[linux-l] Geeks Traum [hier: Referenzsysteme]

Steffen Schulz pepe_ml at gmx.net
So Dez 30 02:24:16 CET 2007


On 071229 at 22:59, Jörg Schmidt wrote:
> katjas schrieb:
> > Peter Ross schrieb:
> > > Dabei wird oft die extrem frühe Selektion (oft schon nach vier
> > > Schuljahren) in Gymnasien, Real- und Hauptschulen als Grund
> > > angegeben.
> > > Dadurch entstehe früh eine sich ausgegrenzt fühlende "Bodenschicht".
> Naja, ich glaube die "Bodenschicht" besteht, wenn sie besteht, ohnehin
> und es ist ziemlich egal wann und wie man das sichtbar macht. Das
> scheint mir also keine Frage das die frühe Selektion ansich diese
> Bodenschicht erzeugt, sondern sie legt sie lediglich offen.

Das braucht man nicht offen legen. Wer wo gut ist, ist den Lehrern und
Betreuern bekannt. Auch den Schuelern. Dafuer gibt es Noten. Und fuer
die Eltern Notenspiegel/Zeugnisse/Sprechtage.

> Ganz im Gegenteil wäre eine frühe Selektion das Mittel der Wahl um
> differenziert fördern zu können.

Du setzt als gegeben voraus, dass man ohne eine Aufteilung in
unterschiedliche Klassen nicht foerdern kann. Ich sehe das anders.
Schueler sind sozial noch sehr eng vernetzt, man waechst zusammen auf.
Schlueler sind fuer Teamwork wie geschaffen. Statt die gute und
schlechten je Fach auseinander zu nehmen und individuell zu
unterrichten sollten sie zusammen gefuehrt werden, damit die besseren
IM TEAM den schlechteren auf die Spruenge helfen. Dadurch, dass man
(neue) Sachverhalte anderen erklaeren muss, versteht man sie oft noch
viel besser. Man muss andere Perspektiven probieren um den Gegenueber
zu erreichen, muss verstehen wo bei ihm das Verstaendnis aussetzt oder
wo was falsch verstanden wurde. Das geht viel schneller, als wenn der
Lehrer fuer alle noch 3 unspezifische Beispiele/Wiederholungen gibt.
Der Unterricht kommt so viel besser voran.

> Wenn diese differenzierte Förderung nach der Selektion nicht erfolgt
> ist das m.E. kein Ausdruck dafür das die Selektion ansich falsch ist.

Andere machen es ohne Selektion besser. Und nicht zu bestreiten ist,
dass die 'Bodenschicht' nach der Selektion immer Bodenschicht bleiben
wird. Meine Eltern haetten mich in die Realschule geschickt, weil das
halt bisher bei uns so ueblich war. Mein Grundschullehrer fuer
Naturwissenschaften hat sich dagegen ausgesprochen. Dabei hatte ich
Glueck, so einen guten Lehrer gehabt zu haben. Ich hab mir zu der Zeit
Chemie und Bio aus der Bibliothek ausgeliehen und haette zu einfachen
'Sachkunde'-Unterricht vielleicht totlangweilig gefunden. Oh, und ich
wollte auf die Realschule, weil mein bester Freund dorthin gehen wuerde.

Ich finde Selektion zu dem Zeitpunkt grundverkehrt, weil unbegruendet
und folgenschwer.

> Richtig ist sicher das es bei der Selektion auch immer zu
> Fehlselektionen kommen kann, nur nicht richtig ist das diese ein
> unabänderliches Schicksal wären. Zumal es ja auch die 'umgekehrte'
> Fehlselektion gibt, bloß da hört man dann nie etwas Negatives drüber -
> warum eigentlich nicht? Wenn es zu kritisieren ist das bestimmte
> Personen zu wenig gefördert werden, sollte es genauso zu kritisieren
> sein wenn andere zuviel gefördert werden.

Wo lebst du?

Es gibt viele Kinder, die nur wegen dem Druck von zu Hause aus auf dem
Gymnasium sind. Sie wechseln 8. 9. Klasse auf die Realschule oder
machen einen miserablen 10.Klasse-Abschluss.

Die Eltern haben viel mitzuentscheiden, ggf sucht man sich halt ne
Schule, die das Kind ohne Nachfrage nimmt. Kuerzlich gabs doch sogar
was in den Nachrichten, dass Kinder massenweise aufgenommen wurden,
ohne dass man die Zeugnisse geprueft hat. Da ham die Eltern dann ggf
behauptet, dass man im Ausland war.

