[linux-l] GPL ist nicht Public Domain

olafBuddenhagen at gmx.net olafBuddenhagen at gmx.net
Di Nov 28 13:18:41 CET 2006


Hallo,

On Mon, Nov 27, 2006 at 11:22:06PM +0100, Steffen Dettmer wrote:
> * olafBuddenhagen at gmx.net wrote on Mon, Nov 27, 2006 at 22:18 +0100:
> > On Sun, Nov 26, 2006 at 06:15:30PM +0100, Steffen Dettmer wrote:
> > > * olafBuddenhagen at gmx.net wrote on Sat, Nov 25, 2006 at 21:46
> > > +0100:

> > Wie gesagt, die Lizenz verbietet nicht, für die Weitergabe der Kopie
> > Geld zu verlangen, d.h. eine Kopie zu verkaufen. Sie schreibt aber
> > vor, dass die Software (ob kostenlos oder gegen Entgelt) nur unter
> > den Bedingungen der GPL weitergegeben werden darf. Unter einer
> > anderen Lizenz darfst Du es nicht weitergeben, egal ob es auf
> > anderem Wegen unter GPL verfügbar ist oder nicht.
> 
> Wo hast Du das jetzt gefunden?

"4. You may not copy, modify, sublicense, or distribute the Program
except as expressly provided under this License."

Was ist daran bitte unklar?

> Dann müssen wir jetzt aber mal gucken, ob nicht irgendwas gegen
> readline gelinkt ist! Dann ist ja dann automatisch auch GPL, ja?

Nicht ganz. Es *müsste* automatisch unter der GPL vertrieben werden.
Wenn es unter einer anderen Lizenz vertrieben wird, ist es eine
GPL-Verletzung. Der Rechteinhaber der Libaray (FSF im Fall von Readline)
kann in dem Fall auf Unterlassung und eventuell Schadensersatz klagen.
(Nicht aber auf die nachträgliche Herausgabe unter der GPL. Man kann
versuchen, solch eine Vereinbarung zu erzielen, aber der Veletzer ist
nicht dazu gezwungen.)

Readline ist übrigens auch das Beispiel, was die FSF selbst verwendet:

   http://www.gnu.org/licenses/why-not-lgpl.html

> > Das Copyleft wäre auch ziemlich nutzlos, wenn es sich einfach
> > ausheben ließe, indem man den Code zu 'ner Library macht...
> 
> hum, Hammer. Fand die GPL bis gerade eben eigentlich ganz nett. Aber
> so ein Hammer?

Du fandest die GPL also ganz nett, weil Du dachtest, sie ließe sich
einfach aushebeln? Dazu sage ich jetzt mal nix.

> Wieso gibt es Linuxbinärtreiber? Linux ist doch GPL oder? Und
> Binärtreiber gehen ja auf die Schnittstellen.

Weil die Linux-Entwickler das bisher mehr oder weniger geduldet haben.
Falls Dir das aber nicht aufgefallen sein sollte, gibt es in letzter
Zeit zunehmend Widerstand dagegen. Neue Schnittstellen werden jetzt
meistens explizit als nur-GPL markiert, so dass kein Zweifel mehr
besteht.

> > > Wann sind denn bitte offene Schnittstellen einer GPL lib
> > > "universell" und wan nicht? Warum muss es auch "alternative
> > > Implementierungen geben" und wie will man das feststellen?
> > 
> > Wenn eine Schnittstelle nur von einer einzigen Bibliothek
> > implementiert wird, 
> 
> Wie willst Du das jemals rauskriegen? Woher weisst Du, was privat
> Leute in Neuseeland für Libs verkaufen?

Wenn Du keine alternative Implementierung kennst, musst Du davon
ausgehen, dass es keine gibt. Logisch, meinst Du nicht?

> Ausserdem wäre es extrem leicht auszuhebeln: man implementiert es
> einfach fix (tut zwar nix sinnvolles, aber konform zur Schnittstelle)
> und schon gibt's ne alternative Implementierung.

