[pkl] vordenker newsletter August 2018

Joachim Paul joachim.paul at vordenker.de
Fr Aug 17 17:37:43 CEST 2018


Liebe Vordenkerinnen, liebe Vordenker,

Vorbemerkung in eigener Sache:

Die Gesetzgebung, genauer die neue Datenschutzgrundverordnung DSGVO
verlangt, dass explizit nachgefragt wird. Diese Mail geht an einen bei
mir gespeicherten Email-Verteiler. Möchten Sie den Newsletter nicht mehr
erhalten, dann teilen Sie mir das bitte kurz mit. Eine Mail mit
"Abmeldung" im Betreff reicht völlig, ich lösche dann Ihre Adresse aus
dem Verteiler.

Nun aber zum Newsletter:

Liebe Vordenkerinnen, liebe Vordenker,

einen indentischen Text mit den entsprechenden Verlinkungen finden Sie hier:
https://www.vordenker.de/blog/?p=2029

die letzte Ausgabe des vordenker newsletters ist fast ein Jahr her. In
ihr präsentierten wir – als ziemlich großen Brocken – das Rudolf Kaehr
Archiv nebst einer Einleitung von Eberhard von Goldammer.

Nun gibt es eine ganze Reihe kleinerer Neuigkeiten. Zunächst drei
Hinweise auf Lesenswertes, Belletristisches des Autors A.J. Weigoni
nebst Besprechung von Constanze Schmidt und Wissenschaftlich-Prosaisches
des Physikers Willy Bierter und des Ingenieurs Ulrich Kramer.

Gotthard Günther - ArchivfotoAber der Reihe nach: Fünf im Original
englische Arbeiten von Gotthard Günther liegen nun bilingual –
englisch/deutsch – vor und mögen – unter anderem – weitere wichtige
Einsichten zur Kybernetik und ihrer Geschichte liefern – fernab der
umsichgreifenden Begriffsmissbräuche und Sprechblasenproduktionen dazu
im Netz.

Warum auf Deutsch, reichen nicht die englischen Originale? Das ist
sicher eine berechtigte Frage. Allerdings sind englische Texte mit
einigem philosophischen Gehalt nicht jederfraumann gleichermaßen
zugänglich. Deshalb haben wir uns zu diesen Übersetzungen entschlossen,
die übrigens rationalisiert werden konnten durch den sehr guten Kölner
Online-Übersetzer DeepL. Die Performance ist nebenbei bemerkt deutlich
besser als die von Google Translate.

Gleichwohl wurden die KI-Übersetzungen in einem sorgfältigen
zweischrittigen Verfahren Satz für Satz korrigiert und verbessert. Der
Zeitgewinn war jedoch beträchtlich.

Eine kleine Anekdote am Rande, die englischen Texte Günthers enthalten
wie zu erwarten recht häufig den Begriff „subject“. Gemeint ist hier
natürlich das Subjekt als Gegensatz zum Objekt, als Teil des
Begriffspärchens aus der klassischen Seinslehre. DeepL machte aus
„subject“ recht häufig „Thematik“ oder „Thema“, woraus – wen wundert‘s?
– ein weiteres Mal hervorgeht, dass selbst gute KI-Übersetzer
monokontextural arbeiten. In einem anderen Kontext jedoch ist „Thema“ so
falsch nicht, den selbstverständlich ist bei Gotthard Günther das
Subjekt das Thema , das menschliche zumal.

Die Arbeiten sind bilingual in zwei Spalten präsentiert. Ein Hin- und
Herspringen zwischen den Sprachversionen mag so zu der ein oder anderen
neuen Erkenntnis führen.

Chronologisch nach den Zeitpunkten ihres Entstehens macht Cybernetic
Ontology and Transjunctional Operations, Kybernetische Ontologie und
transjunkte Operationen, den Anfang. Der Aufsatz wurde 1962
veröffentlicht und repräsentiert eine der ersten Arbeiten Günthers am
BCL. Er ist insbesondere deshalb interessant, weil das Thema der
Kontextur – wie in allen seinen Arbeiten seit den späten 50ern – darin
schon implizit angesprochen ist. Zitat aus: Die gebrochene Rationalität,
1958: „Eine nicht‑aristotelische, trans‑klassische Logik ist also ein
Stellenwertsystem der klassischen Logik, das die letztere sowohl in
ihrer irreflexiven (von uns erlebbaren) Normalform als auch in allen
überhaupt möglichen reflexiven Varianten zeigt.“ Gotthard Günther
verwendete die Begrifflichkeit der Kontextur – anstelle von Wertsystem
oder Stellen- bzw. Ortswertsytem – erst seit etwa 1970.

