ist, aber Verschwörungstheorien erheblichen Vorschub 
leistet.

> könnte mir 
> aber vorstellen (v.a. in Anbetracht, dass hier gerade anscheinend ein
> totalitäres Regime aufgebaut wird), dass man da auch mit zweierlei Maß
> messen können würde, nach dem Motto: "Straftätern, und damit auch
> Verdächtige, kann man ja ruhig mit illegalen investigativen Methoden auf
> die Schliche kommen, schließlich achten DIESE die Gesetze ja auch
> nicht".

Zuerst, der Unterschied zwischen einem Verdächtigen und einem Straftäter ist 
gewaltig. Der Straftäter ist rechtskräftig verurteilt, bis dahin ist er nur 
Verdächtiger.


> Und wenn man so an Methoden denkt, wie sie die weniger offiziell 
> arbeitenden Ermittlungsdienste (VS, BND, evtl. sogar MAD) allem Anschein
> nach zu benutzen scheinen, kann es dann auch einfach heißen: "Die
> Informationen sind auf geheimdienstliche Weise beschafft worden." -

Das ist sehr schön, aber unerheblich. Der Antrag diesen Beweis nicht 
zuzulassen, muß jedes Gericht folgen. Weil als Angeklagter hast Du ein Recht 
auf Akteneinsicht und Auszug. Der deutschen Praxis, nur dem Verteidiger 
Einsicht zu gewähren, hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte 
gerade 2 Absagen erteilt. Ich bin mir ziemlich sicher, die Prozesse in 
Stammheim wären anders gelaufen, wenn das damals schon gegolten hätte. 
Übrings nur so als Anmerkung, die "Terroristen" dort sind nie rechtskräftig 
verurteilt worden.

> Schon gibts nix illegales mehr... 

Oh, das ist hoch illegal, weil die Geheimdients, ähnlich wie die Bundeswehr 
nicht zur Kriminalitätsbekämpfung eingesetzt werden dürfen. Das wird gerne 
vergessen.

> Natürlich wird das dann nicht 
> unbedingt bei Hinz und Kunz wegen kleineren Steuerhinterziehungsbeträgen
> oder illegalen Urheberrechtsverletzungen geschehen, sondern vielleicht
> eher bei Drogendealern die mit Mengen im Tonnenbereich handeln oder so,
> aber vorstellbar wäre es.

Klar, bei Drogendealern, Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz. Warum 
wirfst Du nicht gleich eine Atombombe in Deiner Wohnung ab, um die Wanzen zu 
töten?

> Ob der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte nach Etablierung des
> "EU-Rahmenvertrags" (ehem. Verfassung) noch allzu viel Gewicht hat,
> dürfte ebenfalls fraglich sein, nach allem was ich über diesen Text
> gelesen habe, stehen die Menschenrechte da nicht mehr an erster Stelle.
>

Oh, das glaube ich nun weniger, weil ein Rahmenvertrag nun mal keine 
Verfassung ist. Und wenn ich sehe, wie eigenwillig das BVerfG gewisse 
Europäische Verträge auslegt, bzw. deren Gültigkeit mache ich mir wenige 
Sorgen was das angeht.

Aber gut, ein paar Grundlagen.

Unser gesamtes Rechtssystem geht auf das römische Staatsrecht zurück.. Die 
gesamte Philosophie fußt darauf und wenn Du Dich der Mühe unterziehst, Cicero 
so lesen, wirst Du ein paar grundlegende Ideen dazu finden.

So etwas wie den "übergesetzlichen Notstand" gibt es nicht. Es gibt nur Recht 
oder Unrecht. Genauso wie es ein bißchen schwanger nicht gibt. Hopp oder 
Topp.
Den Zustand undefiniert gibt es nicht. Alles was nicht Recht ist, ist Unrecht.
Wenn es also für etwas keine gesetzlich Grundlage gibt, ist die Ausführung der 
Handlung unrecht, automatisch.
Nun gibt es zwischen der theoretischen Sicht des Rechts und der Wirklichkeit 
immer Konflikte und um diese Konflikte zu lösen, sind Richter da, die 
verpflichtet sind die Wahrheit herauszufinden.
Besonders häufig vorkommendes Unrecht hat man per Definition als Unrecht 
deklariert. Zum Beispiel wenn Du jemanden umbringst, das ist Unrecht. 
Geschieht es heimtückisch ist es Mord, fährst Du jemanden über den Haufen ist 
es Totschlag, verteidigst Du Deine Freundin ist es Notwehr, zwar ein Delikt 
aber das wird nicht bestraft.

