[linux-l] KDV-Debatte

Olaf Radicke olaf_rad at gmx.de
Do Jun 15 22:04:40 CEST 2006


Am Donnerstag, 15. Juni 2006 19:30 schrieb Mike Dornberger:
> Hallo Olaf,
>
> On Thu, Jun 15, 2006 at 02:13:49PM +0200, Olaf Radicke wrote:
> > Beschäftige dich mal z.B. mit Corder Catchpool
> > http://www.bautz.de/bbkl/c/catchpool_t_c_p.shtml
>
> kannst du mal zusammenfassen (oder einen Eintrag auf Wikipedia machen), was
> er wichtiges getan hat. Der Text der genannten Seite ist mir zu
> unstrukturiert zum "mal schnell nebenbei" lesen. Daher weiß ich nicht (und
> andere sicherlich auch nicht), worauf du hinaus willst.

Hier die gekürzte und kommentierte Version....

Autor: Claus Bernet  

CATCHPOOL, Thomas Corder Pettifor, * 15.7. 1883 in Leicester, † 16.9. 1952 in 
der Schweiz. Quäker, Pazifist, Friedensaktivist.

[...] Durch seine Quäkererziehung war Corder Catchpool fest im Pazifismus 
verankert. Bereits seine Berufsentscheidung im Alter von neunzehn Jahren war 
von der Überlegung beeinflußt, den Mitmenschen zu dienen. Wegen bescheidener 
finanzieller Verhältnisse konnte er sich allerdings kein Medizinstudium 
leisten 

[Anmerkung: Er gehörte also nicht zu dem "Berufsbild", dem Michael Kasten am 
13.06.2006 18:59 zugesteht, das töten zu verweigern]
[...]
Nach seiner Rückkehr nach England arbeitete er zunächst wieder als Ingenieur. 
Als er mitten in den Planungen für eine Gartenstadt der Angestellten der 
Cadbury-Fabriken für knapp vierhundert Bewohner stand, brach der Erste 
Weltkrieg aus. Er gab seine berufliche Stellung sofort auf, um freiwillige 
Hilfsarbeit leisten zu können. In kurzer Zeit besuchte er Erste Hilfe Kurse. 

Mit anderen Quäkern war er an der Gründung der First Anglo-Belgian Field 
Ambulance, später Friends Ambulance Unit (FAU) beteiligt. Sein erster 
Einsatzort war Dunkirk. Hier half er an der Flandernfront französischen, 
deutschen und englischen Verwundeten. 

[Anmerkung: ...Also allen. "Freund" und "Feind"] 

Viele betreute er in den letzten Stunden ihres Lebens. Zwei Jahre arbeitete er 
unter Lebensgefahr an der vordersten Front; oftmals holte er noch während der 
Kampfhandlungen verwundete Soldaten aus den Schützengräben. 

[Anmerkung: Ist das, daß was Steffen Dettmer meinte als er am 14.06.2006 23:46 
schrieb "Viele Zivis sind aber gar nicht religiös, sondern faul."?]

[...]
Mit der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht in England (Military Service 
no.2 Act) sollte die Friends Ambulance Unit dem Heer eingeordnet werden. 
[Anmerkung: Was der blanke Hohn ist! Da hätten sie den Papst auch als 
Flakhelfer einberufen können. Na ja, Razi war ja so gar einer :-)]

Aus diesem Grund verweigerte Catchpool hinfort den Ersatzdienst und kehrte 
nach England zurück und wurde unter Anklage gestellt. Im Januar 1917 wurde er 
erstmals zu 112 Tagen Gefängnis verurteilt. In der Folgezeit hatte er als 
Totalverweigerer insgesamt eine Haftzeit von über zwei Jahren auf sich 
genommen. Unter anderem saß er in den Gefängnissen zu Exeter und Ipswich, wo 
er schwere Arbeit leisten mußte, was seine Gesundheit ruinierte. Erst am 8. 
April 1919 wurde er endgültig entlassen. 

[Anmerkung: Steffen Dettmer mutmast und spekuliert am 14.06.2006 23:46 "Bei 
der BW hatten wir einen Totalverweigerer, der saß aber nur zwei, drei Wochen 
im Knast und bekam dann wohl ne Bewährung oder so. Weiss nicht. Jedenfalls 
sitzt man nicht lebenslang im Knast, wenn einem nach 18 Jahren plötzlich 
einfällt, doch gegen das GG zu sein." ...Catchpool wäre er veräckt, als das 
im nach "18 Jahren plötzlich [was] einfällt"]

Eine Sammlung von Briefen aus diesen Jahren wurde 1918 unter dem Titel On Two 
Fronts veröffentlicht. Im Gefängnis faßte er den Entschluß, etwas aktiv zu 
der Versöhnung zwischen den Völkern beizutragen. 

