[linux-l] Geeks Traum [hier: Referenzsysteme]

Thorsten Stöcker tstoecker at baerensoftware.de
Mo Dez 31 09:21:37 CET 2007


Moin,

Am Sonntag, 30. Dezember 2007 22:25 schrieb Jörg Schmidt:
> katjas schrieb:
> > Schulatlanten, in denen die BRB nicht mehr zu sehen war, nur
> > weißer Fleck.
>
> interessant - nur leider habe ich ein prima Archiv und habe mir die Mühe
> gemacht nach meinem alten Schulatlas (aus der Honneckerin-Ära!) zu
> suchen und mal 2 Seiten zu scannen, die das Gegenteil belegen, siehe:
> http://users.ooodev.org/~joesch/jms1/Scan.pdf
>
> Gerne bin ich bereit Dir weiteres Material der, durch Dich sog.
> Honneckerin-Ära zu liefern was ebenfalls das Gegenteil belegt, denn ich
> weiß, das wir monatelangen Unterricht zur Bundesrepublik hatten, in
> Geographie und anderen Fächern, und das dieser kaum mit weißen Seiten
> möglich gewesen wäre.
> Ach so: na klar war die Darstellung der Bundesrepublik nicht die des
> Paradieses wie wollte man in Zeiten des kalten Krieges auch Anderes
> erwarten.
>
> Ist der letzte Satz nun beschönigend? Ich glaub nicht, denn ich kenne in
> der Geschichte der Menschheit weder einen heißen, noch eine kalten Krieg
> wo die Gegner wechselseitig behauptet hätten die Gegenseite bestünde
> eigentlich aus ganz taffen Jungs, die einzig eine etwas andere Meinung
> hätten.
>
> > > > Die Lehrer wurden auch schlechter, d.h. ihre Ausbildung/Studium
> > > > ist qualitativ gesunken.
> > >
> > > Belege?
> > > Ja, ich frage das ernsthaft, denn die Ausbildung dieser Leute lag
> > > zwangsläufig in Händen der Leute die in der, durch Dich so
> >
> > hochgelobten
> >
> > > 'Vor-Honneckerin-Ära' ausgebildet wurden.
> >
> > Ich habe überhaupt nichts hochgelobt, sondern nur angemerkt!
>
> Das beantwortet nichts. Auch wenn Du nur "angemerkt" hast, frage ich
> nochmals:
> Wo sind Belege dafür?
>

Nun, die Belege dürfte es nicht geben. Vor allem aber frage ich mich, 
inwiefern die Ausbildung unter Ulbricht besser gewesen sein soll. In meinem 
Bekanntenkreis gibt es einen Fall, der, weil beide Eltern eine bürgerliche 
Ausbildung (sprich Abitur und Studium hatten) nicht Abitur machen durfte in 
der Ära Ulbricht. Und Grotwohl hat wohl auf die existierende 
Nazi-Lehrerschaft zurückgegriffen. Ältere denken immer, daß die nachfolgende 
Generation schlechter ausgebildet wird, nur weil sich die Lehrinhalte 
verschoben haben. :-)

>
> > Man merkt, das Du ziemlich jung und naiv bist,
>
> Nett, das ist ja in heutiger Zeit fast ein Lob mit Anfang 40 noch als
> jung durchzugehen - wie alt muß ich denn Deiner Meinung nach sein um
> nicht als naiv zu gelten
>

:-) Ob man mit Anfang 40 alt oder jung ist, hängt vom Standpunkt des 
Urteilenden ab. 

> > die politische Bildung
> > stand im Vordergrund, wurde aber nur mit Halbwahrheiten gefüttert.
>
> Mit ähnlichen Halbwahrheiten wie Du sie über Schulatlanten erzählst?
>

Nun, das in beiden Teilen Deutschlands über die jeweils andere Hälfte fleißig 
gelogen wurde, ist eine unleugenbare Tatsache.

> > Es durfte in den 60/Anfang der 70er Jahren offiziell kein
> > Westfernsehen
> > gesehen werden.
> > Autos mit Antennen auf dem Dach spähten die nach Westen
> > ausgerichteten
> > Antennen aus und wurde eine gefunden mußte eine Strafgebühr
> > bezahlt werden.
>
> wir hatten 4 Antennen auf dem Dach die nach Westen gerichtet waren, die
> auch von jedem von der Straße gesehen werden konnten, weder haben wir
> eine Strafgebühr bezahlt, noch hatten wir deshalb sonstige Nachteile.
>
> > Den Erwachsenen wurde von den Betrieben und den Kindern von
> > den Schulen aus
> > verboten Westfernsehen zu konsumieren.
> > Reichts?
>
> Ja, mir reichts wirklich. Wenn Du hier die Aussagen einiger
> heißgemachter Hardliner als bestimmend für den Alltag der DDR
> darzustellen versuchst fällt mir nichts mehr ein.
>

Wieso, ich nehme an die Auswirkungen eines repressiven Systems erlebt jeder 
anders und sie sind bis heute spürbar. In Wortwahl, Auftreten und und und. 

> Gab es Leute in der Schule, die versucht haben uns zu erklären wir
> dürfen oder sollen kein Westfernsehen sehen?
> -->Ja, gab es.
>
> War das Normalität?
> -->Nein, war es nicht, das waren ideologische Hardliner die selbst vom
> größten Teil der sonstigen Lehrerschaft gemieden wurden.
>
> Gab es Schüler die sich daran gehalten haben?
> -->Also ich kenne niemanden, es sei denn das Elternhaus dieser Schüler
> hatte selbst eine ähnliche Einstellung. Obwohl, die besuchten dann
> häufig andere und schauten dort Fernsehen.
>
> Wie immer und zu jeder Zeit gehört natürlich Selbstbewußtsein dazu frei
> zu denken und ich darf Dir versichern das wohl niemand erfreut war wenn
> ich in Schule oder Studium westliche Medien zitiert habe, bloß wirkliche
> Nachteile habe ich dadurch nie gehabt. Klar mit solchen Aktionen
> verärgert man einzelne Personen, kann also gut sein das bei mir mal eine
> Note etwas schlechter ausfiel, nur das sind wirklich keine Nachteile die
> ich der Erwähnung für wert halte.
>
> Wie ernst solche Fernsehverbote an der Schule (i.d.S.) im Übrigen
> durchgesetzt wurden erkennst Du schon daran das keiner der Schüler der
> einen anderen anschwärzen wollte sich dieses Wissens bedient hat, ganz
> einfach weil er wußte das führt zu keiner Wirkung. Und nicht etwa weil
> jeder vor der Reaktion des anderen Angst hatte, weil er selbst Fernsehen
> schaute - ich bin nämlich oft genug für andere Dinge angeschwärzt
> worden, wo die Anschwärzer wußten das ich wußte das sie das auch taten
> und ich hätte zurückschwärzen können.
>
> Solche Dinge wie 'Fernsehverbot' sind nämlich etwa von der gleichen
> Lächerlichkeit als wenn heute jemand ein Gesetz erfände das mir verböte
> Emails zu verschlüsseln.
>

Das würde ich nicht als lächerlich abtun, mit Stasi 2.0, pardon Schäuble, als 
Inneminister und einer ehemaligen FDJ-Sekretärin für Propaganda als Kanzler 
erscheint mir inzwischen so ziemlich alles möglich. Insbesondere mit einem 
derart rückgratlosen Bundespräsidenten wie Köhler.

Trotzdem, kommt gut ins neue Jahr auch wenn es der Beginn einer sehr dunklen 
Ära sein könnte.

Gruß
Thorsten

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