[linux-l] Distributionen und Lizenzen; weitere Mail-Client? (was: Wie kann man eine eigene Anwenudng in Linux-Distributionen einbetten?)

Mike Dornberger Mike.Dornberger at gmx.de
Mi Sep 28 19:36:16 CEST 2005


Hallo Konstantinos,

On Tue, Sep 27, 2005 at 10:53:28AM +0300, Konstantinos Kopanias wrote:
> Ich habe eine Anwendung in Java geschrieben ( 
> http://korais.sourceforge.net/ ), welche dem Anwender ermöglicht, Texte 
> und Emails auf allen möglichen antiken (und modernen) Sprachen zu 
> schreiben und lesen. Hier die Zusammenfassung aus meiner Webseite:

[Feature-Liste]

> Ich glaube, daß diese Anwendung für viele Sprachwissenschaftler Linux 
> attraktiver machen würde und deswegen möchte ich gerne, sie in den 
> vorhanden Linux-Distributionen einbetten lassen. Die JAR-Datei soll auch 

wenn Du das Programm gerne in Debian sehen möchtest, schreibe einen WNPP-Bug
(RFP, wishlist), siehe:

http://www.debian.org/devel/wnpp/

Allerdings glaube ich nicht, daß es jemand paketieren wird; auch bei anderen
Distributionen möglicherweise nicht. Ich habe mir mal "Disclaimer and
Copyright" auf der Sourceforge-Seite durchgelesen. Zwar hast Du Deine
Software quelloffen, aber leider vollkommen unfrei gemacht. (Keine
Veränderung, Zusammenführung, Modifikation oder Anpassung ohne schriftliche
Erlaubnis.)

Du schreibst auch, daß die Distributoren weder eine Gebühr, noch Spenden
ohne Deine schriftliche Erlaubnis nehmen dürfen. Die Debian CDs/DVDs kann
man auch kaufen, siehe:

http://www.debian.org/CD/vendors/

Ich habe mir mal ein paar der unter Deutschland angegebenen Shops angesehen.
Dabei gab es 1 Sarge CD (ich glaube, die enthält die am häufigsten benutzten
Programme) bereits ab 99 Cent; 1 Sarge DVD für 4,95 EUR; das teuerste war
ein Set aus 13-15 CDs (architekturabhängig), bzw. 2 DVDs für 19,95 EUR.
Teilweise gehen davon Spenden an Debian.

Ich glaube, daß auch die großen kommerziellen Distributionen wie SuSE und
Red Hat (...) da wohl nicht extra Verhandlungen mit Dir führen werden. ;)

Da die Restriktionen sehr hart sind, denke ich, wird Dein Programm
vermutlich nichtmal in den inoffiziellen non-free-Teil von Debian gelangen.

Schau Dir doch mal die Debian-Richtlinien für Freie Software (DFSG) an:

http://www.debian.org/social_contract#guidelines

sowie die DFSG-FAQ von Barak A. Pearlmutter:

http://people.debian.org/~bap/dfsg-faq.html

Zwei Punkte noch zu Lizenzen:

Zum einen kannst Du, falls Du Dein Programm mal selbst vermarkten möchtest,
die neueste Version (mit Extrafunktionen, ...) auch unter eine von Dir
gewählte sehr restriktive Lizenz stellen - Du mußt nichtmal den Quellcode
veröffentlichen - schließlich ist es Dein Werk und Du bist und bleibst
Urheber. (Die Geschichte mit dem Copyright in Amerika beispielsweise ist
leicht anders. Wenn ich mich richtig erinnere, gibt es dort die Möglichkeit,
sein Copyright abzutreten.)

Du kannst aber gleichzeitig eine ältere Version beispielsweise unter die GPL
oder BSD-Lizenz stellen. Natürlich dürfen dann andere nicht die freie
Version nehmen, an ihr herumbasteln und sie dann "geheimhalten".

Die GPL beispielsweise ist m. W. so ausgelegt, daß gerne jemand
(Binär-)Programm verkaufen kann. Allerdings muß er, zumindest auf Nachfrage,
den benutzten Quellcode _und_ seine Modifikationen (kostenlos oder maximal
Porto, glaube ich) bereitstellen. Wenn ich das richtig verstanden habe, muß
der Nachfragende dazu nichtmal das (Binär-)Programm dort gekauft haben.

So könntest Du dann z. B. auch jederzeit die Verbesserungen aus "der
Community" in Deine GPL-Version übernehmen und sie für jeden wieder
kostenlos bereitstellen.

Allerdings mußt Du die Originalautoren der Verbesserungen nach ihrer
Zustimmung fragen, wenn Du das in Deine allerneuste Extrafunktionen-Version
einbauen möchtest. Sicherlich nicht bei trivialen Änderungen wie
Buchstabendrehern in Dokumentationen. Wo dann aber "trivial" aufhört und
"zustimmungspflichtig" anfängt, weiß ich nicht. (Kann jemand was dazu
sagen?)

