[linux-l] Linux, Dell, Novell, Microsoft...

Jörg Schmidt joesch04 at web.de
Fr Mai 11 23:53:26 CEST 2007


Ivan F. Villanueva B. schrieb:
> > Worin liegt der Vorteil von MS in diesem Falle tatsächlich zu klagen
>
> Wer spricht hier von klagen? Ich glaube nicht, dass viele
> Firmen 100.000s von
> Euros für ein Gerichtsverfahren gegen M$ riskieren und vorschieben
> möchten/können.  Lieber zahlt man, was der o.g. Anwalt
> vorschlägt. Das ist in
> der Regel so, und kaum jemand kriegt es mit.

Nö, auf Wortspielereien habe ich keine Lust ... ja, ich habe "klagen"
hingeschrieben nur ich dachte es wäre ersichtlich das klagen hier als
Synonym für klagen oder außergerichtlichen Vergleich oder für jede Art
des auf Patenrechten fußenden Vorgehens von MS gegen andere steht.

> > ich kenne nämlich noch keinen Zwang ein bestimmtes Format
> zu benutzen
>
> Ich schon, und nicht nur ich sondern mindestens auch die EU
> und Südkorea, die M$
> die größte Straffen der Geschichte deswegen verpasst haben.
>
> > gleichzeitig aber die Möglichkeit vorsieht das MSO
> zukünftig auch mit
> > ODF umgehen kann.
>
> M$ kann mit ODF Dokumente umgehen wie sie möchten, da ODF
> eine richtige Standard
> ist, wenn M$ Lust hätte. Das Problem ist es, dass andersherum
> nicht geht (RAND).

Also irgendwie ist unsere Perspektive dann anders ich sehe es (im
Groben) wie folgt:

heutige Situation:
MSO-Nutzer speichern (Textdokumente) weitgehend als *.doc, weil das aus
ihrer Sicht das Einfachste ist. Problem ist das Fremdprogramme dieses
Format nicht einwandfrei importieren können, weil mangels Offenlegung
niemand perfekte Filter schreiben kann.
Der Zusammenhang zwischen der Nicht-Offenlegung und der Unmöglichkeit
perfekter Filter ist (IMHO) ein in der allgemeinen Diskussion höchst
wichtiger, weil die reinen Sachhintergründe zwar klar, aber gegenüber
'Normalusern' schwer erklärbar sind. Der Eindruck der daraus leider in
der öffentlichen Meinung entsteht ist nicht der das MS hier Schuld
trägt, sondern der das die 'OpenSource-Frickler' zu blöd sind
funktionierende Filter zu schreiben.

zukünftige Erwartung in Zusammenhang mit obrigen Patentansprüchen:
Es gibt zweifelsohne rein technische Vorteile die für ein XML-basiertes
Dokumentformat (gegenüber einem Binärformat) sprechen, allerdings
scheint mir das das nicht die maßgeblichen Gründe von MS für OpenXML
waren, sondern die liegen darin das man auf der Erfolg von ODF reagieren
mußte.
Dieser Erfolg hat u.a. 2 ganz wesentlich Komponenten:
Zum Einen ist die Anerkennung von ODF durch die ISO ein wichtigen
Argument für beispielsweise OOo aus Sicht der Entscheider die
wesentliche Entscheidungen in Firmen treffen (von IT aber wenig Ahnung
haben) aber gleichzeitig eine Abneigung gegen OSS haben (aus dem Bauch
heraus, denn technisch können sie es nicht beurteilen) für diese Art der
Entscheider ist ODF/ISO ein harter Fakt der sie dazu motiviert auch OSS
selbst, 'wohlwollender' zu betrachten.
Zum Zweiten ist in der Öffentlichkeit die Erkenntnis zur Notwendigkeit
der Art Freiheit, über die wir hier reden, gewachsen. Es ist nämlich für
die breite Öffentlichkeit leichter harte Fakten zu akzeptieren als
moralische Appelle und dieser Art harte Fakten dringen mehr und mehr ins
Bewußtsein.
MS sehe ich vor diesem Hintergrund mit erheblichen
(Kommunikations)Problemen konfrontiert, weil:
*die Lage bei den alten Binärformaten (*.doc etc.) war 'komfortabler
auszunutzen' für eine Argumentation weil es schwer erkennbar für die
Öffentlichkeit war welche Probleme technisch sind und welche nicht
*OpenXML ist nun der 'Beweis' (den MS IMHO genötigterweise angetreten
hat) dafür das technische Probleme nicht bestehen. Alle Probleme die nun
aufgebaut werden könnten, sind leicht als 'nichttechnisch' zu erkennen.

