[linux-l] [Semi-OT] Vorträge halten (war: Sort parallelisieren)

Volker Grabsch vog at notjusthosting.com
So Jan 7 21:41:09 CET 2007


Ich hab einmal einen Linux-Lehrgang gegeben, als Pilot-Projekt,
finanziert vom UfU e.V., organisiert von Buettner Consulting. Genauer
gesagt hatten sie arge Probleme mit dem vorherigen Dozenzen, da wurde
ich dann mal angesprochen. Mit mir schienen sie dann zufrieden gewesen
zu sein, so blieb der Karren nicht im Schlamm stecken, und die Azubis
haben was verstanden und gelernt. Ist schon ne ganze Weile her, Folge-
Aufträge dafür gab's aber leider (noch) nicht.

Hintergrund war dort übrigens nicht in erster Linie das Nutzen freier
Software, sondern der Umweltschutz. Vertreiber von "Recycling-PCs",
die ausrangierte Recher reparieren und wieder aufbereiten, haben ein
sehr großes Interesse an Linux, weil sie unmöglich die Rechner mit
Windows-Lizenz vertreiben können, das wäre viel zu teuer. Zumal
heutige Windows-Versionen auf diesen Rechnern gar nicht laufen würden.

Es gibt dadurch ein großes wirtschaftliches Interesse daran, dass
Azubis mit Linux vertraut gemacht werden, und dass sie dort surfen,
Office-Arbeiten tätigen, E-Mail schreiben, etc. können.

Langfristiges Ziel ist, dass kleinere Betriebe, die noch keine Rechner
haben, von ihren Azubis keine teuren Windows-Kisten empfohlen bekommen,
sondern eben auch die Option der kleineren, preiswerten, ebenfalls
ausrechenden PCs kennen, und ohne Vorbehalte kein kleines Linux-Netzwerk
aufbauen, um ihre Arbeitabläuft elekronisch zu organiseren.

Ob das tatsächlich gelingen kann, weiß ich nicht. Aber die Ideen
hinter freier Software, sowie deren praktische Nutzung zu lehren,
das fand ich eine gute Sache. Und wenn das von Firmen finanziert wird,
die davon (durch Rechnerverkauf) profitieren, ist das doch umso besser.
:-)

Neben den Azubis waren übrigens auch andere Lehrer recht interessiert
an dem Lehrgang, und obwohl sie ausschließlich auf Word, Excel, etc.
ausbilden, waren auch sie sehr interessiert und begeisterungsfähig.
Und sie waren überrascht, dass so einiges viel einfacher geht, als sie
dachten.

Auch Grundlagen über Rechnernetze habe ich vermittelt, bis hin zu
konkreten Empfehlungen, wie sie ein Netzwerk strukturieren sollten.
Sehr nervig war in dem Zusammenhang das von uns eingesetzte SuSE 9.2,
denn das YaST war zwar recht gut bedienbar. Aber es ist auch
unübersichtlich und verwendet tolle langatmige Begriffe. Da bemüht
man sich, die Fachbegriffe zu lehren, und versetzt sie in die Lage,
die Zusammenhänge zu erkennen ... aber um in YaST entsprechende
Konfigurationen vorzunehmen, mussten sie ganz schön raten, mit welchem
Eingabefeld nun was gemeint sein könnte.

Ich habe mich dann damit getröstet, dass ihnen dies wenigstens leichter
fallen würde, als hätte ich sie an den Konfigurationsdateien fummeln
lassen. Die DNS- und DHCP-Einstellungen an einem handelsüblichen Router
vorzunehmen wäre aber einfacher gewesen. Das war sogar so angedacht,
nach dem KISS-Prinzip die nervigen Sachen von einem fertigen Router
statt einem selbsteingerichteten Linux-Server übernehmen zu lassen.
Aber einen guten Router zu finden, war auch nicht so leicht. Wir hatten
dann einen, der nur Firewall und Masquerading übernimmt (also den Zugang
"ins Internet" herstellt), für alles andere haben wir doch lieber nen
Bind und DHCPD auf nem SuSE-Rechner eingerichtet.

Wenigstens haben E-Mail-System und Drucker "out of the box"
funktioniert, das hat dann wieder etwas Eindruck geschindet: Keine
Treiber-CD für den Drucker, noch nichtmal das Modell musste extra
ausgewählt werden. E-Mails funktionierten, sobald DNS lief, direkt
von Rechner zu Rechner. Ohne GMX oder sonstwen. ;-)

Mails wurden als Instant-Messanger behandelt, um quasi ein sauberes
Schieben von Daten zu haben. Macht sich viel besser als ein Shared-
Folder etc., und Samba oder NFS wollte ich nicht wirklich machen.

Und das Bereitstellen von Dateien für andere zum Runterladen vom
eigenen Rechner wurde ebenfalls sehr einfach geregelt. Jeder hat
einen "Shared-Folder" namens "public_html" :-)  ... jeder bekam einen
Apache installiert, hat ihn für's Netzwerk freigeschaltet, mod_userdir
ist ja standardmäßig aktiviert, also konnten sie gleich per Browser
URLs der Form http://rechner2/~lisa/ anwählen.

