[linux-l] GPL ist nicht Public Domain

olafBuddenhagen at gmx.net olafBuddenhagen at gmx.net
Sa Nov 25 21:46:28 CET 2006


Hallo,

On Sat, Nov 25, 2006 at 01:14:54PM +0100, Steffen Dettmer wrote:
> * olafBuddenhagen at gmx.net wrote on Fri, Nov 24, 2006 at 09:55 +0100:
> > 
> > On Fri, Nov 24, 2006 at 02:31:30AM +0100, Steffen Dettmer wrote:

> > > Der Weiterentwickelnde hat an "seinen Teilen" Rechte. Er muss
> > > erlauben, dass Gesammtwerk unter GPL zu lizensieren,
> > 
> > ...was er aber implizit tut, sobald er eine modifizierte Version
> > weitergibt.
> 
> Implizit? Es muss es explizit machen; er kann es nicht über eine
> BSD-Lizenz veröffentlichen (soweit mein Verständnis).

Keine Ahnung was Du meinst. Ich vermute irgendeine irrelevante
Haarspalterei.

> > dass der ursprüngliche Entwickler seine Software, trotz
> > GPL-Veröffentlichung, außerdem auch unter einer proprietären Lizenz
> > anbieten darf. (Was allerdings bei Weiterentwicklungen *nicht* der
> > Fall ist, da der Weiterentwickler ja nicht das Copyright an der
> > gesammten Software besitzt!)
> 
> Natürlich darf er seine Änderungen/Erweiterungen auch anders anbieten,
> natürlich!

Falsch. Die Änderungen/Erweiterungen basieren ja auf dem ursprünglichen
Werk, und sind durch seine Lizenz gebunden.

Wenn Du größere Mengen Code hinzugefügt hast, und dieser Code nicht
direkt auf der Funkationalität des Programms aufsetzt, sondern auch
unabhängig davon sinnvoll verwendbar ist, dann kannst Du diesen Teil
auch auf andere Weise vertreiben. Für einen ganzen Patch dürfte das aber
so gut wie nie zutreffen, höchstens Teile davon -- der Patch
funktioniert schließlich nur mit dem ursprünglichen Programm, dessen
Datenstrukturen etc.

> Beispielsweise könnte er einen Patch verkaufen.

Richtig, Du kannst für die Weitergabe des Patches Geld verlangen... Das
entbindet Dich aber nicht von der Pflicht, es unter den Bedingungen der
GPL zu tun.

> > Wenn Du tatsächlich das Verkaufen von Software direkt unter der GPL
> > meinst, ist das natürlich was Anderes. Das darf wiederum jeder,
> > nicht nur der Entwickler. Funktioniert natürlich nur solange, bis
> > sich jemand findet, der die Software erhalten hat und von seinem
> > GPL-garantierten Recht gebrauch macht, sie kostenlos
> > weiterzugeben...
> 
> Meines Verständnisses nach geht das nicht. Man kann sich die
> Dienstleistung bezahlen lassen, nicht aber die Software:
> 
>   You may charge a fee for the physical act of transferring a copy,
>   and you may at your option offer warranty protection in exchange for
>   a fee.

Stimmt, ich habe mich etwas unpräzise ausgedrückt. Natürlich geht es
nicht um das Verkaufen der Software, sondern einer Kopie... Was
juristisch durchaus relevant ist, aber praktisch so ziemlich auf's
Gleiche hinausläuft -- man erhält das Programm gegen Geld.

>   [...] Accompany it with a written offer, valid for at least three
>   years, to give any third party, for a charge no more than your cost
>   of physically performing source distribution [...]

Dieser Teil bezieht sicht auf etwas anderes, und ist für die Diskussion
nicht wesentlich.

> Kommt drauf an, wie man die "Weiterentwicklung" gestaltet. Das meinte
> ich ja. Man kann die Sourcen nehmen, ggf. etwas ändern, alles unter
> GPL, und einen lib bauen. Punkt 1, GPL. Dann macht man etwas "Neues",
> was die lib benutzt und erweitert. Punkt 2, kann propritär sein.