Nun will MS in MSO zukünftig auch ODF unterstützen, also wird es sich MS
nicht leisten können (zumindest nicht ohne Imageverlust) das in einem
Sinne fehlerbehafteter Filter zu tun, weil jeder erkennen kann das wenn
die Filter nicht richtig funktionieren das einzig technische Dilletanz
schuld wäre und nicht ODF, denn das liegt ja offen.

IMHO:
Wenn vor diesem Hintergrund MS nun versuchen würde Nutzer mit
Patentrechtsansprüchen seines Eigenformats zu knebeln, werden die Nutzer
zunehmend zu ODF überlaufen, was sie ja können ohne auf MSO zu
verzichten.

(Zugegeben gibt es auch noch zu betrachtende inhaltliche Unterschiede
zwischen ODF und OPenXML in technischer Hinsicht, deren Diskussion lasse
ich hier aber weg, sonst wird das Ganze zu lang.)

> Als was? Du meinst als RAND. Kriegserklärungen oder Patente
> sind auch offen
> gelegt, nicht deswegen sind sie schön oder für viele
> nützlich. Richtige
> Standards (z.B. TCP/IP) oder FLOSS-Software dagegen schon.

zwei Dinge:

1.
halten wir uns doch daran was Du selbst zum 'richtigen Standard' sagst,
und das war der ist objektiv noch in Diskussion, soweit es die breite
Öffentlichkeit betrifft. Deine und meine Ansicht was als Standard
anerkannt werden sollte dürften sich im Übrigen *nicht* wesentlich
unterscheiden, allein glaube ich nicht das deshalb schon die gesamte
Öffentlichkeit einer Meinung ist.

> > nur 'Trick' mag ich dabei nicht erkennen.
>
> Oder nicht erkennen willst, Tatsachen gibt es mehr als genug.

2.
Nee, ich bewerte etwas nur nicht als Trick, wenn es Etwas im Rahmen
eines wirtschaftlichen Systems ganz Übliches ist.
Wie richtig oder falsch, wie sinnvoll oder nicht sinnvoll, wie gut oder
schlecht, wie moralisch oder unmoralisch dieses wirtschaftliche System
ist darüber kann man ohne jeden Zweifel reden, einzig fände ich dafür
eher eine Liste mit dem Themenbereich Politik/Phliosophie/Ethik/...
geeigneter, was mich nun garnicht davon abhält jeden zu respektieren der
es anders sieht.

> Sag mal, erlaube mir noch eine persönliche Frage. Hast Du
> etwas mit der
> amerikanischen Firma Microsoft Corporation direkt oder
> indirekt zu tun?

Die Frage ist ja nun nur eine Frage, bloß vor dem Hintergrund wie Du
Microsoft beurteilst, frage ich mich dann schon wie Du mich beurteilst
wenn Du mir eine solche Frage stellst.

Nein, ich arbeite natürlich nicht für Microsoft (oder tue sonstige Dinge
für oder im Interesse von Microsoft).

Ich habe vor etwa 3 Jahren zum OOo-Projekt gefunden und bin seitdem dort
ehrenamtlich tätig. Inzwischen habe ich ein erstes Buch zu OOo
geschrieben und bin auch beruflich mit OpenOffice.org befasst.
Zunächst kam ich zu OOo weil es mir um gute Software ging (ich war von
den Macken von MS Word entnervt), habe aber bald erkannt das ich nicht
nur auf OOo schauen kann, sondern das OpenSource das eigentlich
entscheidende Thema ist.
Und zu meiner Sicht auf FLOSS kann ich dann ziemlich klar sagen ich sehe
für mich (im Sinne von [1]) OpenSource als den zentralen Punkt. Ich käme
nie auf den Gedanken deshalb die moralischen Überzeugungen der Vertreter
freier Software (im Sinne von [1]) klein zu reden, allein mir scheint
das es die 'Methodik' von OSS ist, die dazu führt das sie sich
durchsetzen wird.




Gruß
Jörg

[1]
http://www.gnu.org/philosophy/free-software-for-freedom.de.html





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