[linux-l] Re: internetzensur in europa (italien)

Volker Grabsch vog at notjusthosting.com
So Mai 14 16:31:45 CEST 2006


On Sun, May 14, 2006 at 02:02:13PM +0200, Steffen Dettmer wrote:
> > Was ich generell von der Sperrung halten soll, weiß ich nicht, aber
> > wenn wirklich eine IP komplett wegblockiert wird, dann ist das m.E.n.
> > dermaßen überzogen, dass es hier zurecht als Zensur bezeichnet wird.
> 
> Was hättest Du gemacht, wenn Du die gerichtliche Anweisung "Blockierung
> des Zugriff auf Online Lotto Deutschland" in Italien hättest umsetzen
> müssen?

Moment, wenn ein Gericht (oder welches Gremium auch immer) so etwas
beschließt, ohne auch nur den geringsten Schimmer von der Technik
zu haben, dann wäre meine natürliche Gegenfrage: "Was für eine Sperrung?
Was genau soll gesperrt werden?"

Wenn ich dann zu hören kriege: "*Sie* sind doch der Techniker!", dann
würde ich laut fragen, warum der Beschluss nicht durchdacht wurde.
Ich meine, egal wer das beschließt: Das "Wie?" muss vor dem Beschluss
feststehen, d.h. wenn sie selbst keine Ahnung haben, sollten sie eine
technische Beratung für die Beschlussfindung hinzuziehen.

Da könnte man genausogut mit einem Gerichtsbeschluss von der Polizei
verlangen, alle (werdenden) Schwerverbrecher der nächsten zwei Jahre
schonmal vorher einsperren. Denn man ist zu dem Ergebnis gekommen,
dass sich dadurch viele unschuldige Opfer schützen lassen. Auf die
Frage, wie man die Verbrecher der nächsten 2 Jahre voraussehen solle,
bekäme das Polizi-Präsidium dann die Antwort: "*Sie* sind doch die
Kriminalisten!"

Soweit ich weiß, ist es hier in Deutschland (glücklicherweise) gängige
Praxis, zu schwierigen Themen einige Gutachter/Experten zu Rate zu
ziehen. Meistens werden dann solche hinverbrannten, aus der totalen
Ahnungslosigkeit entstandenen Ideen gleich im Keim erstickt. Auch ich
musste schon den Eifer vieler Kunden bremsen, und sie über die Grenzen
und Rahmen des technisch machbaren aufklären. Und hey, *vorher* nachzu-
denken ist immer besser, für *alle* Beteiligten.


Würde man mich nach dem "wie" fragen, würde ich technisch korrekt
antworten: "Eine vollständige, korrekte Sperrung ist technisch nicht
realisierbar. Ich kann Ihnen jedoch einige Scheinlösungen anbieten:
[...], [...] und [...]. All diese 'Lösungen' haben zwei Probleme, denn
1) sperren sie auch unbeteiligte Seiten, und
2) sind sie gegenüber technisch versierten Leuten unwirksam."

Würde man es mir einfach "aufzwingen", würde ich, nachdem ich mich
vom Lachkrampf erholt habe, eine möglichst unwirksame Lösung vornehmen,
um den Kolateralschaden zu begrenzen. Jenachdem, wieviel Kontrolle
ich habe, würde ich z.B. "nur" die Domain sperren (bzw. umleiten zu
einer erklärenden Seite).


Das ganze ist aber wirklich schwer zu beurteilen, weil ich nicht
weiß, inwieweit Techniker, und wenn ja, *welche* Techniker an welchen
Knoten, in die Entscheidungsfällung mit einbezogen wurden.


Viele Grüße,

    Volker

-- 
Volker Grabsch
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