Falsch. Wenn das eine spezielle, einzigartige Bibliothek ist, so dass
das Programm nur mit dieser läuft, ist das Programm auch ein
abgeleitetes Werk und unterliegt der GPL. Nur wenn ein Programm sich auf
universelle Schnittstellen beschränkt, für die es auch alternative
Implementierungen gibt, kann es als unabhängig betrachtet werden.

(Allerdings kann man es auch dann nur eigenständig weitergeben, nicht
das fertig benutzbare Programm als Resultat des Linkens mit der
GPL-Bibliothek... Mit dem Linken hat man wieder ein abgeleitetes Werk
geschaffen, und das dürfte man nur unter den Bedingungen der GPL
weitergeben.)

> Ist ja auch üblich: man setzt auf glibc auf, hat aber eine propritäre
> Software.

Die glibc ist LGPL, nicht GPL. Völlig andere Geschichte.

> Das ist albern... Hier geht es um Kopiergebühren vs. Lizenzgebüren.
> Verkauf ist noch krasser, weil es noch mehr Rechte überträgt

Wie gesagt, ich habe hier nicht zwischen Kopien verkaufen, Lizenzen
verkaufen, und der Software selbst verkaufen unterschieden. Ich dachte
es ist klar was gemeint ist. Wenn ich gewusst hätte, dass die Diskussion
auf alberne Wortklaubereien ohne praktische Relevanz hinausläuft, hätte
ich mich garnicht erst darauf eingelassen :-(

> Natürlich kann ich mit einem Linuxsystem und GIMP ein Bild malen und
> das dann verkaufen.

Nein, mit einem "Linuxsystem" kannst Du das nicht. GIMP läuft da nämlich
nicht drauf. GIMP setzt eine GNU-Umgebung voraus.

Ich nehme mal an Du meintest ein GNU-System, das meistens (aber nicht
zwangsläufig) auf dem Kernel Linux läuft.

Wenn wir schon bei Wortklaubereien sind...

> Damit habe ich aber doch Linux nicht kommerzialisiert.

Freilich nicht, Du hast es ja nur benutzt, nicht weitergegeben.
Schlechtes Beispiel.

> > Übrigens hinkt der Vergleich mit Goethe, da die Werke Public Domain
> > sind, nicht Copyleft. Wer Goethe-Werke abdruckt, erhält ein (ich
> > glaube 50-Jähriges) Copyright auf die Reproduktion, d.h. man darf
> > das Buch nicht kopieren, selbst wenn der Eigentliche Inhalt frei
> > ist. Das geht mit GPL-Software nicht.
> 
> Doch, natürlich, es ist genau so. Drucke ich den Linuxquelltext hübsch
> formatiert in ein Buch, hab ich natürlich die Rechte an der hübschen
> Formatierung und auf die Seitenzahlen, dass heisst man darf es nicht
> fotokopieren.

Wohl kaum. Du hast ein abgeleitetes Werk geschaffen, das
selbstverständlich auch der GPL unterliegt. Nur weil Du etwas
umformatierst und in ein andere Medium bringst, verlieren die
Lizenzbedingungen doch nicht ihre Wirkung...

Ich bin mir nicht ganz sicher was das direkte Fotokopieren angeht
(obwohl mich das sehr wundern würde); aber so oder so bist Du
verpflichtet, den Quellcode (Latex oder was auch immer Du benutzt hast)
mitzuliefern oder auf Anfrage zu schicken, also spielt es sowieso keine
Rolle -- jeder kann sich das Buch selbst drucken. Bei Goethe-Texten gibt
es eine Verpflichtung zum Mitliefern des Quellcodes dagegen nicht...

Übrigens sind Seitenzahlen keine schützenswerte schöpferische Leistung.
Bei der Formatierung bin ich nicht sicher, in dem Bereich kenne ich mich
nicht aus.

> Man darf aber den Quelltext draus wortwörtlich abschreiben, wie auch
> bei Göthe.