Einfach nicht wahr? 

Was hälst Du davon, für einen Mord eine Geldstrafe von weniger als 90 
Tagessätzen zu bekommen (das heißt nicht vorbestraft)?

Oder ein sehr praktischer Fall.
Du stellst Dein Auto an einer Stelle ab, an der nur nachts geparkt werden 
darf, tagsüber herrscht dort Parkverbot. Du findest natürlich ein Ticket. Du 
wirst es nicht bezahlen müssen. (Geht natürlich nicht vor Deiner Haustür, 
aber in einer anderen Straße oder einer anderen Stadt.)
Die Argumentation ist einfach. Du warst letzte Nacht so betrunken, das Du Dein 
Auto hast stehen lassen und mit ÖPNV gefahren bist. Und konntest es erst 
abholen nachdem Du nüchtern warst. Das Verfahren wird eingestellt. Weil Du 
mit der Begehung einer Ordnungswidrigkeit (Falschparken) eine Straftat 
(Fahren unter Alkoholeinfluß) verhindert hast. Nachts durftes Du dort ja 
parken, hast also keine Ordnungswidrigkeit begangen.

:-) das funktioniert.

Oder, ihr seid zu viert im Auto unterwegs, kommt von der Fahrbahn ab 
beschädigt einen Leitpfosten und ein Stück Leitplanke. Keiner ist so nüchtern 
das er noch fahren kann, ihr braucht aber alle Euren Führerschein. Keiner 
wird bestraft, ihr müßt nur jeder behaupten, das ihr der Fahrer wart. Das ist 
physikalisch unmöglich, sprich einer sagt die Wahrheit und drei lügen. Aber 
wer lügt und ist unschuldig und darf daher nicht verurteilt werden (höchstens 
wegen Irreführung). Das Gericht kann die Wahrheit nicht ermitteln so lange 
ihr alle dabei bleibt. Vier Freisprüche, da in dubio pro reo.

Ich könnte noch ein paar nette Beispiele aufzählen. Und das sind keine 
theortischen Beispiele. 

:-)

Aber zurück. Im Strafprozeß und um den geht es Dir, gilt in der 
Hauptverhandlung das Strengbeweisverfahren. Und zwar ausnahmslos.

Du unterschreibst beim Verhör ein Geständnis. In der Hauptverhandlung 
bestreitest Du das. Du darfst aufgrund Deines Geständnisses nicht verurteilt 
werden.

Zu Deiner Theorie.

Du wirst angeklagt.

Bevor Du zu eine Anwalt rennst, Antrag auf Akteneinsicht. Der wird meist 
abgelehnt. Also teilst Du mit, das Du dies als die Verweigerung von 
rechtlichem Gehör wertest und wartest ab.

Irgendwann entscheidet das Gericht über die Anklageerhebung und Eröffnung der 
Hauptverhandlung. Du beantragst Akteneinsicht und Verschiebung des Termins. 
Dazu ergeht ein richterlicher Beschluß, der mal so und mal so aussieht. Gegen 
diesen Beschluß, sollte er Dir nicht Akteneinsicht gewähren, legst Du 
Beschwerde ein und stellst Befangenheitsantrag gegen das Gericht.

Bekommst Du Einsicht, machst Du Dir ein paar Notizen und rennst dann zum 
Anwalt. Wichtig ist, das Du die Beweismittel der Staatsanwaltschaft kennst.

Gegen jeden Beschluß, der Dir die Akteneinischt verwehrt, legst Du wieder 
Beschwerde ein, immer unter Hinweis auf die Verweigerung von rechtlichem 
Gehör --> das landet nach der fünften Beschwerde beim Europäischen 
Gerichtshof für Menschenrechte.

