[linux-l] Was passiert eigentlich wenn SCO (M$) recht hat?!

Steffen Dettmer steffen at dett.de
Sa Jun 7 20:30:38 CEST 2003


* Dietmar Bremser wrote on Wed, Jun 04, 2003 at 01:02 +0200:
> Die GPL hat politische Intentionen und basiert auf dem Prinzip des CopyLeft.

politische?!

> Sicher war UNIX das Vorbild, aber keiner wird bestreiten, dass -gemäß
> der Logik von SCO - DaimlerChrysler jetzt alle KfZ-Hersteller verklagen 
> müsste, weil sie alle Autos bauen, die auf dem Prinzip von  Gottlieb 
> Daimler aufbauen.

Man kann natürlich nix unter die GPL stellen, was einem nicht
gehört. Wenn man in ein GPL Produkt fremdes Eigentum einbaut, ist
das rechtswidrig. Der Eigentümer hat Rechtsmitteln, um dagegen
vorzugehen, beispielsweise ein Vertriebsstop zu erwirken. Der
Programmierer muß dann das fremde Eigentum entfernen. Wenn bei
Software angeblich irgendwas banales (weiß immer noch nicht, was
SCO da gefunden haben will) verwendet und ausgebaut wird, ist das
noch komlizierter. Man könnte dann argumentieren, daß alles wäre
ohne den initialen Diebstahl nie entstanden (egal, wie blöd das
ist, so ne Argumentationen gibts garantiert!). Damit könnte man
dann argumentieren, daß vielleicht Filesystem-,
Speichermanagement- und schedulercode komplett entfernt werden
müssse. Nun kann man dann das Linux natürlich gleich verbieten,
weil das ja bißchen lebensnotwendig ist.

Dank der tollen Softwarepatente würde man heute vermutlich auch
keine Autos mehr bauen können, weil sich jemand ein teueres
Patent auf ein zur Fortbewegung bestimmtes Chassis mit zwei,
drei, vier oder mehr Rädern und optionalen mechanischem Antrieb
sichern würde. Ich schätze, ein durchschnittlicher Patentbeamter
würde so ein Patent selbst heute noch erstmal eintragen... Die
Rechtswidrigkeit hat ja auch niemand bisher abgehalten,
Softwarepatente zu erteilen.

> Nun ist der Kern von Linux aber nicht alles: hinzu kamen Werkzeuge, die
> GNU-Werkzeuge von Richard Stallmans HURD-Entwicklung.
> Torvalds hatte den Kern und keine Werkzeuge. 

Na, und die GNU hatte die Werkzeuge, aber noch ein Jahr bis Hurd
fertig würde (ist jetzt, zehn Jahre später immer noch ein Jahr,
wie wir ja hier schon feststellten), paßte also, klar.

> Und ob das Linux-grep wie das Unix-grep heißt, spielt erst dann eine 
> Rolle, wenn grep ein geschützter Name war.

Vermutlich heißt es GNUgrep.

> Wenn es anders implementiert wurde, was sich schon zwangsläufig aus dem 
> Linux-Kern ergibt, gibt es da rechtlich wenig Chancen.

Na, da muß man vorsichtig sein. Es gibt zweizeilige Shellscripte,
die gegen Softwarepatente verstoßen! Mit solchem Mist kann man in
unserer tollen Rechtswelt viel erreichen, da muß man vorsichtig
sein. Es gibt die beklopptesten Patente und viel geht dadurch
kaputt. Dieses alberne GIF ist so ein Beispiel. Hatte man endlich
einen "Standard", kommt so ein Eumel, und will Geld.

Hinzu kommt ja die Tatsache, daß dieses Vorgehen für ausgewählte
Großfirmen lukrativ ist. Ideale Welt hier: TCPA (oder wie das
heißt) überall, DCMA (oder wie das heißt) dito. Dann öffent man
ein MP3, was man für $1 einmal hören darf. Davon fließen 30cent
an den MP3 Patentrechtinhaber automatisch ab. Und die dumme
Jugend wird das natürlich bezahlen, die kaufen auch CD Maxi für
EUR 5 (von denen 4 EUR für's Video und die Werbung draufgehen,
wobei das Video nicht mal immer mit drauf ist). Das wird man sich
vermutlich gefallen lassen; warum also sollte sich die Industrie
dieses Geld entgehen lassen? Den MP3 Player (MS Media Player)
gibt's günstig als pay-per-use (vom dem Dollar gehen gleich 5cent
dafür automatisch ab). 

Da die Kaufkraft dadurch nicht steigt, werden eben billigere
Autos gekauft oder so, verschiebt sich bißchen, die Mediakonzerne
(die Musik- und Filmindustrie oder Firmen wie MS werden da schon
auf den Zug aufspringen) freuen sich dann natürlich.

Eine große Firma kann dann lächelnd Patentprüfungen für jeden
Mist bezahlen, in der Hoffnung, daß irgendwas hin- und wieder mal
durchkommt, so festigt der Staat dann nebenbei ein komplexes
Monopolgefüge. Dann freuen sich alle: die Massenkunden kriegen
für einen Euro mit Monat eine IntenetSurfBox (MS IBOX vielleicht)
zur Miete, TV kommt zu Premiere-Preisen aus dem Netz. Möchte man
mal ne Mail schreiben, kann man gleich Outlook downloaden und für
30cent starten. Natürlich kann man eMail dann nicht mehr so
kostengünstig anbieten (man überlege mal, was ne 300 byte SMS
kostet!), da muß man dann durch.

