[linux-l] Halb-OT: Linux und die moderne "IT-Gesellschaft"

Norman Steinbach steinbach.norman at web.de
Sa Nov 18 21:12:42 CET 2006


Hi Volker,

Volker Grabsch wrote:
> "DDL-Hölle".
<lol> Daran merkt man, dass Du es bisher weitestgehend geschafft zu
haben scheinst, um Windows herumzukommen (Respekt!)...die HöllenDinger
die Du meinst, heißen "Dynamic Link Libraries", kurz DLL ;-)

> Bei BSD/MIT ist nach kurzem Lesen klar, was ich darf und was nicht.
> Bei GPL/LGPL nicht. Diese Hürde ist nicht technischer Natur, sondern
> sie besteht IMHO darin, dass ein komplexes Regelwerk demotiviert, ein
> einfaches hingegen motiviert.
Aber es gibt doch sicherlich auch schon auf "kurz und prägnant" bzw. den
reinen Informationsgehalt herabgebrochene Texte, die die GPL erklären,
oder? Ist die GPL inhaltlich wirklich so komplex?


> Hast du doch festgestellt. Dass ich dem Kunden die Quellen der geänderten
> Lib nicht direkt zur Verfügung gestellt habe, sie auch nicht wirklich
> veröffentlich habe, sondern stattdessen nur dem ursprünglichen Autor
> zurückgegeben habe.
Beinhaltet ein solches Zurückgeben auch, dass der Autor die Erlaubnis
hat, die Änderungen - so er sie für sinnvoll erachtet - in die nächste
Version der von ihm veröffentlichten Lib zu übernehmen, evtl. natürlich
mit Hinweis auf Dich als Ersteller der Änderung?


>> Wozu? Ich denke, bei
>> GNU/Linux Distries sieht man, dass das nur dazu führt, dass viele
>> komische Anforderungen zu Nachteilen führen, Multimedia und
>> Plug-and-play-mounting z.B..
> Ja, bei End-Usern gebe ich dir recht. Da sollten einzig und allein
> Benutzbarkeit etc. eine Rolle spielen. Das tut es aber leider nicht.
> Sonst wäre Ubuntu viel stärker verbreitet. Und wir hätten viel mehr
> Apples als Windosen. Daher finde ich schon, dass eine gewisse Lobby
> nicht verkehrt ist, um diesen störenden Machteinflüssen einen Gegenpol
> zu bieten.
Nun Apples waren bis vor kurzem noch als teure Luxus-Klasse der Personal
Computer verschrien (auch durch den "professionellen Touch", der die
Software dafür umgibt), während Ubuntu auch erst seit Version 6.06 ein
RICHTIG gutes Betriebssystem ist. Also nichtmal seit einem halben Jahr.
Dafür, dass es so gesehen noch sehr jung ist, muss ich sagen, dass es
schon durchaus eine weite Verbreitung hat. Okay, das war zwar kein
OpenSource, aber erinnerst Du Dich noch an BeOS? Das war ein verdammt
gutes Betriebssystem, aber dadurch dass es von niemandem supported
wurde, ist es dann ganz einfach verschwunden. Und der Nachfolger kommt
IIRC auch nicht wirklich auf einen grünen Zweig. Und das Teil gibts
insgesamt jetzt schon seit bald 10 Jahren. Nagut, dadurch dass Ubuntu
auch nur wieder ein "Ableger" eines bereits weitaus etablierteren und
stärker unterstützten Systems (Debian Linux) ist, könnte man ihm zu Gute
halten - aber: Wer auch immer einen eigenen Debian-Fork (oder gar einen
eigenen Ubuntu-Fork) veröffentlicht, dessen Software wird sich in der
selben Zeit nicht annähernd so stark verbreiten, wie momentan Ubuntu -
selbst wenn die Usability sich qualitativ so stark von Ubuntu abhebt,
wie Ubuntu sich von Debian abhebt, also sozusagen "perfekt" für den
unbedarften Home-User wäre, denn hinter so einem Fork würde einfach
nicht genügend Geld für Marketingmechanismen stecken. Ich bin dankbar,
dass es Ubuntu als Gegengewicht für Homeuser gibt, und gehe stark davon
aus, dass sich Ubuntu als Betriebssystem unter den Leuten bald so weit
verbreiten wird, wie Firefox als Browser.