OT Bemerkung am Rande: Wieso bestehst Du eigentlich auf der falschen
Schreibweise von Goethe, obwohl ich es in dem Absatz, auf den Du
antwortest, richtig geschrieben habe? :-P

> Die GPL tritt ja eben nicht die Eigentumsrechte ab - sie macht etliche
> Einschränkungen. Es werden nur ganz bestimmte Nutzungsrechte erlaubt.

Mit einer Veröffentlichung unter der GPL tritt man das Recht ab, über
die Software weiter zu bestimmen. Meines Wissens definiert sich Eigentum
dadurch. Bei proprietärer Software behält man sich dieses Recht dagegen
vor.

> > Übrigens ist mir kein Fall bekannt, dass ein Jurist diese
> > Bezeichnung beanstandet hat...
> 
> Klar, Juristen haben ja auch nix mit Logik zu tun :-)

Alltagssprache hat noch viel weniger mit (scharfer) Logik zu tun. Umso
alberner ist es, dass Du Dich in solchen Begriffen verbeißt.

> GPL ist auch "unfrei", weil ich viele Freiheiten nicht habe und
> praktisch auch nicht erwerben kann (ich kann zum Beispiel praktisch
> kein Linux kaufen, weil ich dazu soooo viele Eigentümer anschreiben
> müsste und es bestimmt anonyme Teile gibt etc, das es praktisch
> unmöglich ist - und das finde ich gut).
> 
> Die Idee von GPL ist meines Verständnisses nach nicht, so viel wie
> möglich Rechte abzugeben (BSD gibt mehr ab). Es gibt immer das Recht,
> es zu distributieren, den Sourcecode zu bekommen und ihn zu ändern.
> Dafür gibts Beschränkungen (um dies zu sichern). Wenn etwas "frei"
> wäre, könnte ich es ändern und meinem Lizenznehmer das Recht
> verwehren, es zu ändern.

Falsch. Das Recht, etwas (oder jemandem) Beschränkungen aufzuerlegen,
hat nix mit Freiheit zu tun. Freiheit bedeutet nicht, dass Du jemanden
versklaven darfst, wenn Dir danach ist. Genau wie ein Gesetz, was das
verbietet, die Freiheit nicht einschränkt sondern sichert, so tut es
auch die GPL.

Verwechsel Freiheit nicht mit Anarchie. GPL ist Freiheit, BSD ist
Anarchie. Ach nee, das nehme ich zurück: Die umgangssprachliche
Bedeutung von "Anarchie" sollte ich nicht verwenden, Du nimmst es ja
sehr genau mit den Begriffen...

> Kommerz ist motiviert von wirtschaftlicher Gewinnerziehlung - und das
> verbietet die GPL.

So ein Blödsinn.

> Ein Ziel der GPL ist die Verbreitung einer kostenfreien (nicht
> gewinnorientierten) Wissensbasis.

Ach jetzt dichtest Du der GPL mal eben irgendwelche angeblichen Ziele
an? Wird ja immer lustiger.

> > Wie gesagt, eine freie Lizenz muss Kommerziallisierung zulassen; und
> > das tut die GPL sehr wohl. Das ist ein sehr wichtiger Aspekt --
> > sonst dürfte Lehmann's beispielsweise keine Debian-CDs verkaufen.
> 
> Siehe oben. Lehmann's verdient nichts an der Software selbst,

Du solltest Deinen Beruf ändern und unter die Lobbyisten gehen. Die
Softwarepatent-Befürworter sprechen auch von "Software an sich", um
durch Wortspielereien die eigentlich klare Sachlage zu verdrehen...

Wenn man das ein wenig weiterspinnt, verdient niemand mit Arbeit Geld,
da das Geld ja nie durch die Arbeit reinkommt, sondern durch die
Bezahlung dafür... Klar, das ist absurd, aber nicht wirklich absurder
als Deine Ansicht, dass Software nur dann kommerziell ist, wenn man
daran durch Verkauf von Lizenzen, und nicht etwa auf anderem Wege
verdient.

-Olaf-



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