Kollaboration im "kleinen Netzwerk" mit den selben Werkzeugen wie
im "großen Netzwerk": Mailclient und Browser. Etwas, das sie ohnehin
benutzen. KISS. Ohne die Probleme, wer wann welche Dateien bearbeitet
hat, jeder ist für seinen Kram selbst verantwortlich, kein zentraler
Datenserver nötig (wäre auch keine Zeit mehr im Lehrgang gewsen für
sowas). Für große Firmen nicht machbar, für kleine Firmen aber IMHO
echt nicht verkehrt.

Ich hoffe, diese Ideen sind auch hängengeblieben. Sie sollten vorallem
merken, dass das große Internet sich nicht allzu sehr von ihrem kleinen
Netzwerk unterscheidet, außer dass mehr Rechner dranhängen. :-)

Und dass sie mit ihren relativ kleinen Werkzeugen, die sie schon
beherrschen (Office, E-Mail, Browser), flexibler sind als mit großen
fertigen Netzwerk-Office-Lösungen, und zudem ihr System und ihre
Arbeitsabläufe besser im Griff haben. Sie wussten zu jedem Zeitpunkt
relativ genau, was los ist. Niemand konnte in den Daten eines anderen
herumpfuschen, wie es bei echten "Shared-Foldern" oder bei SFTP-Zugang
der Accounts untereinander der Fall gewesen wäre.

Übrigens fiel mit dabei auf, dass es für Linux scheinbar keinen wirklich
guten SFTP-Client gibt, oder? Davon abgesehen waren sie ohnehin kein FTP
oder ähnliches gewohnt, das vermittelte Wissen wäre also nicht
nachhaltig gewesen.

Übrigens hätte ich ihnen noch lieber gezeigt, wie sie über eine
Versionskontrolle miteinander kollaborieren können. Aber dazu hätten
sie mehr auf Plaintext als auf Word/Excel ausgebildet werden müssen,
und es müsste anfängerfreundliche GUIs für Mercurial, Darcs oder GIT
geben. (CVS oder Subversion hätte ich nicht genommen, weil man da erst
einen Server entsprechend einrichten müsste)

Sowieso habe ich keinen blassen Schimmer, wie man Versionskontrollen
einem Nicht-Programmierer nahebringen sollte. Weder administrativ noch
aus Benutzersicht. Fehlen nur die anfängergerechten Werkzeuge, oder
ist das Konzept einfach ungeeignet?


On Sun, Jan 07, 2007 at 11:30:00AM +0100, Oliver Bandel wrote:
> Es ist daher keine wirkliche Diskussion mehr, sondern driftet
> ins Monologisieren ab. Wäreein Uni-Job mit Vorlesungen nicht was für Dich?
> Oder Seminare geben?

Eine Ahnung, hatte bisher genug mit selbstständiger Arbeit zu tun. Hab
mich einmal als eine studentische Hilfskraft beworben, wurde aber aus
den vielen Bewerbern nicht gewählt, und war im Nachhinein ganz froh
darüber (weil ich die Zeit mit viel interessanteren)

Als Student wird man meistens nur als Korrektor eingepannt, nur wenige
leiten auch Übungsgruppen (das sind die Jobs von anderen). Ich kann
mich ja mal erkundigen.

Vorträge halten, okay, mach ich gerne. Aber so einen Job gibt's nicht,
oder? Außer mal in der BePHPUG oder auf CdE-Akademien, wo ich
aus Spaß welche halte. Oder an der Uni in den Gemeinschaftsräumen,
wenn man den jüngeren Semestern etwas erklärt, das artet auch schnell
mal aus.

In der BeLUG könnte ich natürlich auch einen Vortrag halten, wüsste
im Moment aber kein Thema, das mehr als 1-2 Leute interessieren wird.
Auch mein LinuxPrinting.org-Artikel verschwand unauffällig in der
Vergessenheit, obwohl ich wirklich dachte, *der* könnte die linux-l-
Liste tatsächlich interessieren.

Dann gab es noch auf einer CdE-Sommerakedmie einen Kurs über freie
Software inkl. Linux-Lehrgang, 1 Woche, den Manuel Blechschmidt und
ich gemeinsam gehalten haben.

Der einzige Vortrag, den ich jemals für Geld gehalten habe, ist
wiegesagt obiger Linux-Lehrgang.

Aufgaben korrigieren mach auch, aber in Maßen. 1x im Jahr korrigiere
ich bei Mathe-Olympiaden mit. Das ist ganz lustig, aber wöchendlich
möchte ich das nicht machen müssen. Dies wäre aber die Hauptarbeit im
Uni-Ablauf.

Davon abgesehen löse ich lieber reale Probleme, genau wie du, mit
realen Benutzern und realen Anforderungen. ;-)

(Außerdem ist es ein fließender Übergang zwischen "das Problem von
jemanden technisch zu lösen" und "jemanden etwas beibringen".)


Viele Grüße,

    Volker

[1] OnTopic-Bezug für Holger

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