Der zweite Punkt, den ich noch ansprechen wollte, ist folgender. Du
verwendest für Dein Programm Teile aus anderen Projekten. Du mußt da ein
wenig vorsichtig sein, um nicht über deren Lizenzen zu stolpern.

Beispielsweise _muß_ jedes Programm, daß Teile aus GPL-Programmen benutzt,
selbst wieder unter der GPL stehen. (Es sei denn, es ist ein Zusatz zur
Lizenz gemacht, daß man z. B. die Bibliothek Y des Projektes benutzen darf.)
Wie das jetzt in Deinem Fall genau mit den Icons des Brahami-Projektes
aussieht, weiß ich nicht. Aber ich bezweifle mal, daß Du die so ohne
weiteres benutzen darfst.

Ähnliches bei den "cat icons". Ich bin mir nicht sicher, ob Du die Bilder
verwenden darfst. Das "free" auf dieser und ähnlichen Seiten bedeutet meist
nur, daß Du Dir die Bilder kostenfrei ansehen darfst, nicht mehr. Korrigiere
mich bitte, wenn ich mich da jetzt irre, ich habe mir die
Katzenliebhaber-Seite nicht genau angesehen.

Auch kann es sein, daß sich Lizenzen von verschiedenen Projekten nicht
vertragen. Dies könnte auf die Sun-jars zutreffen, die Du benutzt. Suns Java
ist unfrei im Sinne der DFSG (und kann noch nicht einmal unter Debians
non-free-Teil aufgenommen werden[1]). Es kann daher sein, daß Du gar nicht
gleichzeitig Suns Kram und GPL-Programme benutzen darfst.

[1] Genaueres dazu wirst Du auf http://lists.debian.org/debian-legal/
    finden.

Da es bei Linux-Distributionen (meist) darum geht, freie[2] Software zu
benutzen, solltest Du Dir folgendes überlegen:

Möchtest Du lediglich verhindern, daß jemand (außer Dir *g*) mit dem
Programm Einen Haufen Kohle(TM) verdient? (Also z. B. daß sich Microsoft,
Sun, Corel, ... das Programm schnappen und damit Geld scheffeln.)

Möchtest Du die Verwendung des Programmes einschränken? Z. B. nur zu
Lehr-/Forschungszwecken auch kostenlos. (Quelloffen ist es ja im Moment
schon.) Dann kann es _vielleicht_ noch nach Debian/non-free kommen.

[2] "Frei" nicht im Sinne von kostenlos ("Freibier"), sondern im Sinne von
    benutzen, reingucken, ändern, anpassen dürfen.

Evt. ist es sinnvoll, daß Du mal ganz genau hier postest, wer Dein Programm
für welchen Zweck benutzen soll/darf und wer wofür nicht. Zu bedenken ist
dabei nämlich auch folgendes: Die GPL schränkt explizit _nicht_ die
Verwendung des Programmes für irgendentwas ein, wie z. B. auch (direkt oder
indirekt) zur Produktion von Waffen. Man kann ja argumentieren, daß auch zur
Verteidigung von Freiheit(en) Waffen benötigt werden. Leider finde ich die
Seite, wo ich das mal gelesen hatte nicht mehr. OK, das war jetzt ein sehr
krasses Beispiel. Jedoch bleibt, je mehr Du hier Einschränkungen machst,
desto unfreier wird Dein Programm und um so unwahrscheinlicher wird die
Aufnahme in Debian (und sicherlich auch in anderen Distributionen).

Falls Du Dich jetzt schon entschlossen haben solltest, Dein Programm unter
eine (DFSG-)freie Lizenz zu stellen, Du jetzt aber unsicher bist bezüglich
der verwendeten Icons (s. oben) und der Sun-jars, findest Du sicherlich auch
Hilfe auf debian-legal und auf debian-devel (auch auf lists.debian.org zu
finden). (Wenn Dir die -legal Leute z.B. sagen, daß Du den Sun-Krams evt.
gar nicht nehmen kannst, kannst Du ja mal auf -devel mit z. B. dem "Subject:
Need free replacement for Suns {mail,activasion}.jar" nachfragen. Achso:
beide Listen sind englischsprachig.)

Und nun zu etwas ganz anderem. :)

Da wir gerade bei der mail.jar waren. Du solltest nicht versuchen, einen
weiteren Mail-Client, wie Mozilla Thunderbird, Microsoft Outlook{, Express},
The Bat, etc. zu schreiben. Dies ist keine so triviale Aufgabe, wie es auf
den ersten Blick scheinen mag. Die meisten Clients sind leider hoffnungslos
kaputt. (Wenn Du da genaueres wissen möchtest, frag.)

Besser, Du machst da vielleicht ein Plugin oder so etwas draus. _Zur Not_
auch noch einen weiteren Editor.

Viele Grüße,
 Mike



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