Wenn Du also so oder so in die Akte geguckt hast, beauftragst Du einen 
Rechtsanwalt. Der holt sich eine Abschrift der Akte. Nun könnt ihr beraten.

Aus der Akte ergeben sich alle Beweismittel, die die Staatsanwaltschaft hat. 
Zeugen, Indizien, Geständnisse, Verhörprotokolle.

Beweismittel sind keine Beweise, Beweise werden es erst wenn das Gericht es 
als Beweis feststellt.

Du siehst also die Beweismittel und es steht dabei, wo die her sind. Du 
beantragst also die Beweismittel aus geheimdienstlicher Tätigkeit nicht 
zuzulassen.Darüber entscheidet das Gericht und es folgt der selbe Marathon 
wie bei der Akteneinsicht.

Nur das es in diesem Fall dazu führt, daß die Beweismittel ganz sicher nicht 
zu gelassen werden und Du zusätzlich ein paar Strafanträge verteilen kannst. 
Die StPO verbietet die Verwendung illegal erworbener Beweismittel. Und wie 
heißt es so schön im GG. 

Art 97 
Die Richter sind unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen.

Art. 25 GG 
Die allgemeinen Regeln des Völkerrechts sind Bestandteil des Bundesrechts. Sie 
gehen den Gesetzen vor ...

Art 3 GG
Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

Wird ein wenig schwierig, illegal erworbene Beweismittel zu verwenden. Es 
könnte durchaus sein, das sich da eine paar Leute vor dem 
Völkerrechtstribunal der UN wiederfinden. Das gilt übrings im Zweifel auch 
für Jung und seine Piloten. 

Übrings Jung droht im Falle des Abschußes eine Anzeige nach dem 
Völkerrechtsstrafgesetzbuch der BRD, eine Strafanzeige wegen Mord, eine 
Strafanzeige wegen Vorbereitung eines Angriffskrieges, sowie ein Verfahren 
vor dem Kriegsverbrechertribunal. Den Piloten auch, auch die werden nicht mit 
Totschlag davonkommen, weil es den Befehlsnotstand in dieser Situation nicht 
gibt.

Ich frage mich allerdings, von welcher Schweinerei die mit diesem Rummel 
ablenken wollen.
>
> Naja, nur meine Meinung, vielleicht bin ich auch zu paranoid, wer weiß
> das schon (wobei ich nichtmal davon ausgehe, dass ich als unwichtiger
> und nicht krimineller strassenfeger-verkäufer davon betroffen wäre).
>
Du willst mir jetzt nicht erzählen, daß Du eine von diesen Nervensägen bist. 
Ich bin ein halbes Jahr zwichen Spandau und Adlershof per ÖPNV gependelt und 
ich bin für ein absolutes Hausverbot dieses Personenkreises im ÖPNV und vor 
Kaufhauseingängen.

Ich habe das weinerliche Geseiere am Tag zwischen 10 und 20 mal über mich 
ergehen lassen. Eure Lügen nimmt Euch doch sowieso niemand ab. Die Leute 
geben Euch Geld in der vergeblichen Hoffnung, daß ihr endlich die Klappe 
haltet, nur um in der nächsten Station von dem nächsten Deppen genervt  zu 
werden.

Warum macht ihr es nicht wie die Londoner? Lauft durch die Gegend und verkauft 
Eure Zeitungen. Im ÖPNV nervt ihr nur. Ich will auf den anderthalb Stunden 
mein Linuxmagazin lesen und ich bin sehr ungehalten, wenn mich jemand dabei 
zutextet. 

Ich hab bei meinen London-Aufenthalten bestimmt  20 Pfund in das Altpapier 
investiert, in Berlin noch nicht einen Cent. Rate mal warum. Aus dem selben 
Grund, warum ich Autos nicht an "Was iss letzte Preis" verkaufe, selbst wenn 
der 200Eur höher liegt, als jemand der verhandelt.

Heißer Tipp von mir. Seid freundlich, spart euch die verlogenen Geschichten, 
weil selbst wenn sie wahr sind, glaubt das keiner und interessieren tut es 
auch niemanden und haltet Euch aus den ÖPNV fern...

Gruß
Thorsten


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