Natürliche Zahlen in transklassischen Systemen, Natural Numbers in
Transclassic Systems, wurde 1971 in zwei aufeinander folgenden Ausgaben
des Journal for Cybernetics publiziert. Günther widmete diesen Aufsatz
dem Gedenken an Warren S. McCulloch, der im September 1969 verstarb. Der
Text stellt insofern eine Besonderheit zu einer „Philosophie der
Kybernetik“ dar, weil er explizit darauf insistiert, dass „Theorien der
transklassischen Logik und mehrwertige Ontologien“ zu dem Zweck
eingeführt werden, „um nicht die ‚essentielle Einheit‘, sondern die
wesentlichen Unterschiede im Konzept einer Maschine und dessen, was
Wiener das lebende Gewebe nannte, aufzuzeigen.“

A New Approach to the Logical Theory of Living Systems, ein neuer Ansatz
zur logischen Theorie lebender Systeme, stammt aus dem Jahr 1972 und ist
ein bislang unveröffentlichtes Manuskript eines Vortrags in Chicago. Es
stammt aus dem Privatarchiv von Rudolf Kaehr und ist
höchstwahrscheinlich – bislang wurde das nicht überprüft – identisch mit
den ersten 15 Seiten in Mappe 264 im Nachlass Gotthard Günthers (Nr.
196) in der Handschriftenabteilung des Staatsarchivs Preussischer
Kulturbesitz. Günther referenziert darin auf die Tarner-Lectures des
Physikers Erwin Schrödinger am Trinity-College in Cambridge, die später
unter dem Titel „Mind and Matter“, bzw. „Geist und Materie“
veröffentlicht wurden.

In dem bislang unveröffentlichten Aufsatz Negation and Contexture,
Negation und Kontextur, aus dem Jahr 1972 begründet Günther, warum die
Theorie der Monokontexturalität aufzugeben und durch eine Logik
polykontexturaler Systeme zu ersetzen ist.

Den Abschluss bildet der Aufsatz Life as Polycontexturality, Leben als
Polykontexturalität, aus dem Jahr 1973. Wir enthalten uns eines
Kommentars und fordern stattdessen zum Lesen auf, jedoch nicht ohne den
Hinweis, dass dieser Text Günthers insbesondere in der Soziologie recht
häufig rezipiert wurde.

Zu Ulrich Kramer gab es schon eine Ankündigung. Ulrich Kramer leitete
lange Jahre das Autolab an der Hochschule Bielefeld. Veröffentlicht ist
hier eine ganze Aufsatzsammlung, „Miä Lääwaafn – Ungehaltene Reden aus
nichtigem Anlass“. Miä Lääwaafn ist ein Ausdruck aus dem „Fränggischn“
und bedeutet in etwa soviel wie „Mein Leergerede“. Wie leer dieses
Gerede wirklich ist, davon können sich die geschätzten Leser*innen gern
selbst überzeugen. Für den schnellen Einstieg gibt es hier separat einen
Auszug aus der Aufsatzsammlung mit dem Titel „Zum Ursprung der
Kybernetik“ Warum? Weil es passt. Denn der Beitrag stellt die Kybernetik
in philosophische und wissenschaftshistorische Bezüge, die so manchen
überraschen mögen. Mehr soll hier nicht verraten werden.

Der Düsseldorfer Autor A.J. Weigoni veröffentlichte unlängst einen
weiteren Roman, „Lokalhelden“, der als ethnographische Exkursion in den
rheinischen Alltag verstanden werden kann. Also Lokales, wohltuend im
Zeitalter der Globalisierung, obwohl, global waren die Rheinländer ja
schon immer, irgendwie …, globale Lokalhelden eben. Die Besprechung von
Constanze Schmidt findet sich hier.

Zu guter Letzt freuen wir uns über Willy Bierter’s „Wege eines Wanderers
im Morgengrauen – Auf den Spuren Gotthard Günthers in transklassischen
Denk-Landschaften“, ein literarisch-handwerklich gelungener – über weite
Strecken dialogischer – Grenzgang an den Rändern der klassischen
Seinslehre, nebst Exkursionen und Sprüngen darüber hinaus. …. Es besteht
die Hoffnung, dass dieses Buch den Zugang zum Werk des „preußischen
Kybernetikphilosophen“ Gotthard Günther für einen größeren Leserkreis
öffnet.

Viel Spaß beim Lesen (gerade das sollte man heutzutage öfter mal sagen),
Ihr & Euer

Joachim Paul (Hg. www.vordenker.de)

-- 
Dr. Joachim Paul
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