linux-l: Der totale Frust

Matthias Kranz mskranz at acm.org
Mo Feb 14 16:04:40 CET 2000


On Mon, Feb 14, 2000 at 01:12:16PM +0100, Arnd Fricke wrote:
> in den letzten Tagen habe ich versucht, eine
> Soundkartenunterstützung für mein SuSE-Linux 6.2 hinzukriegen.
> Vielen Dank noch einmal an alle, die mir Tips gegeben haben.
> Aber es geht nicht.

Wenn die Soundkarte unterstuetzt wird, ist diese Aussage nicht richtig.

> Spätestens heute, als ich mir den
> Suse-SDB-Artikel zu "isapnp" angeschaut habe, hat es mir
> endgültig gereicht. 
> Ich bin kein Systemprogrammierer und will es auch nicht werden.

Niemand verlangt von Dir, dass Du den Treiber selber schreibst.

> Und solche Konfigurationsdateien wie isapnp.conf und conf.modules
> können nun wirklich nur von absoluten Experten durchschaut
> werden. Der technische Laie hat nicht die geringste Chance.
> 
> Jedesmal, wenn ich ein neues Programm installieren will, beginnt
> ein entnervender Kampf. Nichts geht. Fehlermeldungen ohne Ende.
> Irgendwas ist nicht konfiguriert, irgendwelche Libs sind nicht
> da, weiß der Geier. Dann geht es los: Howtos, FAQs, manpages...
> überall Fachchinesisch ohne Ende, verstehe kein Wort.
> Linux-Hotline anrufen, wieder 30DM weg, hat auch nichts
> gebracht.  

Das wuerde mich allerdings auch frustrieren. Ich bin allerdings noch nie auf
die Idee gekommen, ueberhaupt eine technische Hotline anzurufen. Hoechstens,
um ein Ersatzteil zu bestellen oder meine Flugreservierung umzubuchen ;)

> Ich hatte geglaubt, Linux hätte sich inzwischen soweit
> entwickelt, daß es auch vom technisch interessierten Laien wie
> mir benutzt werden kann (der Nur-Anwender würde schon an der
> Erstinstallation scheitern). Eine Illusion.

Hier irrst Du. Es gibt inzwischen weit mehr als 15 Millionen Linux-Anwender.
Waeren das alles Unix-Systemprogrammierer, haetten die IT-Branchen in aller
Welt weniger Sorgen ...

> Jedem der mich fragt, werde ich sagen müssen, daß Linux nur für
> absolute Computer-Profis und ausgebuffte Freaks geeignet ist.

Sehe ich auch nicht so. Ausserdem habe ich das Gefuehl, dass Du irgendwen
dafuer verantwortlich machen willst. Lass' doch einfach jedem die Wahl.

> Ich interessiere mich durchaus für die Technik, aber wenn ich in
> die tiefsten Ebenen des Systems absteigen muss und dort die
> kompliziertesten Einstellungen selber machen muss, dann ist für
> mich die Grenze erreicht. 

Sorry. Das ist genau der Punkt, auf den ich auch schon in einer aelteren Mail
hinauswollte. Die PC-Architektur ist einfach nicht dafuer geeignet, mit einer
schwarzen Box verglichen zu werden, die innen hochkompliziert und aussen ganz
einfach konfigurierbar ist. Beim Auto sieht das jeder ein. Ich kaeme nie auf
die Idee, in einen Zubehoerladen zu rennen und mir einen Selbstbausatz zum
Tieferlegen des Wagens oder zum Tunen des Motors zu kaufen. Ich bin naemlich
kein ausgebildeter KFZ-Mechaniker und ich interessiere mich auch nicht
hobbymaessig dafuer. Beim Computer ist das anders. Seit es den PC gibt, werden
einem an irgendeiner Ecke, inzwischen sogar im Supermarkt Einzelteile
nachgeschmissen und viele Firmen (Linux Distributoren inkl.) behaupten,
ihr Betriebssystem wuerde es schaffen, all die Komplexitaet auf ein
'Klick-einfach-diesen-bunten-Knopf' abstrahieren zu koennen. Laecherlich.

> Es gibt so viele gute Software für Linux, aber ich versuche es
> schon gar nicht mehr, weil ich weiß, die Nerverei geht wieder
> von vorne los. Es tut mir leid, aber will einfach nur noch eine
> CD einlegen, einen Doppelklick auf "Setup" machen und ein
> Programm haben, mit dem ich arbeiten kann.

Das wuerde eine vollkommen einheitliche Installationsebene auf allen
verfuegbaren Plattformen und Distributionen oder aber kuenstliche Intelligenz
erfordern.

> Also muß ich mir doch Windows98 kaufen.

Ja. Das halte ich fuer eine gute Idee. Ich war neulich total ueberrascht, was
es alles dafuer gibt. Office-Anwendungen, Spiele, Industrieloesungen, ...
Einfach alles, was das Herz begehrt. Und Ok, es kostet Geld. Und wenn ich es
richtig im Netz einsetzen will, sollte ich mir NT kaufen. Eine Server-Version
muesste es dann auch irgendwann sein. Aber wenn nur zusaetzlich, weil unter NT
laufen die Spiele, viele Drucker, USB und Infrarot nicht. Vom Winmodem ganz zu
schweigen. Na ja, dann warten wir eben auf Windows 2000. Ach so, soll mehrere
zehntausend Bugs haben?! Hoppla, nun denn, aber nur einige Tausend davon
wirklich schwerwiegend. Dann geht's ja ...

> Ich habe Linux eine Chance gegeben, aber Linux hat mir keine
> gegeben. 

Ich habe das Gefuehl, Du wirst von Microsoft bezahlt, wie? :). Jetzt lass Dich
'mal nicht so haengen. Stell' Dir ernsthaft die Frage, was Du mit Deinem
Computer machen willst. Welchen Anspruch stellst Du an ihn? Was nervt Dich
mehr? Ein bisschen zu knobeln oder aber die Krise zu kriegen, weil der Compi
nichtderministisch abstuerzt? Mir ist es egal, zu welcher Antwort Du kommst.
Ich habe naemlich nichts gegen Microsoft.

> Trotzdem noch einmal danke für Eure Mühe.

Nix zu danken, man kann nicht jeden bekehren :)

Gruss,
Matthias
-- 
Matthias Kranz    mskranz at acm.org
   http://www.belug.org/~kranz



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