> > denn ich habe ein DDR-Abitur und
> > anschließend ein DDR-Hochschulstudium absolviert.
> ja, habe ich auch, allerdings in der anscheinend geistigen Niederung der
> 'Honneckerin-Ära' - zumindest haben aber die mir dort vermittelten
> Kenntnisse genügt um in der Bundesrepublik in der Kohl/Schröder-Ära ein
> weiteres Studium (in einer völlig neuen Fachrichtung) mit relativer
> Leichtigkeit zu bestehen

Wenn ich die Vorgaenge an meiner Uni so sehe, koennte ich vermutlich
auch noch Jura oder Medizin studieren. Wenn auch nicht mit Leichtigkeit.

> > Der Schlamassel fing in der DDR meines Erachtens erst
> > mit der Honneckerin-Äre an.
> 
> Welcher Schlamassel denn? Das die Menschheit der Ära eines Newton
> entwachsen ist und Spitzenleistungen heute nur noch durch
> Spezialisierung möglich sind mag man ja bedauern, nur 'Schlamassel' ist
> doch wohl für sich zwangsläufig ergebene Notwendigkeiten der modernen
> Organisation von Gesellschaft/Produktion/Wissenschaft ein etwas falsches
> Substantiv.

Wenn man 'sich zwangsläufig ergebene Notwendigkeiten' nicht als positiv
empfindet, ist das Wort 'Schlamassel' doch nicht falsch. Aber ich weiss
gar nicht ob das so gemeint war...egal..

> > Die Lehrer wurden auch schlechter, d.h. ihre Ausbildung/Studium
> > ist qualitativ gesunken.
> Belege?
> Ja, ich frage das ernsthaft, denn die Ausbildung dieser Leute lag
> zwangsläufig in Händen der Leute die in der, durch Dich so hochgelobten
> 'Vor-Honneckerin-Ära' ausgebildet wurden. Haben sich diese also
> geweigert ihr Wissen adäquat weiterzugeben oder gab es Auflagen das sie
> das nicht tun durften?

Ich behaupte mal, dass bei mir in der Schule und im Studium einiges
besser gelaufen waere, wenn an gewissen Ecken bekannterweise miserable
Lehrer ausgetauscht worden waeren. Bei einem waren wir so weit, dass
mir der Schuldirektor nach meinem Abi versprochen hat, dass der Lehrer
nicht mehr die Oberstufe unterrichten wird. Das tut er bis heute. Und
die Uni-Profs, die bekanntermassen kein Info unterrichten sondern
Java-GUIs bauen und ihre Buecher an den Studenten bringen, die gibts
bei uns auch weiterhin.

Ich behaupte weiterhin, dass das unmittelbar damit zusammen haengt,
dass Geld heute der allesbestimmende Motor in der Gesellschaft ist.
Das ist so entwickelt und auch so gewollt gewesen, leider laeuft es
langsam aus dem Rahmen.

Ob es in einem sozialistischem Staat besser waere kann ich nicht
beurteilen, in der hier mehrfach genannten DDR waere die
Vetternwirtschaft meiner Meinung nach ganz genauso vertreten.

> > Einige Bundesländer gehen ja auch wieder zur 12klasseigen
> > Schulbildung über.
> Wo gab es denn schonmal eine allgemeine zwölfjährige Schulbildung,
> oder was hat das Abitur mit dem Thema im Allgemeinen zu tun?  In der
> DDR gab es sicher keine allgemeine zwölfjährige Schulbildung, auch
> nicht in der Vorhoneckerin-Ära, sonst müßten ja dort alle Abitur
> haben und in der 'Honneckerin-Ära' gab es im Detail zumindest 4
> reguläre Wege zum Abitur, war also auch reichlich zergliedert.

Die neuen 12 Klassen beinhalten noch immer das selbe Abitur. Die 11.
wird noch immer benutzt, um Schueler aus anderen Wegen anzugleichen,
nur in der 7. 8. und 9. geht man schneller voran. Jedenfalls wurde mir
das damals so erklaert. Zumindest bei unserer Schule wurden diese
Kandidaten auch schon in der 6. Klasse uebernommen, nicht in der 7ten,
und es waren wohl noch staerker selektierte Schueler.


Linux hatten wir nicht an der Schule. (wieder On-Topic..)

/pepe
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