linux-l: Bill Gates Tortenaktion
Claus Vogt
linux-l-LISTE at clvpoint.forth-ev.de
Sa Okt 31 15:41:00 CET 1998
Eine nette Idee, mal über was nachzudenken, was so gar nicht mit Rechnern
zu tun hat :-)
> > wir abiturienten des Jahrgangs 99 suchen nach einem Rezept
>
> - 1 Kg zement
> - 2 Liter Wasser
> - ein foermchen.
>
Nach meinen Erfahrungen mit solchen Aktionen ist das vorgeschlagene Rezept
denkbar ungeeignet. Erstens muß natürlich Sand dazu und die
Dosierempfehlung von einem fachkundigen Maurer kommen, der nicht an jeder
Schule zur Verfügung steht. Zweitens - und viel schwerwiegender - sind
Vorlaufzeiten zum Materialtransport und Nachlaufzeiten zum Abbinden
erforderlich. Dadurch wird einerseits das subjektive juristische
Tatbestandsmerkmal des Vorsatzes konstituiert und andererseits wirft es
praktische Probleme auf. Es ist schwer genug dem Universitätspräsidenten
die Tür zuzumauern. Schwerer ist es, anschließend vier bis sechs Stunden
davor zu verweilen, um beim Abbinden Schmiere zu stehen. Wie das
abbindende Schmierestehen bei fliegenden Objekten vorm Lehrerzimmer
praktisch zu realisieren ist, entzieht sich gänzlich meiner Phantasie.
Mein Gegenvorschlag (vielleicht zu ingenieurmäßig):
Es gibt eine Reihe technischer Schäume, die für jeden Einsatzzweck genau
das richtige bieten.
Sie sind leider recht teuer, aber es dürfte reihenweise deklassierte
Bauhandwerker und Industriefacharbeiter geben, die bei Nennung eines
einzigen geeigneten Lehrernamens die Beschaffung und Beratung kostenlos
übernehmen.
Natürlich steht Euch auch der normale Beschaffungsweg zur Verfügung: Die
Firmen anschreiben und um Probemuster bitten. Hierbei werden üblicherweise
Lehrername und Anwendungszweck nicht genannt. Erforderliche Angaben sind
allerdings die gewünschte Menge. Für kostenlose Probemuster würde ich
aufgeschäumt mal mit 2400 bis 2800 Kubikmeter einsteigen. Die Frage nach
Preis- und Lieferfristen einer entsprechenden Menge ist zwingend, ebenso
wie ein glaubwürdiger Briefaufbau. Dabei lernt man auch die Kunst des
Briefaufbaus, die für Bewerbungen nicht unwichtig ist. Es sollte mit
Schulrechnerausstattung problemlos möglich sein. Absender sollte (wenn
keine befreundete Firma zur Verfügung steht), eine vertrauenswürdige
Privatperson sein. Das sieht genauso nach OHG aus, wenn man noch ein
nettes Geschäftszeichen erfindet und schützt vor Auffliegen beim
telefonischen Rückfragen oder beim ersten Blick ins Handelsregister.
Solche Rückfragen sind grade bei Probenwünschen nicht auszuschließen.
Manchmal ist ein nach Universität aussehender Brief empfehlenswert. Da
sind die Firmen ziemlich viel an Dussligkeit von Anfragen gewöhnt und
wundern sich nicht, wenn das unprofessionessionellste
Kommunikationsverhalten grade bei Entscheidungsträgern auftritt.
Den nötigen Vorlauf für solche Anfragen habt Ihr derzeit noch. Selbst wenn
sich im Frühjahr eine bessere Lösung findet, wäre der Aufwand vertretbar.
Als technische Rahmendaten wären bei Euch wichtig
- Menge (s.o.)
- mechanische Eigenschaften
- chemische Eigenschaften
- Handhabung
- Gefahrenklasse
Eine Verschlüsselung der wirklichen Anforderungen in ungefähre technische
Spezifikationen könnte vielleicht wie folgt aussehen.
- "ordentlich matschig", also nach frühestens 3, spätestens 6 Stunden
griffest und formstabil, auch bei biegsamen porösen Oberflächen .
Mindestens 2 Stunden nach Einsatz noch grob formbar.
- "transportabel/volumniös", also Volumenverhältnis Endzustand:Gebinde
mindestens 15:1 bis 30:1
- "langhaltend", also auch bei teilweiser Oberflächendeckung sicher
haftend, Angabe der Zugfestigkeit nach Abbinden erfragen und je
gewünschter Nachhaltigkeit dosieren - von "Kleiderbürste reicht" bis "auch
nach chemischer Reinigung nicht entfernbar"
- "leicht überall handbabbar", also auch von angelerntem Personal mit
wenig technischem Gerät sofort vor Ort zu benutzen
- "ungefährlich", also auch laufendem Publikumsverkehr ohne besondere
Vorkehrungen in normaler Arbeitskleidung einsetzbar
Übrigens erhöht die teilweise eher wage und fachunkundig klingende
Formulierung eher die Glaubwürdigkeit so einer Anfrage. Solche
'Verschlüsselungen' sind durchaus üblich. Im Markt dürften vielleicht zwei
bis drei geeignete Anbieter in Frage kommen. Für einen Auftraggeber einer
solchen Bestellung ist es vielleicht *das* Großprojekt seiner kleinen
Firma. Da kann er sich nicht leisten, daß auf diesem Weg Infos an die
Konkurrenz gelangen. Zur Erhöhung der Glaubwürdigkeit würde ich aber noch
ein paar abgesichert fachkundige Formulierungen einfließen lassen. Dazu
dürften zwei drei Zeilen, abgeschrieben von irgendeiner Spraydose
Isolierschaum im Bauhaus, völlig reichen.
Eure Idee, die Lehrer hinter eine Wand zu stellen, scheint mir
ungeschickt. Nach Durchschlagen der Wand noch eine genau definierte
Durchschlagskraft zu erzielen hat nicht einmal Smith&Wesson mit seinen CS-
Granaten geschaft. Für einmalige Anwendung mit ungeschultem Personal unter
steigendem Adrenalin- oder Alkoholanfluß kann man da auch gleich
Handfeuerwaffen benutzen. So zumindest die Stellungnahme von Smith&Wesson
nach den ersten Einsätzen (Riots in London oder Liverppol ca. Anfang der
80er).
Stellt die Lehrer vor die Wand. Man glaubt gar nicht mit was für plumpen
Bemerkungen man eine Kleingruppe von Akademikern irgendwo hinlocken kann.
Wenn die ersten drei losgehen müssen die andern sowieso hinterher, wenn
sie nicht vor überheblicher Neugier platzen wollen. Die Wand verhindert
ein bißchen den Dreck. Sowas ist als nette Geste gegenüber dem Hausmeister
nicht zu unterschätzen, da dieser an den meisten Schulen als einziger
Mensch die Zivilcourage besitzt, gegen 2 bis 2000 potentielle
Schmutzveruracher aufzutreten. Das tut er nämlich dreißig Jahre lang 8 bis
14 Stunden pro Tag, oft sogar am Wochenende.
- Claus -
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