[pkl] dreimal Nichtwirkung macht Wirkung

oliver oliver at first.in-berlin.de
Fr Mär 18 14:44:49 CET 2011


Hallo,


heite sah ich (teilweise) folgende Doku:

    http://www.arte.tv/de/Die-Welt-verstehen/Unser-taeglich-Gift/3673748,CmC=3673928.html

Ist wohl auch online zu finden:
    http://videos.arte.tv/de/videos/unser_taeglich_gift-3761854.html


Interessant (wenngleich nicht wirklich neu) fand ich die Aussage einer
Toxikologin.
Sie untersuchte drei Substanzen auf ihre schädlichen Wirkungen.
Ergebnis: keine Schädlichkeit nachweisbar.

Alle drei Substanzen zusammen jedoch brachten deutlich nachweisbare
Schädlichkeit.

Ihre Rechnung aufgrund der Empirie:
  0% + 0% + 0% = 60%



Vielleicht muss man auch 
  0% * 0% * 0% = 60%
ansetzen, oder andere Verknüpfungen.

Aber es war klar, das ist mit klassischer Denke nicht lösbar.

Ein anderer Forscher wies auf Nichtlinearitäten im Hormonsystem hin.
Die Sache Nichtlinearität von Dosis-Wirkung-Funktion geht mir auch immer
wieder durch den Kopf, wenn Homeopathie-Kritiker mit alten, linearen
und monokontexturalen Erklärungen alles weg wischen.

Ein bischen mehr Mühe müsste man sich da schon geben und erst einmal
anfangen, Effekte wie die Kombinationswirkungen von "Wirkstoffen"
(eigentlich "Wirklosstoffe") zu erklären.


Die nichtlineare Wirkung von Stoffen sollte sich wohl noch konventionell
erklären lassen. Auch wenn oftmals für den wissenschaftlich-technischen Ansatz
linearisiert wird, da es die Dinge ungemein vereinfacht, sollte man die
Nichtlinearitäten nicht grundsätzlich aus dem Auge verlieren.

Die linearisierten Ansätze haben zwar ihre Berechtigung für viele
Lösungsansätze, sind aber eben nur unter bestimmten Bedingungen einsetzbar.

Als Beispiel fällt mir die Kennlinie eines Transistors ein. Zwar ist die
Übertragungskennlinie nichtlinear, wird aber für kleine Eingangssignale als
linear betrachtet. Dennoch hat man die nichtlinearen Effekte mit an Bord, und
wenn diese nicht kompensiert werden, äussert es sich als Klirr.

Daß man mit einem Transistor shalten kann, das nutzt eben diese nichtlinearen
Effekte.

Genau dies muss man also auch bei biologischen Schaltmechanismen als mögliche
Grundlage sehen. Und wen man dies akzeptiert hat, kann man der nichtlinearität
nicht mehr an anderer Stelle eine Absage geben.

In wieweit nun Kombinationswirkungen auf Nichtlinearitäten und Kombination von
Nichtlinearitäten beruht, evtl. Effekte wie z.B. die stochastische Resonanz
mitbeteiligt sind, alles monokontextural erklärrbar, oder inwieiweit man hier
nun auch mehrere Kontexte berücksichtigen MUß bleibt wohl offen.

Meine Vermutung ist: grundsätzlich braucht man in der Wissenschaft
polykontexturale Ansätze, und in dem man die Bedingungen einer Untersuchung
vorab darlegt und definiert, wird der Kontext (werden die umgebenden Kontexte)
festgelegt, offeneglegt... und versucht, die gesamte Nachweislogik der
Untersuchung so zu designen, daß das, was man untersucht, messbar /
monokontextural ist.

Das daraus gewonnene Ergebnis dann aber zu universalieiren ist vermutlich
einer der größten Fehlschlüße, die man daraus ziehen kann,
denn man ignoriert den Kontext, der das Ergebnis hervorbrachte.
Das Ergbnis ist also nicht universal, sondern kontextual.

Und erst wenn man diese Kontexturalität MIT HINEIN nimmt in die
Untersuchung/Formalisierung der Wissenschaft (statt sie als störfaktor
auszuschliessen/auszublenden), kann man von einem Sammelsurium von
(möglicherweise soliden, aber) zusammenhanglosen Teilerkenntnissen zu einem
Gesamtbild kommen.


Daß das MG-Buch im Rahmen des Forschungsprojektes 
"Theorie komplexer biologischer Systeme" entstand braucht einen
daher nicht verwundern, sondern liegt meines Erachtens nahe.



Gruß,
   Oliver Bandel



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