>> Das nun noch eine Million Laien mehr Mist in
>> irgendwelche PHP Foren in die Welt blasen (was es vor 10 Jahren so nicht
>> gab!), kann ich auch nicht als Vorteil sehen.
> Das hat mit Informations-Überflutung zu tun, und hat auch einige
> Vorteile. Ich finde eher, dass hier die Menschen falsch an das Internet
> herangeführt werden. Früher musste man sich sehr viel technisches Wissen
> aneignen, und die soziale Kompetenz hat man sich parallel dazu gleich
> mit erworben (z.B. seine Infos zu verifizieren, bevor man sie
> veröffentlicht, keine Flames anzufangen/fortzuführen, u.s.w.)
> Heutzutage ist diese technische Hürde weg. Das ist eigentlich gut. Aber
> fehlen den Neulingen auch die sozialen Kompetenzen, die im weltweiten
> Netz nunmal besonders entwickelt werden müssen, weil dort höhere
> Anforderungen an den Einzelnen gestellt werden als im kleinen Famlien-
> und Freundeskreis.
Das ist eine hochinteressante Theorie. Ich habe da eben mal ein wenig
drüber nachgedacht und kann dir eigentlich nur beipflichten, aber: Wie
könnte Deiner Meinung ein "richtigeres" Heranführen der Menschen an das
Internet und die Technologien aussehen? Wie könnte man die "soziale
Komponente" des Internet (oder der Computertechnologie im Allgemeinen?)
über eine "Netiquette" hinausgehend den Menschen vermitteln? Ich mache
mir schon lange Gedanken über eine Möglichkeit, wie man diese Dinge den
Menschen auf eine verantwortungsvolle Weise nahebringen kann, denn
letztlich weiß ich, dass alles was ich bisher an Einrichtungs- und
Installationsarbeiten für irgendwelche Privat-PCs anderer Leute
vorgenommen habe, so gesehen eigentlich eher "verantwortungslos" war.
Zunächst kann man eigentlich nur bei Leuten anfangen, die noch überhaupt
keine Computererfahrung haben, diese aber erhalten möchten, das ist
klar. Auch in Schulen könnte "verantwortungsvoller Umgang mit neuen
Medientechnologien" eine sinnvolle Unterrichtseinheit sein...
Am besten wäre das natürlich noch zu verknüpfen mit einer Möglichkeit
für die "breite Masse", den Einsatz von Linux zu lernen - evtl. ohne
vorher jemals Windows angefasst zu haben. Ich finde, Ubuntu macht dies
bereits möglich. Wenn ich allerdings auf dieser Liste die Gegenfrage
stelle, ob jemand anderer Meinung ist, währe es jedoch ziemlich
unwahrscheinlich, eine kompetente Antwort zu bekommen, denn als
erfahrener Linux-User/PC-User "übersieht" mensch sicherlich gerne mal
das ein oder andere wissens-detail was zum erfolgreichen berieb so eines
Systems notwendig ist...daher kann das bzgl. Ubuntu nur eine Vermutung
sein, da ich auch zu viel PC-Erfahrung habe um wirklich objektiv sein zu
können ;-)
However: Es gibt ja immermal "PC-Benutzer-Einsteigerkurse" für Leute,
die Office-Anwendungen, Internet und E-Mail mit dem Computer machen
wollen. Alle diese Kurse sind jedoch auf Windows basiert, auf M$ Office
und auf Ausguck als E-Mail-Client. Als Browser wird meist der IE und
gnädigerweise noch der Firefox behandelt. Dass dies die denkbar
ungünstigste Art und Weise ist, wie man Neulinge an die PC-Benutzung
heranführt, dürfte spätestens seit Ubuntu Dapper Drake ebenfalls klar
sein. Also warum geht man nicht daran, Linux nicht nur an Schulen
sondern auch überall wo Menschen Grundlagen-Computerwissen vermittelt
bekommen können (Die Volkshochschule bietet Linux- und Windowskurse an.
Als Einsteigerkurse aber nur Windows. Hat da schonmal jemand
nachgefragt, warum?) verstärkt zum Einsatz zu bringen?
(Und wenn man den Dekan der VHS abends mal auf ein Bier und ne Runde
Skat/whatever einlädt, um ihm die Vorteile genauer darzulegen ;-).
Dass das nicht mal eben so geht ist klar, aber es wäre für Fortschritte
in diesem Prozess  grundsätzlich besser, wenn die "Linux-Welt"* mehr
"aus sich selbst herausgehen" würde.

*Sofern man überhaupt pauschalisiert von der "Linux-Welt" sprechen
kann...es fehlt eine "zentrale Außenschnittstelle", eine Organisation
von Leuten, die sich um das Bild von Linux/OpenSource-SW in der
Bevölkerung kümmert....eine Art Marketing-und-Pressetätigkeit...


Viele Grüße,

Norman



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