Er entwickelte die Idee eines Quäkerzentrums in Berlin, und lernte, um sich 
auf die Aufgaben der Nachkriegszeit vorzubereiten, die deutsche Sprache. Nach 
seiner Freilassung begab er sich Ende 1919 nach Berlin, um sich an der 
dortigen Hilfsarbeit der Quäker zu beteiligen. 

[...]

1930 begab sich das Ehepaar mit den vier Kindern als Repräsentanten der Quäker 
nach Berlin. Corder Catchpool war ab Mai 1931 Sekretär des Internationalen 
Quäkerbüros (Quaker International Center) in Berlin. [...] Ab 1933 waren die 
Bedingungen der Arbeit in Berlin schwierig geworden. Corder Catchpool wurde 
mehrmals von der Gestapo verhört und war zweimal im Berliner Polizeipräsidium 
am Alexanderplatz inhaftiert. 

[Anmerkung: Nun kannte er auch die Knäste der ehemaligen und noch Feindes von 
England. So mit kann man ihm wohl kaum unterstellen, er hätte England 
verraten] 

Am 3. April 1933 wurde sein Berliner Wohnsitz Wannseestraße 14 am 
Schlachtensee fünf Stunden durchsucht. Im August 1935 unterzog ihn die 
Gestapo in ihrer Zentrale in der Berliner Prinz-Albrecht-Straße 8 einem 
Kreuzverhör unter Kommissar Nickel. Die Familie stand unter Beobachtung der 
Gestapo und mußte am Telephon, bei der Post und bei persönlichen Kontakten 
größte Sorgsamkeit an den Tag legen. 

Um die Nationalsozialisten als Menschen besser zu verstehen, knüpfte Corder 
Catchpool vielfältige Kontakte und Beziehungen, auch zu den politischen 
Machthabern. Er sprach und korrespondierte mit dem Ministerialrat Hans 
Thomsen in der Reichskanzlei, dem Pressechef der NSDAP Ernst Hanfstaengl, 
Hans-Heinrich Frodien, einem Adjundant Heinrich Himmlers (1900-1945).

Catchpool ging es nicht darum, seine Gegner pauschal zu verurteilen, sondern 
sie zunächst kennen- und verstehen zu lernen. Er bemühte sich auch, mit Adolf 
Hitler persönlich ein Gespräch zu führen, doch er wurde in der Reichskanzlei 
nicht vorgelassen. 

[...]
Corder Catchpool hingegen versuchte, durch seine Beziehungen Freilassungen 
verschiedener Gefangener zu erwirken, oder zumindest deren Haftbedingungen zu 
erleichtern. Der prominenteste Häftling war der deutsche Pazifist Carl von 
Ossietzky (1889-1938)[...] und Erich Mühsam (1878-1934). 

[...]Am 6. Juni konnte sich Catchpool für zwei Stunden im Konzentrationslager 
Papenburg-Esterwegen aufhalten. So konnte er Ossietzky treffen und zum 
erstenmal seit fast zwei Jahren gelangten über Catchpool authentische 
Nachrichten über dessen körperlichen und seelischen Zustand an die 
Weltöffentlichkeit. [...] In der Folgezeit betrieb Catchpool die Verlegung 
Ossietkys, der an Lungentuberkulose erkrankt war und dessen Allgemeinzustand 
sehr schlecht wurde, in ein Krankenhaus. 

[...]Im Oktober 1936 entschloß sich das Ehepaar aus Rücksicht zu ihren Kindern 
und wegen finanzieller Schwierigkeiten, Berlin zu verlassen, [...]. Bis zu 
diesem Zeitpunkt [1937] war es ihm gelungen, vielen Juden bei der Ausreise 
aus dem Deutschen Reich beizustehen. Diese Arbeit ließ sich von London aus, 
wo er ab 1937 wieder seinen festen Wohnsitz nahm, nur schwer fortsetzen, 
wurde aber im Rahmen der Möglichkeiten weiterbetrieben. - Während des Zweiten 
Weltkrieges arbeitete er als Luftschutzhelfer und Krankenwärter in einem 
Londoner Arbeiterviertel. 

Gleichzeitig widmete er sich intensiv der Friedensfrage und arbeitete im 
Friends Peace Committee, im Bombing Restrictior Committee und in der Peace 
Pledge Union mit, ebenso wie im Internationalen Versöhnungsbund, bei den War 
Resisters, und in der National Peace Council. 

[...]seit Herbst 1940 zwei Nächte in jeder Woche in einem Krankenhaus als 
Krankenträger und brachte Opfer der Bombardierung Londons aus den Ruinen in 
umliegende Krankenhäuser. 




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