Nein, das reicht nicht. Mit der Dummy-Implementierung wäre Dein Programm
ja nicht funktionsfähig, oder hätte zumindest nicht den vollen
Funktionsumfang. Dein Programm würde nach wie vor auf der "richtigen"
Library aufbauen.

Es muss schon eine vollständige alternative Implementierung geben.

> Also, die automatische Benutzung (z.B. durch Aufruf einer C Funktion)
> führt dazu, dass der "Benutzende" oder "Nutzniesser" (mein Programm)
> GPL ist. Die manuelle Benutzung (z.B. durch Mausklick) führt nicht
> dazu, dass der "Nutzniesser" (mein Bild) GPL ist? In beiden Fällen
> wende ich den Kram doch an, um ein Ergebnis zu erziehlen, oder?
[...]
> Das Linken gegen readline und das aufrufen von entsprechenden
> Funktionen ist keine "Benutzung der Software" (readline)? 

Ich verstehe nicht wieso Du darauf bestehst, das bloße Ausführen eines
Programms durch einen Benutzer wäre gleichzusetzen mit dem Einbauen in
einem anderen Programm. Für die meisten Leute ist das jedenfalls nicht
das Gleiche, und rechtlich schon mal garnicht.

> > Einzellizenzen machen für Dich die Software kommerziell, alles
> > andere gilt nicht. Findest Du das nicht etwas willkürlich?
> 
> Versteh ich nicht. Für mich ist die GPL auch nur eine Lizenz.

Individuallizenzen ist der richtige Begriff. Sorry. Es bedeutet, dass
jeder Benutzer für sich eine Lizenz vom Urheber erwerben muss.

Die GPL ist keine Individuallizenz. Sobald man etwas unter der GPL
weitergibt, hat man es an alle lizenziert; jeder kann es benutzen, ohne
sich an Dich wenden zu müssen.

> In Deutschland "darf" der "Sklave" diese Freiheit nicht abtreten (das
> ist ja kein Raub, ganz im Gegenteil). Er hat diese Freiheit (sich zu
> versklaven) einfach nicht.
[...]
> Die GPL raubt einem Unternehmen übrigens gerade die Freiheit, etwas zu
> kaufen und exklusiv zu vermarkten.

Wenn Du auf Deinem seltsamen Freiheitsbegriff bestehst, hat diese
Diskussion keinen Sinn. Ich kannte jedenfalls bisher Niemanden der
meint, die Verfassung wäre unfrei, weil sie Sklaverei verbietet...

> > Software, die mit dem Zweck entwickelt wird, wirtschaftlichen Gewinn
> > zu erzielen, ist kommerziell. Egal ob dieser Gewinn durch Verkauf
> > von Einzellizenzen erzielt werden soll, oder durch den Verkauf von
> > Kopien, oder auf anderem Wege.
> 
> Ja gut, "auf anderem Weg" heisst, alles ist kommerziell und damit
> macht "nicht-kommerzialisierbar" keinen Sinn, nein, es ist sogar immer
> falsch, vielleicht eine Kontradiktion.

Ich verstehe Deine Einstellung nicht. Erstens sehe ich nicht, wieso die
Weitergabe von Kopien gegen Geld eine weniger direkte Form der
Gewinnerzielung sein sollte als die Weitergabe von Individuallizenzen
gegen Geld.

Zweitens sehe ich nicht, wieso Du darauf bestehst, sobald man bestimmte
Formen der indirekten aber eindeutig zielgerichteten Gewinnerzielung als
Kommerzialisierung ansieht, müsste man absolut jede Handlung als
kommerziell sehen. Die Welt ist nicht binär.

Es gibt eine ganze menge Leute, die freie Software entwickeln, ohne auf
irgendeinen noch so indirekten wirtschaftlichen Gewinn aus zu sein. Es
gibt sehr wohl nichtkommerzielle Software, auch wenn man nicht nur
direkte Gewinnerzielung als kommerziell sieht.

-Olaf-



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