Übrig bleiben ein paar Linuxer, dessen System auf den IBOX nicht
läuft, aber für den doppelten Preis als heute (keine Massenware
--> höherer Preis) gibt's dann klassische PCs. Natürlich muß man
sich staatlich registrieren lassen, denn man ist damit ja ein
potentieller Verbrecher. Vielleicht werden Computer auch einfach
verboten, denn schließlich kann man damit ja ein Programm bauen,
was die MP3s dann knacken könnte. Überhaupt muß man Bücher und
Informationen verbieten, z.B. über C und Java, klar.

Die Ideale Fernzielwelt kann man sich mit ein bißchen Phantasie
ausmalen: man arbeitet, bekommt dafür Kaufkraft, um sich
verblödende Videos, Talkshows und sowas einzukaufen. Wenn sich
die Monopole zusammenreißen, ist das die Lizenz zum Gelddrucken,
denn man verdient ja überall dran, selbst, wenn jemand einen
"eigenen" Film in das Angebot reinhaben möchte. Das kostet dann
einfach 110% der Einnahmen und Ruhe ist. Vereinfacht dann die
Firmenlandschaft erheblich.

Mit "rechtlich wenig Chancen" hat das IMHO verdammt wenig zu tun,
man muß sich ja nur mal die Macht der Konzerne vor Augen führen:
sowas wie Softwarepatente (bar jeglicher Vernunft) gibt's schon,
DMCA ist in production, Das Urheberschutzrecht wird angepaßt usw.
Das ist nicht "wenig Chancen", sondern Realität, auch wenn das
bißchen dauert.

> Zudem sei bemerkt, dass auch Software-Lizenzen von der Zeit überholt 
> werden. Aber das ist eine Domäne der Patent- und Lizenz-Anwälte.

Na ja, es gibt ein Patent auf einen Progressbalken... Was soll da
noch alles kommen?!

> Ich glaube kaum, dass in den USA ein Käufer einer gestohlenen Sache bei 
> Unwissenheit der rechtlichen Verhältnisse oder Vorgaukelung von Eigentum 
> an der Sache durch den Verkäufer auch nur einen Cent Schadensersatz 
> zahlen muss.

Sei bloß vorsichtig mit USA; den fällt alles ein. Außerdem geht
das ganz einfach: man sagt: kommerzielle Linuxnutzung kostet
jetzt 10 EUR pro Monat und CPU. Dann kann ne Firma teure
Softwareeinsetzen, teure Migration zahlen, oder ne Lizenz kaufen.
Das geht dann ganz fix. Und verdammt lukrativ, wenn man mit sowas
durchkommt.

> Mal ehrlich, wenn es schon in der Musikindustrie genügt, eine bekannte
> Melodie ein wenig zu verfremden und einen anderen Text darüberzulegen,
> ohne wegen Eigentumsrechtsverletzungen angegangen zu werden, dann ist
> die Streiterei von SCO doch nur PillePalle.

Na, Musik ist wieder was anderes. Stimmt, daß Recht ist hier
nicht konsistent, aber das spielt IMHO auch kaum ne Rolle. Musik
muß ja nicht gut sein, um Geld zu bringen, also kauft man sich
notfalls irgendwas billig ein, und macht einen Hit dadraus.
Letzendlich gibt's eh nur ne Handvoll Produzenten, die überhaupt
Rechte an Musik haben, werden dann vielleicht noch ein paar
weniger, wen kratzt das dann. Die großen Labels können eh
internen sonstwas hin- und herschieben, der Kunde kauft das ja,
und gut ist.

> Die brauchten doch Micro$oft, um in der PC-Branche Fuß fassen zu können,
> weil deren Betriebssysteme einfach unbenutzbar waren.

Na, oder deren Marketing.

> Und außerdem, tschuldigung, dass ich das mal sagen muss, wenn man auf
> die "besten" (man beachte den Kontext) Produkte aus dem Hause Micro$oft
> schaut, stellt man fest, dass diese zumeist nie von Micro$oft selbst kamen.

Mal abgesehen davon, daß MS durchaus was entwickelt, spielt das
keine Rolle. Wie beim Fußball: kauf Dir Deine Mannschaft zusammen
(wieviele Bayern spielen noch bei München?). Egal, man verdient
ja Geld; Kunst machen ist was anderes.

Das ist eben egal, und wenn MS jetzt ein .NET pushen will, werden
sich schon welche finden, die das kaufen. Da mache ich mir keine
Sorgen.

> Vielleicht hat M$ da auch ein wenig mit SCO geflirtet.
> Denn mit der Gründung von "UnitedLinux" ist Linux zu einer echten Gefahr
> für M$ geworden.

Dachte, "UnitedLinux" führt ein Schattendasein mit sehr
überschaubarer Installationsanzahl? Ist ja auch egal,
Standardsoftware kriegste eh überall ran.

> Es ist nur komisch, dass SCO diese Eigentumsverletzung erst jetzt 
> auffällt. Nachdem sie bei UnitedLinux mitgewirkt haben. Nachdem sie von 
> Caldera gekauft wurden. Damit haben doch eigentlich die Manager von 
> Caldera die Schlammschlacht begonnen?

Ja, klar. Vermutlich hatte jemand ne Idee, wie man möglicherweise
doch noch Geld verdienen kann, wenn es mit Arbeit nicht klappt.
Das ist ja der Trick: Warum gute Software teuer entwickeln? Muß
man doch gar nicht, geht doch viel einfacher. 

oki,

Steffen

-- 
Dieses Schreiben wurde maschinell erstellt,
es trägt daher weder Unterschrift noch Siegel.




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